Julia Extra Band 0294
ausgehalten hatte, gestorben war?
„Der Pferdestall ist zu einer Wohnung für die Haushälterin von Felton Hall umgebaut worden. Das scheint mir der ideale Platz für das zukünftige Büro von Life Begins zu sein. Morgen früh spreche ich mit zwei Bewerbern, die sich auf die Stelle als Spendenkoordinator beworben haben.“
„Sie haben das arrangiert, bevor sie wussten, dass ich mich von Ihnen erpressen lasse?“ Am liebsten hätte Lily ihn für seine anmaßende Arroganz geohrfeigt.
Er begegnete ihrem Wutanfall mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Sie nennen mir die relevanten Daten Ihrer freiwilligen Helfer – Namen, Adressen, Telefonnummern –, und ich überrede sie, während Ihrer Abwesenheit Vollzeit zu arbeiten. Außerdem werde ich Ihre Großtante überzeugen, dass Sie eine kurze Auszeit benötigen. Um fünf holt ein Chauffeur Sie ab und fährt Sie in mein Londoner Apartment. Dort treffe ich Sie in zwei Tagen wieder. Anschließend fliegen wir nach Florenz. Und nun schlage ich vor, Sie gehen nach Hause und packen.“
„Geht nicht.“
Alles geschah in halsbrecherischer Geschwindigkeit. Lily kam sich vor, als säße sie in einem Wagen, der von ungezähmten Pferden durch unerforschtes Land gezogen wurde. Dementsprechend empfand sie es als Erleichterung, seinen Befehlen tatsächlich einen Riegel vorschieben zu können.
„Ich bin für Maisie Watkins eingeteilt. Sie hatte kürzlich eine Hüftoperation. Deshalb führe ich jeden Morgen ihren Hund aus und halte das Haus sauber. Außerdem muss ich noch andere Arbeiten erledigen. Es hat überhaupt keinen Sinn, heute schon nach London zu fahren, wenn ich hier noch so viel Nützliches erledigen kann.“
„Ganz im Gegenteil, dafür gibt es sogar sehr viele Gründe“, entgegnete er bloß und betrachtete ihre Haare und die abgetragenen Kleidungsstücke mit unverhohlen missbilligendem Blick. „Madre ist nicht dumm. Sie würde mir niemals glauben, dass ich ein ungepflegtes Mädchen mit dem Modegeschmack eines Landstreichers heirate“, fügte er hinzu und war bemüht, sich nicht von dem verletzten Ausdruck in ihren Augen ablenken zu lassen.
„Ich wollte nicht unfreundlich sein.“ Wie aus dem Nichts waren die Worte aus seinem Mund gekommen. Sie überraschten ihn selbst am meisten.
Paolo atmete tief ein und fuhr mit seiner Lektion fort. „Ich weiß, was ich tue … glauben Sie mir. Morgen um zehn wird Sie eine persönliche Einkaufsberaterin abholen. Sie besitzt uneingeschränkte Vollmachten und wird Sie mit den Kleidern ausstatten, in denen Madre Sie zu sehen erwartet. Zudem haben Sie einen Termin bei einem der Top-Friseure der Stadt.“ Zum Zeichen, dass sie entlassen war, griff er nach seinem Handy. „Was auch immer Sie hier zu erledigen haben, seien Sie um fünf Uhr abfahrbereit. Sie kennen ja den Weg nach draußen.“ Er begann, eine Nummer zu wählen.
Und jetzt war sie also hier. In einem der Gästezimmer in Paolos geräumigem Londoner Penthouse und lauschte mit gespitzten Ohren auf seine Ankunft. Das Apartment war sehr groß, die Böden aus dunklem Holz, die Wände weiß, die Einrichtung minimalistisch. Größtenteils Leder und Stahl, nichts Weiches oder Gemütliches. Genau wie der Besitzer.
Neben dem Bett, in dem sie lag, standen zwei entsetzlich teure Koffer, vollgepackt mit entsetzlich teuren Designerkleidern, die anzuprobieren man sie geradezu gezwungen hatte.
Mittlerweile konnte sie seinen gemeinen Bemerkungen zu ihrem Äußeren einen eleganten kinnlangen Bob entgegensetzen. Trotzdem schmerzte die Erinnerung an seine Worte noch immer.
Welche Frau machte sich denn hübsch und legte ihre beste Garderobe an, um einen widerspenstigen Hund auszuführen, den Boden zu schrubben oder Fenster zu putzen?
Lilys Herzschlag beschleunigte sich, als sie näher kommende Schritte hörte.
Jemand blieb vor der Tür stehen. Es klopfte.
Sie widerstand dem Impuls, die Decke über den Kopf zu ziehen und vorzutäuschen, sie schlafe. Schließlich war sie kein Feigling … und er auch bloß ein Mensch.
Lily beobachtete ihn, wie er ins Zimmer trat. In dem dunkelgrauen Anzug wirkte er klassisch und seriös, wie es sich für einen Banker gehörte. Sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass er darüber hinaus ein Schürzenjäger war, der nur mit einem Fingerschnippen den schönsten Frauen der Welt den Kopf verdrehte.
„ Madonna diavola ! Müssen Sie wie ein verschrecktes Kaninchen dreinblicken?“ Wenn seine angebliche Braut ihn jedes Mal ansah, als sei er der
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