Julia Extra Band 0295
nie mehr wiedersah?
Unvermittelt traten ihm Schweißperlen auf die Stirn. Er fühlte Panik – echte, unverfälschte Panik.
Gott. Er hatte zu lange gewartet.
Hektisch sah er sich im Speiseraum um. Sein Magen hatte sich schmerzhaft zusammengezogen.
Doch plötzlich schwand seine Furcht so schnell, wie sie gekommen war.
Da war Marilee, am anderen Ende des Raumes! Er hätte die langen Beine und die hochgesteckten schokoladenbraunen Haare überall erkannt.
Wie hypnotisiert blickte er auf ihren Rücken, wollte, dass sie sich umdrehte.
Und als sie es tat, erstarrte er.
In seinem Kopf herrschte mit einem Mal Leere. All die Gedanken, die sich noch einen Augenblick zuvor in seinem Kopf überschlagen hatten, waren verschwunden.
Nichts an ihr hatte sich verändert. Alles war noch so wie in seiner Erinnerung, seinen Träumen.
Bis auf die Tatsache, dass sie offensichtlich schwanger war …
„Grundgütiger“, murmelte er und spürte, wie ihm die Knie weich wurden.
Er dachte zurück an jene Nacht und die unzähligen Male, die sie sich geliebt hatten. Er hatte nicht verhütet – was natürlich unvernünftig gewesen war. Aber er hatte ja auch nicht geplant, mit dieser Frau zu schlafen. Und er hatte einfach angenommen, dass sie für Schutz sorgen würde. Frauen ihres Alters wussten Bescheid. Schließlich war sie keine Jungfrau mehr gewesen. Und sie war bereit gewesen, sich ihm hinzugeben.
Dann gewann der Verstand Oberhand. Was dachte er sich? Dass er eine Nacht in ihrem Bett verbracht hatte, bedeutete noch lange nicht, dass er der Einzige gewesen war. Vermutlich war er nur einer von vielen … Doch in dem Moment, als ihm dieser Gedanke kam, wusste er, dass er unrecht hatte. Er hatte eine Menge leichtlebiger Frauen kennengelernt – und Marilee Cash gehörte ganz sicher nicht in diese Kategorie.
Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke. Was zum Teufel war nur los mit ihm? Sechs Monate waren ins Land gegangen. Verdammt, inzwischen war sie wahrscheinlich schon verheiratet. Und als ihn diese Erkenntnis traf, stöhnte er auf. Er wollte nicht, dass sie verheiratet war. Er wollte nicht, dass sie in den Armen eines anderen lag.
So, und seit wann ist das, was du willst, in ihrem Leben von Bedeutung? Du hattest deine Chance, Freundchen. Du bist mit nichts weiter als einem „Vielen Dank, meine Liebe!“ aus ihrem Leben verschwunden. Sie schuldet dir gar nichts – und schon gar keine Treue.
Doch die kleine mahnende Zwiesprache mit sich selbst half ihm nicht weiter.
Er beobachtete Marilee von seinem Platz am anderen Ende des Restaurants aus und versuchte herauszufinden, ob sie einen Ehering trug oder nicht – aber er konnte es nicht erkennen.
Seine Bedienung kehrte zurück. Als sie das Glas mit dem Eistee durch die Luft schwenkte, bevor sie es vor ihn auf den Tisch knallte, konnte Justin gerade noch dem dringenden Wunsch widerstehen, sich zu ducken.
„Wissen Sie schon, was Sie wollen?“, knurrte sie.
„Ja. Etwas Rücksicht wäre toll“, murmelte er.
„Jeder bekommt das, was er verdient, Freundchen.“
Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er sie nun musterte. Irgendetwas sagte ihm, dass hinter dem Verhalten dieser kleinen Kellnerin mehr steckte als eine schlechte Erziehung und ein noch schlechterer Tag.
„Ich will mit Marilee reden“, sagte er. „Würden Sie ihr bitte sagen, dass ich hier bin?“
„Oh, das hat sie schon gesehen.“
Die Antwort traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen. Für einen Moment wusste er nicht, was er tun sollte. Dann siegte seine Vernunft. Bei Gott, er würde sich nicht einfach so ignorieren lassen. Er schob die Speisekarte zur Seite und nahm seinen Hut, den er sich entschlossen auf den Kopf setzte. Dann erhob er sich von der Sitzbank.
„Wollen Sie schon gehen?“, fragte Dellie.
Justin funkelte sie an. „Ich werde nirgendwohin gehen, bis ich nicht mit Marilee gesprochen habe“, erwiderte er und schob sich an ihr vorbei.
Dellies Blick verfinsterte sich. Diese Reaktion hatte sie nicht von ihm erwartet. Für gewöhnlich suchten Männer, die Frauen in Schwierigkeiten gebracht hatten, nicht gerade den Dialog. Dellie versuchte, Marilees Aufmerksamkeit zu erregen, doch es war zu spät. Justin hatte sie bereits erreicht.
Marilee war dabei, eine Bestellung aufzunehmen, als Justin an ihrer Seite auftauchte.
„Möchten Sie Pommes frites dazu?“, fragte sie gerade.
„Marilee, ich muss mit dir reden“, ging Justin dazwischen.
Das Paar am Tisch wirkte etwas erstaunt, und der
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