Julia Extra Band 0295
schnalzte.
„Um auf deine Frage über den familiären Hintergrund des Babys zurückzukommen, Mutter“, begann er. „Wir haben nicht viele Informationen. Das meiste bezieht sich auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Leute.“
„Und?“ Louise zog fragend die Brauen in die Höhe.
Duncan sah Reese an. Er hatte die Berichte nicht gründlich gelesen. Deshalb war es an ihr, fortzufahren. „Einer seiner leiblichen Großeltern hatte Bluthochdruck, und einer seiner Urgroßväter erlitt schon in jungen Jahren einen Schlaganfall. Aber sonst …“ Sie zuckte mit den Schultern.
Louise spitzte die Lippen und nickte, als wollte sie sagen: „Ich wusste es ja.“
„Bluthochdruck gibt es auch in unserer Familie“, fügte Duncan hinzu. „Hatte dein Onkel Bartholomew nicht einen Schlaganfall, Vater?“
„Einen Herzinfarkt“, verbesserte Grayson ihn und handelte sich einen vernichtenden Blick seiner Frau ein. „Den ersten hatte er mit fünfundvierzig und den zweiten, tödlichen unmittelbar vor seinem sechzigsten Geburtstag. Das ist einer der Gründe, weshalb mir der Arzt geraten hat, nicht zu viel rotes Fleisch zu essen.“
Reese warf Duncan einen raschen Blick unter ihren Wimpern zu. Ihr Noch-Ehemann schien andeuten zu wollen, dass Daniels DNA keine Rolle für ihn spielte. Dabei hatte er sich vor nicht einmal fünfzehn Minuten geweigert, das Baby auch nur auf den Arm zu nehmen.
„Und was ist mit ihrem Charakter? Meine Mutter sagte immer: Keine noch so gute Politur kann einen Fleck schlechten Blutes beseitigen“, erklärte Louise.
Reese merkte, dass sie jeden Moment erneut die Beherrschung verlieren konnte. „Meiner Ansicht nach sagt die Tatsache, dass seine leiblichen Eltern ihn so sehr liebten, dass sie ihn zur Adoption freigaben, eine ganze Menge über ihren Charakter aus. Sie hätten auch andere Möglichkeiten gehabt, als sie sich einer ungewollten Schwangerschaft gegenübersahen. Eine Entscheidung wie diese erfordert …“
„Selbstlosigkeit“, ergänzte Duncan. Nachdenklich, ja beinahe schmerzlich blickte er auf das Baby und fügte leise hinzu: „Stellt euch vor, was für ein Opfer es kostet, auf solch ein kostbares Wesen zu verzichten.“
Reeses Augen begannen zu brennen. Sie hob das Baby auf den anderen Arm, damit sie Duncans Hand ergreifen konnte.
„Er ist wirklich kostbar, nicht wahr?“
Duncan antwortete nicht. Doch sie hätte schwören können, dass sie die Antwort, auf die sie hoffte, in seinen dunkelblauen Augen las. Wenn er das Baby doch lieben könnte. Vielleicht würde er dann …“
„Wie könnt ihr sicher sein, dass seine leiblichen Eltern es sich nicht noch anders überlegen? Man liest so etwas immer wieder“, warnte Louise.
Duncan sah seine Mutter eindringlich an. „Sie haben bereits auf alle Rechte verzichtet und keine gesetzlichen Ansprüche mehr auf dieses Kind.“
„Das hat man euch gesagt“, beharrte seine Mutter. „Ich hoffe nur, es kommt nicht noch mehr Kummer auf dich zu. Du hast wahrhaftig genug durchgemacht.“
Louises unheilvolle Andeutungen ließen Reeses eigene Befürchtungen wieder aufleben. Deshalb wechselte sie das Thema.
„Daniel ist solch ein liebes Baby. Er weint selten und quengelt fast nie.“
„Natürlich lässt Reese ihn kaum allein.“ Duncan lächelte schief und drückte ihre Hand.
„Ihr müsst aufpassen, dass ihr ihn nicht verwöhnt“, sagte Louise. Sie sah das Baby an, und ihre Miene wurde weicher.
„Darüber mache ich mir keine Sorgen.“ Reese ließ Duncans Hand los, damit sie das Baby an ihre Schulter legen konnte. Zärtlich küsste sie es auf den Kopf. „Daniel freut sich, wenn er mich sieht. Außerdem soll er so früh wie möglich merken, dass er sich in jeder Hinsicht auf mich verlassen kann.“
„Eine Beziehung aufnehmen“, murmelte Duncan.
Was er selber eindeutig vermied. Weil er es nicht konnte, oder weil er es nicht wollte?
Oder hatte er etwa Angst davor?
„Ja, es ist sehr wichtig, dass Kinder wissen, dass sie erwünscht sind und geliebt werden“, sagte Reese.
Duncan nickte, und sein Blick glitt zu dem Baby. Seine Miene wurde weich, und er sah plötzlich aus, als wäre er ganz hingerissen von dem kleinen Wesen. Bevor sie es sich anders überlegen konnte, hielt sie ihm Daniel hin. „Halt ihn einen Moment, während ich den Kaffee hole, ja?“
Duncan riss erschrocken die Augen auf, und seine Lippen arbeiteten stumm. Doch ihm blieb keine andere Wahl, als das Baby anzunehmen. Schließlich konnte er sich nicht weigern
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