JULIA EXTRA Band 0287
sagen, dass ich in Bezug auf Lowri einfach keinerlei Risiko eingehen kann und will.“
„Nachdem du nun alles über uns weißt, hast du wenigstens keine Probleme damit, die Kleine meiner Obhut zu überlassen.“
„Das wusste ich schon, als ich dich mit John im Chesterton sah“, bemerkte er ungerührt.
„Du warst bei meinem Vorstellungsgespräch auch dort?“, fragte sie überrascht.
„Nicht währenddessen, aber kurz vorher. Und ich war sofort sicher, dass du dich gut mit meiner Tochter verstehen würdest. Die anderen Bewerberinnen hätten sich vermutlich auch nicht so einfach damit abgefunden, offiziell als Haushaltshilfe eingestellt zu werden.“
„Aber du dachtest, ich würde das spielend schaffen.“
„Ich bin überzeugt, du schaffst die meisten Dinge spielend, Hester.“
Sie lächelte schwach. „Nachdem man jahrelang auf fremde Kinder aufgepasst hat …“
„Würdest du mir einen großen Gefallen tun?“, bat er.
„Wenn ich kann“, entgegnete sie ausweichend.
„Ich nehme an, deine Mutter weiß inzwischen, dass ich der Mann bin, der vor all den Jahren an ihre Tür geklopft hat?“
„Natürlich.“
„Und hast du deiner Familie schon erzählt, dass ich sie überprüfen ließ?“
„Nein.“
„Könntest du es weiterhin für dich behalten? Dein Stiefvater wäre vermutlich einfach wütend, aber deine Mutter würde es vielleicht kränken. Und das würde mir außerordentlich leidtun, Hester.“
„Dann werde ich es für mich behalten“, sagte sie schlicht und sah auf die Uhr. „Soll ich dir Frühstück machen?“
„Nein, ich muss sofort los. Falls du mich sprechen musst, melde dich ruhig!“
„Das wird hoffentlich nicht nötig sein.“
Er stutzte. „Ja, hoffentlich“, murmelte er heiser und verließ eilig den Raum.
Einige Minuten später erschien Sam in der Tür. „Guten Morgen. Hast du den Boss noch gesehen, bevor er abgereist ist?“
„Ja, habe ich. Guten Morgen, Sam“, begrüßte sie ihn fröhlich. „Da ist noch Kaffee. Ich sehe mal nach Lowri.“
„Guten Morgen, Kleines“, flüsterte Hester, als sie neben Lowris Bett stand. Das Mädchen blinzelte verschlafen. „Wie wäre es mit einem Rührei?“
„O ja“, wisperte Lowri und gähnte herzhaft. „Ich komme gleich nach unten.“
Wenig später war sie angezogen und rutschte auf einen der gepolsterten Küchenstühle. „Ist Daddy schon unterwegs?“
„Ja, er ist heute Morgen ganz früh gefahren.“
„Weißt du, wann er wiederkommt?“
„Hat er nicht gesagt.“ Sie füllte ein Glas mit Orangensaft. „Aber ich habe eine kleine Überraschung für dich. Er hat erlaubt, dass wir meine Mutter und Robert besuchen.“
Lowris Gesicht hellte sich augenblicklich auf. „Wann? Heute?“
„Nein, morgen Nachmittag. Heute gehen wir ausgiebig einkaufen, vormittags Klamotten, nachmittags Lebensmittel im Supermarkt. Und zu Mittag essen wir im Restaurant. Wie klingt das für dich?“
„Super!“, jubelte Lowri und stürzte sich auf ihr Frühstück.
Es wurde ein anstrengender Vormittag, denn im Einkaufszentrum gab es unzählige Läden, die Lowri ausgiebig durchstöbern musste, bevor sie sich endgültig entschied, was sie kaufen wollte. Geduldig beriet Hester sie und verhinderte, dass sie sich zu unpraktische oder unpassende Dinge aussuchte. Sam folgte ihnen wie ein Schatten und trug schließlich ihre Einkäufe zum Wagen, während sie ein Bistro aussuchten, in dem sie auf ihn warten konnten.
„Alice ist jetzt mit Owens Vater verheiratet“, berichtete Lowri und nahm einen Schluck von ihrem Getränk. „Owens Mutter ist gestorben, als er noch ganz klein war. Er ist bei seiner Oma groß geworden, genau wie ich. Und er mag Alice richtig gern.“
Es war schön, Lowri bei ihrem unbeschwerten Geplauder zuzuhören, und Hester begann, den Tag in vollen Zügen zu genießen.
Am Abend jedoch fehlte ihr Connahs Gesellschaft am Esstisch. Sam hatte sich mit seinem Abendbrot wieder zurückgezogen. Er war am liebsten allein, überwachte die Monitore und hielt sich an die Regeln, die offenbar in diesem Haus zwischen ihm und seinem Arbeitgeber herrschten.
Bei Hesters letzter Anstellung war niemals die Frage aufgekommen, wer mit wem zusammen aß. Beide waren erfolgreiche Schauspieler mit recht unberechenbaren Drehplänen, und so hatte Hester die meiste Zeit über allein mit den Zwillingen Sebastian und Viola Herrick gegessen. Als die Eltern beide ein festes Engagement in einer amerikanischen Fernsehserie erhielten, konnte Hester nichts davon
Weitere Kostenlose Bücher