Julia Extra Band 0292
Moment sogar Mitleid für sie empfunden. Beson ders als sie zärtlich einen Arm um die Schultern ihres Sohnes legte und ihm einen wunderschönen Tag mit seiner nonna wünschte, wobei sie ihre Enttäuschung hinter einem strahlenden Lächeln verbarg.
Romano legte seinen Aktenkoffer zur Seite, entledigte sich seines Jacketts und der lästigen Krawatte, dann fragte er jemanden vom Personal, wo er seine Schwägerin finden könne.
Fünf Minuten später schlenderte er zufrieden in Richtung Garten und verspürte ein seltsames Kribbeln im Magen bei dem Gedanken, dass er Libby zum ersten Mal, seit sie hier war, ganz für sich allein haben würde.
Nie hätte Libby gedacht, dass sie ihren Sohn so vermissen würde, wenn er auch nur für einen Tag weg war. Verstört und regelrecht hilflos irrte sie im Haus umher und wusste nicht, womit sie sich ablenken sollte.
Seit zwei Stunden wanderte sie nur ziellos im Garten umher und hatte kaum einen Blick für Romanos wirklich fantastische Gartenplanung und –anlage, die er über die Jahre, in denen sie nicht hier war, immer weiter ausgeführt hatte. Vieles hatte sich verändert, aber nicht alles.
Die hohen Zypressen und antiken Statuen waren alle noch an ihrem Platz. Abrupt blieb Libby stehen und inhalierte den betörend süßen Duft einer Pflanze, die dicht neben dem Pfad stand.
Ihr Schmetterlingsstrauch!, erinnerte sie sich mit einem heftigen Stich im Herzen. Luca hatte ihn ihr eines Tages in einem kleinen Topf mitgebracht, da er wusste, wie sehr sie sich einen gewünscht hatte. Das war auch einer der Gründe gewesen, warum er sie immer sein Butterfly-Girl nannte.
Der Busch sollte ein sichtbares Zeichen seiner Liebe für sie sein, und Luca wollte ihn eigenhändig einpflanzen. Doch dann vergaß er es, und Libby brachte ihn selbst in die Erde.
So hat er es auch mit allen anderen Versprechungen gehalten, meldete sich eine grausame kleine Stimme in ihrem Hinterkopf.
Luca war immer voller guter Vorsätze und Absichten gewesen, erinnerte sich Libby im Gefühl, ihn vor sich selbst verteidigen zu müssen. Und nach seinem unerwarteten Tod verschwammen seine Schwächen und Fehler zu einer kaum fassbaren Erinnerung.
Doch jetzt, mit dem Abstand der Jahre, die dazwischen lagen, und dem sichtbaren Beweis seiner Unzuverlässigkeit, fielen Libby plötzlich noch viel gravierendere Verfehlungen ein.
Und auch, dass es schließlich Romano war, der damals wie ein Geist neben ihr aufgetaucht war, wortlos den Spaten aus ihrer Hand genommen und ungeachtet seines makellosen Business-Outfits das Loch für den Schmetterlings-Busch gegraben hatte …
„Kümmere dich um ihn“, hatte er ihr geraten. „Wie Ehemänner brauchen Pflanzen ein wenig Aufmerksamkeit und Betreuung, dann erfüllen sie alle Hoffnungen, die man in sie gesetzt hat.“
„Danke für den Tipp“, hatte sie voller Sarkasmus geantwortet, da sie wusste, dass er damit auf ihre regelmäßigen Trips nach England anspielte.
„Ah, hier finde ich dich also“, schreckte Romanos dunkle Stimme Libby aus ihren Tagträumen auf. „Das hätte ich mir auch gleich denken können.“
„Es ist so angenehm kühl unter den Zypressen“, erwiderte sie etwas atemlos.
„Ja, sehr angenehm.“ Romano schaute zu dem dunklen Dach der dichten grünen Zweige auf, und Libby fragte sich, ob er vielleicht auch an jenen Tag zurückdachte. Als er den Kopf senkte und ihren Blick suchte, war sie sich dessen sogar sicher.
„Wie du siehst, ist er auch ohne meine Pflege gediehen“, murmelte sie ironisch.
„ Buddleja davidii “,zitierte Romano den botanischen Namen. „Auch Sommerflieder genannt. Er wächst wie Unkraut, wenn man ihn nicht daran hindert. Trotzdem eine reizvolle Spezies, die auf Schmetterlinge geradezu unwiderstehlich wirkt.“
So wie du auf mich, ging es ihm ungewollt durch den Kopf.
„Ein französischer Mönch soll ihn in China gesehen und importiert haben. Eine weitere seiner Entdeckungen ist der Riesenpanda, der sich unglücklicherweise als weit weniger produktiv erwiesen hat.“
Libby konnte nicht anders, sie musste einfach lachen. „Bist du eigentlich immer so eine sprudelnde Quelle überflüssiger Informationen?“, neckte sie ihren Schwager.
Romano lächelte schief. „Da muss ich dich enttäuschen. Giorgio hat dieses Thema gerade in der Vorschule behandelt.“
„Ah, dann hat er dir all das beigebracht?“
Romano grinste. „Versuch selbst, einen aufgeweckten Fünfjährigen zu bremsen, wenn er von etwas begeistert
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