Julia Extra Band 0297
vor ungewohnte körperliche Reaktion fand sie ziemlich entwaffnend – wenn auch nicht immer in ihrem Interesse, wie sie plötzlich erkannte.
„Ich werde deinen wunderschönen Mund vermissen“, murmelte Shane. „Aber wenn ich ehrlich bin, ist alles an dir wunderschön. Deine Augen. Deine Haut. Dein Haar. Deine Brüste.“ Er streichelte ihre Brüste durch das T-Shirt. Marina musste schlucken, weil die Spitzen sofort hart wurden.
„Ich habe dich von Anfang an begehrt“, raunte er heiser. „Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe. Aber deine Mutter hat mich gewarnt, dass Gucken erlaubt, Berühren aber strengstens verboten sei. Sie wollte für ihre kleine Prinzessin etwas Besseres als mich.“
Diese Neuigkeit überraschte Marina nicht wirklich. Ihre Mutter war ein sehr widersprüchlicher Mensch gewesen. In England geboren, hatte sie ihre reiche, piekfeine Familie vor den Kopf gestoßen, indem sie mit dem australischen Stallburschen durchbrannte. Danach teilten ihre Eltern ihr mit, dass sie sich nicht mehr bei ihnen blicken lassen solle. Sie hatte sich bis zu ihrem Tod daran gehalten.
Die Bitterkeit über das elterliche Verhalten führte dazu, dass Marinas Mutter nie mit ihrer Tochter über ihre Familie sprach. Sie verbot es Marina sogar, ihre Verwandten in Großbritannien zu suchen.
Nun hätte man meinen können, dass sie ihre eigene Tochter dazu erzog, Snobismus und Scheinheiligkeit zu verachten. In gewisser Weise tat sie das auch. Doch gleichzeitig – so paradox das auch klingen mochte – setzte sie alles daran, um ihre Tochter in eine kleine High-Society-Prinzessin zu verwandeln. Marina bekam Ballett- und Klavierunterricht, ganz zu schweigen von den obligatorischen Reit- und Dressurstunden.
Dennoch hatte es nicht funktioniert. Denn auch wenn Marina zwar äußerlich wie eine elegante fünfundzwanzigjährige Lady aussah und sich in jeder gesellschaftlichen Schicht vorbildlich bewegen konnte, war sie innerlich durch und durch Australierin – mit einer gewissen Dickköpfigkeit, einer Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten und einer äußerst pragmatischen Lebenseinstellung.
Außerdem lag es ihr im Blut, gegen ihre Mutter zu rebellieren. Bei einem Rucksackurlaub in England vor einigen Jahren hatte sie sich bemüht, ihre Familie mütterlicherseits ausfindig zu machen. Allerdings musste sie damals feststellen, dass es in England von Binghams nur so wimmelte. Was ihre Suche von Anfang an zum Scheitern verurteilte.
Danach unternahm sie keinen weiteren Versuch mehr. Vielleicht war es tatsächlich besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen.
„Ich hätte nie geglaubt, dass du mir auch nur einen zweiten Blick gönnen würdest“, fuhr Shane fort. „Nicht bei deinem Aussehen und deinem Privatschulabschluss. Aber du hast es doch getan, nicht wahr, Prinzessin? Und jetzt … gehörst du mir.“ Er beugte sich zu ihr, um seinen Besitzanspruch mit einem langen, intimen Kuss zu besiegeln.
Ihr Herz begann, wild zu pochen. Doch das war nicht das, was sie in diesem Moment wollte. Sie wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden. In ihrem Kopf drehte sich bereits alles.
„Komm so schnell zurück wie möglich“, drängte Shane. „Bleib keine Minute länger als unbedingt nötig.“
Marina wusste nicht, was sie sagen sollte. In diesem Augenblick fühlte sie sich vollkommen verwirrt. Noch vor wenigen Wochen hatte sie es gar nicht abwarten können, Shane endlich zu heiraten. Doch auf einmal ließ der ursprüngliche Enthusiasmus nach, und sie war sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher.
Die Reise nach London wäre vielleicht eine willkommene Ablenkung, eine Auszeit, in der sie ihre Gedanken ordnen konnte. Wenn sie nach Hause zurückkehrte, würde sie hoffentlich wissen, was sie tun sollte.
Als sie den Anruf von dem Kinderkrankenhaus bekam, ob sie wegen einer Knochenmarkspende nach London fliegen könnte, galt Shanes erste Sorge der Frage, wie viel Geld das kostete und wer es zahlen würde. Unaufhörlich lamentierte er darüber, bis ein Brief kam, der deutlich machte, dass Marina keinerlei Auslagen entstehen würden.
Dennoch reagierte Shane nicht glücklich auf ihre Reisepläne.
Doch in diesem Fall ließ Marina sich nicht von ihm abbringen. Ihre angeborene Dickköpfigkeit erwachte und durchbrach die ungewohnte Unterwürfigkeit, die sie bislang gegenüber Shane gezeigt hatte. Es ging hier nicht um sie als Paar, sondern darum, wie ein anständiger Mensch aufzutreten. Sie wäre auch geflogen, wenn sie den Flug selbst
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