Julia Extra Band 0294
jünger erscheinen als dreiundzwanzig.
Er schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Dabei vertraute er darauf, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Alles Weitere würde seinem Willen entsprechend geschehen.
„Warum sind Sie hier?“
„Natürlich wegen des Vorschlags, den ich Ihrer Großtante bereits unterbreitet habe“, entgegnete er sanft. „Vielleicht wissen Sie es nicht, aber ich spende regelmäßig größere Summen an lohnende wohltätige Projekte. Nun, Life Begins ist eine gesellschaftlich wertvolle Einrichtung, leider bedenklich unterfinanziert und unterbesetzt. Sie taumeln von einer Finanzkrise zur nächsten, und Ihre Großtante ist nicht mehr die Jüngste. Sie sind auf zwei halbtags zur Verfügung stehende Helfer angewiesen. Den Rest erledigen Sie irgendwie selbst. Putzen, aufräumen, einkaufen. Sie organisieren die Fahrten ins Krankenhaus und zu Seniorentreffen. Muss ich noch mehr sagen?“
Penny musste ihm all das berichtet haben. An jenem Tag in Felton Hall hatten die beiden Frauen rasch Freundschaft geschlossen. Mit der ihr eigenen Begeisterung hatte Lily ihr viel über Life Begins und ihre Arbeit erzählt.
„Sie haben mit Penny gesprochen“, konstatierte sie tonlos.
Wollte er noch eine Spende leisten? Was würde er diesmal im Gegenzug verlangen? Oder ließ ihre Müdigkeit sie langsam paranoid werden? Vielleicht wollte er wirklich nur helfen, und es gab gar keine Bedingungen …
„Ja, ich habe mich kurz mit Miss Fleming unterhalten, als ich vor einigen Tagen wieder nach London gekommen bin. Sie war sehr beeindruckt von dem, was Sie hier leisten. Aber in der Zwischenzeit habe ich mich in Felton Hall einquartiert und selber einige Erkundigungen eingeholt.“
Allmählich entspannte Lily sich. Es tat ihr bereits leid, dass sie ihn falsch eingeschätzt hatte.
„Was Sie brauchen, sind ausreichend Gelder, um einem vor Ort tätigen Spendensammler ein angemessenes Gehalt zahlen zu können. Auch das Organisieren von Freiwilligen würde dann in dessen Aufgabenbereich fallen. Und Sie benötigen ein Büro für die Verwaltungsarbeit. Dieses würde ich mit einer jährlichen Summe finanzieren. Das ist der Vorschlag, den ich Ihrer Tante gemacht habe. Sie hätte nicht dankbarer sein können.“
„Es wäre die Antwort auf ihre Gebete!“, bestätigte Lily. „Sie sind sehr freigiebig.“
„Leider verlangt selbst Großzügigkeit einen Preis“, sagte Paolo tonlos und stand auf.
Plötzlich empfand er Unbehagen. Sein Vorhaben war nicht richtig. Aber es musste sein. Denn die Bedürfnisse seiner Mutter kamen selbstverständlich vor seinen eigenen.
„Warum überrascht mich das nicht?“ Lily zog die Beine unter sich und rutschte so weit es ging in den Sessel hinein. „Ich hätte es wissen sollen. Sie vertreten die Maxime, dass es im Leben nichts umsonst gibt“, meinte sie verächtlich. „Wie lautet der Preis diesmal?“
„Zwei Wochen Ihres Lebens“, erwiderte er in einer Stimme, geschmeidig wie Seide. „Meine Hoffnungen haben sich erfüllt. Die Nachricht von meiner Verlobung hat meiner Mutter neuen Lebensmut gegeben. Seit der Operation verbessert sich ihr Gesundheitszustand zunehmend. Und nun möchte sie, natürlich, meine Verlobte kennenlernen.“
„Und ich soll …“ Entsetzt von seinen Andeutungen sprang Lily auf. „Auf keinen Fall! Ich freue mich wirklich, dass es Ihrer Mutter wieder besser geht. Aber ich habe Sie vor den Folgen Ihrer Lüge gewarnt!“
Und dann wünschte sie sich, sie wäre sitzen geblieben, weil er unvermittelt sehr nahe vor ihr stand. Viel zu nahe. Seine Ausstrahlung war so intensiv, ihr wurde ganz schwindelig. Wie konnte die Welt nur so unfair sein? Wieso musste dieses Musterexemplar von Mann so attraktiv und gleichzeitig so hinterhältig sein?
Sie riss sich zusammen. Sie war eine erwachsene Frau, verflixt noch mal, kein naiver Teenager, der einen unerreichbaren Popstar anhimmelte!
„Sie haben mich vor einem Ergebnis gewarnt, das mich mit Freude erfüllt“, stellte Paolo trocken fest. „Ich bedaure es nicht. Sie kennen meinen Vorschlag in Bezug auf Life Begins. Als Gegenleistung möchte ich, dass Sie einige Tage mit mir in London verbringen, während ich alles in die Wege leite. Dann begleiten Sie mich nach Florenz, spielen die Rolle einer glücklichen Verlobten, befriedigen die Neugier meiner Mutter und kehren anschließend hierher zurück.“
„Bringen Sie doch eines Ihrer langbeinigen Models dazu!“, schoss Lily zurück. Wütend dachte sie an die vielen
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