Julia Extra Band 0294
Verhalten, schlenderte er hinter den Tisch, setzte sich aber nicht.
Stattdessen starrte er sie an, als sei sie eine bislang nicht entdeckte Lebensform.
„Sind Sie vertrauenswürdig?“
Vor Überraschung fehlten Lily die Worte. Also glaubte er tatsächlich, sie sei eine Betrügerin!
„Nun?“
Bei allen …! Ernsthaft beleidigt hob Lily das Kinn. Der freundliche Ausdruck in ihren grauen Augen kühlte merklich ab. „Natürlich bin ich vertrauenswürdig. Ich nehme nur, was Penny mir erlaubt. Und wenn Sie meinen Ausweis sehen wollen …“
Wieder diese abrupte Handbewegung, die sie verstummen ließ. „Nehmen Sie, was sie wollen. Darum geht es nicht. Ich möchte wissen, ob Sie mir, im Austausch für eine ansehnliche Summe, erlauben, Ihren Namen zu verwenden. Selbstverständlich haben Sie über die Transaktion Stillschweigen zu bewahren.“
Vor Verwunderung weiteten sich Lilys Augen. „Meinen Namen?“ Entweder er war verrückt geworden oder verfolgte einen mehr als zwielichtigen Plan.
Und in den wollte sie auf keinen Fall verwickelt werden. „Wofür das denn?“, fragte sie, wobei sie unbewusst den überlauten Tonfall ihrer Großtante nachahmte. Edith bemühte ihn immer dann, wenn sie höchst unzufrieden mit etwas war.
Erstaunt darüber, dass eine so kleine Person in solcher Lautstärke sprechen konnte, zog Paolo eine Augenbraue hoch. Eine entwaffnende Andeutung eines Lächelns erschien auf seinen Lippen.
„Ich habe keine Zeit, Ihnen alle Einzelheiten zu erklären. Gestern Nacht hat meine Mutter einen Zusammenbruch erlitten. Im Krankenhaus wurde ein Gehirntumor diagnostiziert. Übermorgen wird sie operiert. Die Prognose sieht nicht gut aus“, verkündete er tonlos. Ein Schatten hatte sich über die goldenen Augen gelegt.
Instinktiv stand Lily auf und trat zu ihm. Mit leiser Stimme sagte sie: „Oh, Sie Armer! Sie müssen sehr besorgt sein. Aber es ist ganz erstaunlich, was die moderne Medizin heute alles tun kann. Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben!“
„Ersparen Sie mir diese Plattitüden“, fuhr er sie ungeduldig an. „Weiter im Text.“
Mitgefühl annehmen kann er also nicht, erkannte Lily. Geben vermutlich auch nicht. Und das erinnerte sie daran, dass sie immer noch keine Ahnung hatte, was er mit seinen Andeutungen über eine Spende im Austausch für das Recht, ihren Namen zu benutzen, gemeint hatte. Sie setzte sich wieder. Warum, in aller Welt, ihren Namen?
„Der größte Wunsch meiner Mutter ist es, mich verheiratet zu sehen und ihr einen Enkel zu schenken, der einmal das Familienvermögen erben wird. Aber aus Gründen, die Sie nichts angehen, habe ich nicht den Wunsch, in den Hafen der Ehe einzulaufen“, fuhr er fort. „Um ihre letzten Tage so glücklich wie möglich zu gestalten, habe ich mich entschlossen, meiner Mutter zu erzählen, dass ich mich in England verliebt hätte und auch schon verlobt sei.“
Lily glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. „Sie belügen Ihre eigene Mutter! Wie unmoralisch sind Sie eigentlich?“
Er bedachte sie mit einem verächtlichen Blick. „Mir gefällt das auch nicht, aber ihr wird es gefallen. Darum, und nur darum geht es.“
Schmerz und Kummer zeichneten sein Gesicht und brachten Lilys Herz zum Schmelzen. „Ich verstehe, warum sie unter den gegebenen Umständen eine Notlüge für verzeihlich halten“, entgegnete sie zögernd. Ganz offensichtlich liebte er seine Mutter und litt furchtbare Qualen. Er konnte nicht klar denken, deshalb dieser verrückte Plan.
„Haben Sie schon überlegt, dass die Operation auch erfolgreich verlaufen könnte?“, fragte sie sanft. Bestimmt war ihm das nämlich noch gar nicht in den Sinn gekommen. „Dann müssen Sie noch mehr Lügen erzählen, zum Beispiel, dass sie die Verlobung gelöst hätten. Sie wird wissen wollen, warum … und sich noch mehr Sorgen machen.“
Paolo knirschte mit den Zähnen. Diese Frau machte ihn wirklich wütend. Wenn er einen Vorschlag unterbreitete, erwartete er von der Gegenseite, dass sie still sitzen blieb, ihn ohne Unterbrechung ausreden ließ und dann zu einer Schlussfolgerung kam, die auf den gegebenen Fakten beruhte. Normalerweise bedeutete das: seine Schlussfolgerung.
„Ohne die Operation wird meine Mutter sterben“, stieß er gepresst hervor. „Das ist eine Tatsache. Mit der Behandlung sind ihre Chancen bestenfalls gering. Auch eine Tatsache. Mein Entschluss steht fest. Alles, was Sie tun müssen, ist, meiner Bitte zuzustimmen.“
„Ihre Idee behagt mir nicht“, sagte
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