Julia Extra Band 0294
wies Rebecca an, die Zwillinge zwei, drei Tage voneinander getrennt zu halten. „Morgen früh schaue ich wieder herein“, versprach er. „Bis dahin haben Sie beide eine lange Nacht vor sich.“
Rebecca trug ihren Sohn ins Badezimmer und musste sich erst an die dampfgeschwängerte Luft gewöhnen, in der sie kaum etwas sehen konnte. Sie zuckte zusammen, als neben ihr schattenhaft eine Gestalt auftauchte. Dennoch war sie noch nie so glücklich gewesen, Xandros bei sich zu haben.
„Komm, lass mich ihn übernehmen“, bat er.
„Gleich.“ Rebecca erschrak, als ihr kleiner Sohn erneut zu keuchen begann. „Ich möchte ihn in den Armen halten. Ach Xandros, wir hätten nicht zu der Party gehen dürfen.“
„Meine Güte!“ Er presste die Lippen zusammen. „Als wir das Haus verließen, ging es Alexius bestens, und das weißt du auch, sonst wärst du gar nicht erst gegangen. Ich lasse nicht zu, dass du dich mit Selbstvorwürfen quälst, Rebecca. Du bist unseren Kindern eine wunderbare Mutter“, versicherte er ihr bewegt.
„Jetzt ist nur wichtig, dass Alexius schnell wieder gesund wird“, flüsterte sie, den Tränen nahe.
„Ich bin sicher, dass es ihm bald wieder besser geht“, sagte Xandros leise.
„Meinst du?“ Wieder rang der Kleine keuchend nach Luft, und Rebecca war, als würde ihr ein Messer in die Brust gestoßen.
„Natürlich“, versuchte Xandros sie zu trösten, obwohl er sich selbst Sorgen machte. So etwas hatte er noch nie erlebt. Das Schlimmste war, dass er nichts tun konnte. Doch trotz seiner eigenen Ängste musste er versuchen, Rebecca zu beruhigen.
Wenn der Arzt Alexius eine Medizin oder eine Spritze gegeben hätte, wäre ihm sehr viel wohler gewesen. Stattdessen musste er mit dieser verrückten Situation fertig werden, die erforderte, dass er und Rebecca abwechselnd ihr keuchendes Baby im Arm hielten und immer wieder heißes Wasser laufen ließen, um heilende Dampfschwaden zu erzeugen.
Die feuchtheiße Luft machte Rebecca benommen und verstärkte ihre Ängste. Noch nie war die Zeit so quälend langsam verstrichen. Aus fünf Minuten wurden zehn, dann sechzig. Die erste, schwerste Etappe war bewältigt! Und mit jeder weiteren Stunde schien ihr kleiner Sohn weniger zu leiden, etwas freier atmen zu können.
Allmählich wurde Rebecca ruhiger.
Bildete sie es sich ein, oder atmete Alexius fast wieder normal, als die Morgenröte den Nachthimmel zu färben begann?
„Und ich hielt das Leben in Griechenland für primitiv“, sagte Xandros mehr zu sich selbst, nachdem das Baby endlich eingeschlummert war. Erleichtert blickten sie einander in die Augen. Die Gefahr war gebannt! „Dampf“, brummelte er kopfschüttelnd.
„Ach Xandros!“ Gegen ihren Willen brach Rebecca in Tränen aus, konnte nicht mehr aufhören zu weinen, bis Tränen auf Alexius’ kleinen Kopf tropften. Behutsam tupfe Xandros sie mit den Fingerspitzen fort.
„Sch.“ Er blickte auf seine feuchten Finger und schloss einen Moment aufgewühlt die Augen. Tiefe Erleichterung erfasste ihn. „Weine dich nur aus, Rebecca“, flüsterte er.
Am Morgen schaute der Arzt wie versprochen herein und untersuchte Alexius. Zufrieden lächelnd richtete der Mediziner sich auf. „Das ist das Wunderbare bei den kleinen Rackern“, bemerkte er heiter. „Man sorgt sich ihretwegen halb tot, und dann sind sie im Nu wieder gesund.“
Nachdem er gegangen war, wandte Xandros sich Rebecca zu. Ihm war anzusehen, was er durchgemacht hatte. „Ich werde zwei Kindermädchen einstellen, die nachts bei den Zwillingen wachen“, erklärte er.
Müde widersprach sie: „Aber ich möchte mich selbst um sie kümmern.“
„Hör mal, Rebecca“, erwiderte er beschwörend, „du musst doch einsehen, dass du unmöglich Tag und Nacht bei den Kindern sitzen kannst. Über kurz oder lang würdest du vor Erschöpfung zusammenbrechen, und wem würde das nützen?“
Natürlich verstand sie, was er meinte, aber sie hatte auf einmal das Gefühl, dass ihr alles zu entgleiten begann.
Die nächsten Tage verbrachte Rebecca wie in Trance. Die eingestellten Nachtschwestern waren zuverlässig und tüchtig, und bald stand fest, dass Alexius wieder völlig gesund war. Dennoch konnte Rebecca sich nicht beruhigen. Wieder und wieder durchlebte sie den Albtraum.
Stündlich schreckte sie nachts aus dem Schlaf und fuhr voller Panik auf, als könnte etwas Schreckliches passieren. Wenn sie dann ins Kinderzimmer stürzte, fand sie die Nachtschwestern fürsorglich an den Betten ihrer
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