Julia Extra Band 0294
Basar. Im schlimmsten Fall schlägt man dir die Tür vor der Nase zu.“
Paolo Venini parkte den Lexus vor seiner neusten Immobilie. Zufrieden betrachtete er die gregorianische Fassade von Felton Hall. Inmitten von zehn Morgen malerisch bewaldeter Landschaft gelegen, war es genau der richtige Ort für das Luxushotel, das ihm vorschwebte.
Jetzt musste er nur noch die Umweltschützer auf seine Seite ziehen. Morgen Nachmittag sollte ein erstes Meeting stattfinden. Natürlich würde es exakt nach seinen Wünschen verlaufen. Die besten Innenarchitekten des Landes hatten die Pläne für die neue Einrichtung schon entworfen.
Allerdings würde er selbst nicht an dem Treffen teilnehmen.
Die sinnlichen Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst, schloss er die hohe Vordertür auf. Er fühlte sich gereizt. Normalerweise erlaubte er sich diesen Gemütszustand nicht, und nur seine geliebte Mutter konnte seine eiserne Selbstkontrolle durchdringen.
Gestern Abend hatte ihr Arzt ihn angerufen und mitgeteilt, dass sie einen Zusammenbruch erlitten hatte. Im Moment befand sie sich im Krankenhaus, wo sie einigen Tests unterzogen wurde. Sobald seine persönliche Assistentin aus dem Londoner Büro eintraf, würde er zurück nach Florenz fliegen, um an ihrem Krankenbett auf die Ergebnisse zu warten.
Obwohl es ihr nie an materiellem Luxus gefehlt hatte, hatte sie ein schweres Leben geführt. Der Tod ihres Mannes, Vater ihrer beiden Kinder, hatte ihr vor zehn Jahren fast jeden Lebensmut geraubt. Vor einem Jahr war dann ihr älterer Sohn Antonio zusammen mit ihrer Schwiegertochter Rosa bei einem Verkehrsunfall getötet worden. Der damals sechsunddreißigjährige Antonio hatte sich für eine Karriere als Anwalt entschieden und die Führung der Familienbank seinem zwei Jahre jüngeren Bruder überlassen. Der Unfall war besonders tragisch, weil Rosa in der achten Woche schwanger war.
Nachdem seine Mutter den ersten Schock überwunden hatte, galt jedes Gespräch Paolos baldiger Hochzeit und der Notwendigkeit, einen Erben zu zeugen. Es war seine Pflicht, ihr einen Enkel zu schenken, der den Namen und die Ländereien der Familie weiterführen würde.
Nur zu gerne hätte er den Wunsch seiner Mutter erfüllt, hätte in ihren Augen das Glück aufleuchten gesehen, das warme Lächeln beobachtet, das sich bei den begehrten Nachrichten seiner bevorstehenden Hochzeit auf ihrem Gesicht ausbreiten würde … doch alles in ihm sträubte sich dagegen.
Ohne dass er es merkte, wurde sein Stirnrunzeln tiefer, als er die Küche betrat und nach Zutaten für einen raschen Lunch suchte.
Penny Fleming hätte längst hier sein müssen. Unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung hatte er sie in London angerufen und sie angewiesen, sofort nach Felton Hall aufzubrechen. Erst wenn sie eingetroffen war und er sie mit allen Details des morgigen Meetings vertraut gemacht hatte, konnte er abreisen.
Während sich eine Lektion, die sich gewaschen hatte, in seinem Kopf zusammenbraute, verwarf er die Idee mit dem Lunch und nahm stattdessen eine Packung Orangensaft aus dem spärlich bestückten Kühlschrank. Nach dem Anwaltsbesuch wäre er besser einkaufen gegangen.
Seufzend knallte er die Kühlschranktür zu.
Einen Versuch war es wert. Wie Meg ihr versichert hatte, mehr als Nein konnten die neuen Besitzer nicht sagen.
Lily lenkte den alten Mini Cooper auf die Straße nach Felton Hall und winkte Tante Edith, die am Fenster stand, zu.
Die Sorge um ihre einzige Verwandte ließ ihr fröhliches Lächeln gleich nach der ersten Kurve verblassen. Vor vielen Jahren hatte Edith die Wohltätigkeitsorganisation Life Begins gegründet. Sie organisierte Trödelmärkte und schrieb Bittbriefe an lokal einflussreiche Leute.
Dabei hatte sie sich immer auf freiwillige Helfer verlassen, allen voran auf Alice Dunstan, die sich um die Konten und Finanzen gekümmert hatte. Leider war Alice mittlerweile aus der Gegend fortgezogen. Und das bedeutete, in den Büchern herrschte ein einziges Chaos, und die Spenden flossen spärlicher.
Der kleine Bus – natürlich gebraucht gekauft – musste durch den TÜV, der klapprige Mini dringend in die Werkstatt. Die Versicherungen mussten bezahlt werden. Und Lily hatte keine Ahnung, woher sie das Geld für all das nehmen sollte.
Noch schlimmer war, dass Edith kürzlich zum ersten Mal mit ihren achtzig Jahren erwähnte, sie spüre ihr Alter. Ihr rastloser Geist wurde müde. Sie sprach sogar davon, die Einrichtung ganz zu schließen.
Lily biss
Weitere Kostenlose Bücher