Julia Extra Band 0295
sagte sie.
„Nach Ihnen, Süße. Meine Mutter hat mir zwar nicht beigebracht zu kochen, aber etwas Benehmen hat sie mir doch eintrichtern können.“
Sein Lächeln war gefährlich. Sie war verloren – ganz gleich, was das Leben sie über gut aussehende Männer gelehrt hatte, die keinerlei Verpflichtungen eingingen und sich nicht banden. Justin schob ihr den Stuhl heran. Sie setzte sich und versuchte, sich nicht durch die Wärme seiner Hände auf ihrem Rücken verrückt machen zu lassen.
„Ich kann nicht glauben, dass Sie das alles in so kurzer Zeit gekocht haben“, sagte Justin. Bewundernd ließ er seinen Blick über den gebratenen Speck, das Kartoffelpüree, die Soße und die kleine Schüssel mit grünen Erbsen gleiten.
Marilee freute sich über sein Lob und reichte ihm lächelnd den gebratenen Schinken.
Das Essen verlief ruhig und reibungslos. Justin und Marilee unterhielten sich wie alte Freunde, die einiges nachzuholen hatten.
Sie hatten noch nicht zu Ende gegessen, als Justin auffiel, dass er nie zuvor einen so entspannten und lustigen Abend mit einer Frau erlebt hatte, ohne mit ihr im Bett gewesen zu sein. In seinem ganzen Leben nicht. Bei den Frauen, mit denen er sich bislang getroffen hatte, war es nur darum gegangen, was er für sie tun konnte und wie viel er bereit war, für sie auszugeben.
„Möchten Sie noch etwas Kaffee?“, fragte Marilee, als sie aufstand, um sich nachzuschenken.
„Bitte, ja“, erwiderte Justin und hielt ihr seinen Becher entgegen, während sie die Kaffeekanne aus der Maschine nahm. Als sie eingoss, sah er auf und lächelte. „Wissen Sie was, Marilee? Sie stellen sich beim Einschenken wirklich geschickt an. Haben Sie je darüber nachgedacht, Kellnerin zu werden?“
Sie lachte und drehte sich um, um die Kanne zurück in die Maschine zu stellen.
„Meinen Sie?“, sagte sie schmunzelnd und nahm wieder Platz. Dann wurde sie wieder ernst. „Es ist verrückt, wissen Sie … wie Menschen an die Jobs geraten, die sie ausüben. Schließlich ist es nicht so, als wäre ich mit dem Wunsch aufgewachsen, Kellnerin zu werden.“
Justin hatte aufgegessen. Neugierig schob er seinen leeren Teller beiseite, beugte sich etwas vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch.
„Was wollten Sie denn werden … als Sie noch ein Kind waren, meine ich?“
Marilee dachte an ihre chaotische Kindheit und zuckte die Schultern.
„Ich wollte einfach nur groß werden und dann fort von zu Hause“, entgegnete sie. „Offensichtlich habe ich meine Entscheidung nicht besonders gut durchdacht, oder?“
Plötzlich wünschte Justin sich, er hätte nicht gefragt. Er wollte nicht, dass sie das Gefühl hatte, er würde wegen ihres Berufs auf sie herabblicken.
„Ich wollte Ihren Entschluss nicht beurteilen“, sagte er schnell. „Ich war nur neugierig, das ist alles.“
Sie nickte und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich weiß. Ich bin nicht beleidigt. Was wollten Sie denn werden?“
„Alles – außer Einzelkind.“
Die Unterhaltung hatte ihre Unbeschwertheit verloren. Keiner von beiden hätte damit gerechnet. Doch angesichts dieses ernsten Themas fühlte sich die Gelassenheit, mit der sie dennoch miteinander umgingen, gut an.
„Wegen des Druckes?“, fragte sie.
Er nickte.
„Das habe ich mir schon gedacht. Auf der Highschool kannte ich ein Mädchen, das alles hatte, was man mit Geld kaufen konnte … bis auf die Freiheit, die eigenen Entscheidungen treffen zu können. Die Eltern managten das Leben ihrer Tochter genauso fachkundig wie das Immobiliengeschäft der Familie. Eines Tages dann hatte sie offenbar genug davon. Sie brannte mit dem Bad Boy der Stadt durch. Ich glaube nicht, dass sie ihn wirklich geliebt hat. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass es eine Trotzreaktion war.“
„Ja, das kann ich verstehen“, erwiderte Justin.
„Also … gibt es in Ihrer Vergangenheit auch solche Revolten, oder waren Sie immer ein guter Junge?“
Justin zuckte die Schultern. „Ein paar Aufstände, aber nichts Dramatisches. Ich muss gestehen, dass ich meine Arbeit liebe.“
„Und was machen Sie so?“
„Ich betreibe eine Ranch, ziehe Rinder groß und reite auf meinen Pferden durch die Gegend.“
„Also sind dieser Hut und die Stiefel, die Sie tragen, nicht bloß Show. Sie reden nicht nur, Sie lassen den Worten auch Taten folgen.“
„Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, oder?“, erwiderte er lächelnd.
Sie hob die Augenbrauen. „Ich nenne die Dinge gern beim Namen.“ Unvermittelt stand sie
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