Julia Extra Band 0295
nahm den Jungen bei der Hand. Eifrig redete sie auf ihn ein, während sie ihn die breite graue Treppe hinaufführte. Ein kleines rothaariges Mädchen ergriff die andere Hand der jungen Frau.
„Sehr niedlich“, stellte Dan fest und hoffte, endlich ein Wort aus Brooke herauszulocken. Den ganzen Morgen hatte sie noch keinen Ton zu ihm gesagt. Wehmütig dachte er an das Lächeln, das ihn zuvor so glücklich gemacht hatte. Während der Autofahrt hatte sie sich ganz in sich zurückgezogen, wirkte beinahe unerreichbar.
Der Trick funktionierte. Brooke sah ihn an. „Das machen die Sommersprossen.“
Ein Muskel in seinem Gesicht zuckte. „Ich meinte eigentlich das größere Mädchen.“
„Das schockt mich aber sehr. Ich sehe von hier aus keinen Ehering. Soll ich vielleicht ihre Telefonnummer für dich herausfinden?“
„Nicht mein Typ“, wehrte Dan ab.
„Warum nicht? Und erzähl mir bloß nicht, es ist wegen Emily.“
„Ist es nicht“, gab er zu. Offensichtlich hatte sie durchschaut, dass er und Emily nur Freunde waren.
Brooke blickte aus dem Fenster. „Was dann? Magst du etwa brünette Frauen nicht? Ich weiß, dass du dich mindestens mit einem Dutzend verabredet hast. Und diese mag dich. Ich hab doch gesehen, wie sie mit den Wimpern geklimpert hat, als sie uns letzte Woche durch die Schule geführt hat. Das macht einen Mann doch an, oder? Du hast offensichtlich eine echte Chance, und damit ist die größte Arbeit ja schon erledigt.“
So launisch hatte sie sich den ganzen Morgen seit Lilys Wutanfall gezeigt. Vielleicht sogar schon länger? Ja, nach dem Dinner mit ihrer Schwester vor einer Woche hatte es angefangen …
„Es hat nichts mit ihrer Haarfarbe zu tun“, ging er auf ihre Bemerkung ein. Still hoffte er, sie würde in seine Richtung schauen. Aber sie tat ihm nicht den Gefallen.
„Prima. Ich weiß sowieso nicht, was mich das angeht“, entgegnete sie und verschränkte die Arme.
„Ich auch nicht“, gab Dan zurück. Doch allmählich dämmerte es ihm, warum sie sich so verhielt. All die Momente, in denen sie sich zwischen Tür und Angel so nahe gewesen waren – wie nach der Dinnerparty neulich. Jedes Mal hatte er die Wärme, das Knistern zwischen ihnen deutlich wahrgenommen. Er hatte ihre Blicke bemerkt. Nein, sie war längst nicht so immun gegen ihn, wie sie vorgab.
Sie winkte aus dem Fenster. Beau winkte zurück, schob die Brille zurecht und drehte sich um.
Bevor Dan losfuhr, schaute er sich zu Lily und Buckley auf dem Rücksitz um. Was für ein rührender Anblick! Das kleine blonde Mädchen hatte seine Arme um den hellbraunen Labrador geschlungen.
Insgeheim rief er sich zur Ordnung. Ganz egal, wie es mit Brooke weitergehen mochte – ein zu weiches Herz konnte er sich nicht erlauben. Zu viele Menschen zählten darauf, dass er knallhart kalkulierte und eiserne Entschlossenheit bewies. So wie er es immer getan hatte.
Es dauerte gut fünfzehn Minuten, bis Brooke wieder das Wort ergriff. Offenbar war ihre Wut in der Zwischenzeit nicht verraucht. „Du musst aufhören mit den Geschenken, Dan. Damit gewinnst du die Herzen der Kinder nicht.“
„Wer sagt, dass ich sie gewinnen will?“ Er blickte sie an, doch Brooke starrte unbeirrt geradeaus auf die Straße.
Störrisch wie ein Maulesel, dachte er und umfasste das Steuer fester. Wollte sie unbedingt Streit anfangen?
„Geschenke sind also nicht die Lösung“, erwiderte er scharf. „Herausfinden, was Beaus Lieblingsfilm ist. Oder mit ihm Tennis spielen. Komisch, denn er wirkte ziemlich angetan von meinen Bemühungen.“
„Aber umso tiefer ist dann sein Fall, Dan. Wenn alles nach seinem Kopf geht, wird er irgendwann denken, dass es ihm ganz selbstverständlich zusteht.“
Wie Cal. Brooke sprach den Namen zwar nicht aus. Aber er hing in der Luft, schien sie förmlich voneinander zu trennen wie ein eiserner Vorhang.
„In Ordnung“, gab Dan nach, obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte. „Wie du meinst.“
Kaum hatte Dan den Wagen vor dem Strandhotel in St. Kilda zum Stehen gebracht, löste Brooke ihren Sicherheitsgurt und sprang aus dem Auto. Keine Sekunde länger wollte sie neben Dan sitzen. Die gespannte Atmosphäre und die Feindseligkeit in der Luft waren nicht mehr zum Aushalten.
Selbst wenn sie sich unsicher fühlte, seit langer Zeit wieder einmal in Melbourne zu sein. Immer wieder warf sie einen Blick über die Schulter und hielt verstohlen Ausschau nach versteckten Kameras.
Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich. Als sie
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