JULIA EXTRA Band 0286
vergleichen waren, was sie jemals zuvor erlebt hatte.
Von Matt im Arm gehalten, immer noch zitternd und nach Atem ringend, fiel Harriet von den taumelnden Höhen ihrer Euphorie urplötzlich in die kalte, ungewollte Welt der Realität zurück.
Matt war bekannt für seinen Scharfsinn. Wie lange würde er brauchen, bis er erriet, was sie für ihn empfand? Und wenn er das tat, was würde dann passieren?
Harriet befürchtete, dass sie die Antwort auf diese Frage bereits kannte.
Sie würde die Qual und Demütigung erleiden, von ihm zu erfahren, dass er ihre Liebe nicht wollte – und noch schlimmer, vermutlich würde er sie, Harriet, ganz aus seinem Leben verbannen! Das musste sie unbedingt verhindern!
Deshalb durfte sie ihn keinesfalls wissen lassen, wie es wirklich um sie stand!
Matts Kinn ruhte auf ihrem Kopf. Er blinzelte heftig. Nichts und niemand hatte seine Emotionen jemals so tief berührt wie das, was er gerade mit Harriet geteilt hatte. Wahre Liebe verlieh dem körperlichen Akt mit all seiner Intimität eine ganz neue Dimension, sodass Matt in eine völlig unbekannte Welt vorgedrungen war. Er fühlte Ehrfurcht, Demut, grenzenlose Erfüllung – und vor allem wusste er eines mit hundertprozentiger Sicherheit: Er würde Harriet niemals wieder gehen lassen!
Sie musste doch zumindest einen Teil dieser Gefühle auch erlebt haben?
Während seines ganzen Erwachsenendaseins hatte er seine innersten Emotionen stets abgeschirmt, aber jetzt, in dieser Situation, wusste er, dass er Harriet sagen musste, was er empfand. Ja, er musste alle Missverständnisse zwischen ihnen beseitigen, damit sie neu anfangen konnten – zwei Menschen, die durch ihre gemeinsame Liebe Berge versetzen konnten.
Er holte tief Luft und begann mit den Worten: „Harriet, warum …?“
Sie erstarrte sofort. Genau das, was sie befürchtet hatte, geschah bereits in diesem Moment! Matt würde wissen wollen, warum sie in dieser Weise auf ihn reagiert hatte, und dann würde er seine eigene Frage beantworten, indem er ihr auf den Kopf zusagte, dass sie ihn liebte.
Dazu durfte es auf keinen Fall kommen!
„Ich weiß, was du sagen willst, Matt“, unterbrach sie ihn rasch. „Aber du liegst vollkommen falsch. Der einzige Grund, warum ich … mit dir geschlafen habe, ist der, dass ich keinen anderen Weg sah, um dich davon zu überzeugen, dass ich mich, im Gegensatz zu deinen ständigen Vorwürfen, nicht für Ben aufspare.“
Ihre brutalen, schonungslos offenen Worte trafen Matt wie Faustschläge, wie Pfeile mitten ins Herz. Er erstarrte, dann riss er sich so ruckartig von ihr los, dass Harriet das Gefühl hatte, er habe sie regelrecht zur Seite gestoßen.
„Gott sei Dank hattest du die Geistesgegenwart, an das Kondom zu denken“, fuhr sie beinahe im Plauderton fort. „Es war eine wundervolle Erfahrung, Matt. Ich habe darüber derart den Kopf verloren, dass ich es vergessen hätte.“
So! Jetzt habe ich die Intensität meiner Reaktion genau erklärt, und er wird mir keine weiteren Fragen mehr stellen müssen, dachte Harriet mit heftigem Herzklopfen.
Sie wartete darauf, dass Matt antwortete, doch stattdessen stieg er einfach nur aus dem Bett und ging schweigend ins Badezimmer, wo er sorgfältig die Tür hinter sich schloss.
Ein Schmerz, schlimmer als alles, was sie je erlebt hatte, erfasste sie. Er war so stark, so intensiv, dass sie ihn einfach nicht ertragen konnte. Es war, als steche jemand mit tausend Messern auf sie ein.
Es gab kein Entrinnen vor diesem Schmerz – weder jetzt noch in Zukunft. So viel war Harriet klar.
10. KAPITEL
Wie betäubt öffnete Harriet die Hand und starrte auf den Ring, den sie umklammert hielt. Angesichts des Schmerzes, den sie empfand, konnte sie seinen Glanz einfach nicht ertragen. Rasch schloss sie die Hand wieder, sodass sich die scharfen Kanten der Fassung in ihre Haut eingruben.
Sie hatte Matt über eine Woche nicht gesehen. Nachdem sie sich geliebt hatten, war er ohne ein einziges Wort aus dem Hotel verschwunden. Als sie dann am nächsten Morgen zur Arbeit kam, musste sie feststellen, dass er wegen einer dringenden beruflichen Angelegenheit auf Geschäftsreise gegangen war.
Lediglich eine kurze E-Mail hatte sie von ihm bekommen, die da lautete: „Trag den Ring – was ich gesagt habe, meinte ich ernst!“
Und natürlich musste sie dieser Anweisung Folge leisten – schon allein um Bens willen! Mittlerweile sah es so aus, als ob alle in der Agentur wussten, dass sie angeblich mit Matt verlobt
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