Julia Extra Band 0297
trug.
„Danke“, entgegnete Marina kühl. Sie hatte sich in die äußerste Ecke des Sitzes verdrückt und lehnte sich zurück, um James ausführlich zu mustern. Er trug einen schwarzen Smoking mit schneeweißem Hemd und schwarzer Fliege. Er sah fantastisch aus. Ein Lord im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch Lord hin oder her, er konnte den Blick nicht von ihr wenden – und Marina genoss seine Bewunderung.
Ich will ihn bestrafen, erkannte sie in diesem Moment. Dafür, dass er mich nicht liebt, aber trotzdem mit mir ins Bett will. Ich tue alles, damit er leidet.
Und das tat er wirklich – er litt. Sie musste ihm nur in die Augen schauen, um es zu sehen. Jedes Mal, wenn er mit ihr zusammen war, ballte er die Hände zu Fäusten. Und morgens am Frühstückstisch hatte er dunkle Ringe unter den Augen.
„Henry hat mir erzählt, dass du zu Hause angerufen hast“, begann er, nachdem die Limousine sich in Bewegung gesetzt hatte.
„Ja, das stimmt.“
Mehr wollte sie ihm nicht sagen.
Shane hatte sie nicht gefragt, wie die Transplantation verlaufen war oder wie es Rebecca ging. Er wollte lediglich wissen, wann sie nach Hause kam und ob sie wirklich sicher sei, dass ihre Reise sie kein Geld kosten würde. Nie hatte er liebloser und egoistischer gewirkt als in diesem Moment.
„Hast du ihm gesagt, dass du ihn doch nicht heiraten wirst?“, fragte James.
„Nein.“
„Warum nicht? Ich habe bemerkt, dass du seinen Ring abgenommen hast.“
„Vielleicht überlege ich es mir noch“, log sie, woraufhin er ihr einen Blick zuwarf, über den sie beinahe gelacht hätte. Er wollte sie nicht heiraten, aber er wollte auch nicht, dass es jemand anders tat. Wenn es nicht so ungeheuerlich wäre, wäre es zum Lachen.
„Meine Einstellung zur Liebe und Ehe hat sich geändert, seit ich hier bin“, fuhr sie eisig fort und gab damit dem Drang nach, ihn noch mehr zu strafen. „Ich sehe keinen Grund, warum wir Bürgerlichen nicht genauso verfahren sollten wie ihr Aristokraten. Mit dem Kopf heiraten und nicht mit unserem Herzen. Shane eignet sich exzellent, um die Reitschule meiner Mutter fortzuführen. Außerdem ist er ein hervorragender Liebhaber. Du kannst dir nicht vorstellen, wie talentiert er ist.“
„Nicht“, bat James rau. „Bitte nicht, Marina.“
Sie schämte sich sofort, doch ihr Stolz verbot ihr, jetzt einen Rückzieher zu machen. „Was soll ich nicht tun?“
„Mich so quälen“, stöhnte er.
„Und was hast du in den vergangenen zwei Tagen mit mir gemacht?“, konterte sie. „Du hast mich gemieden, als hätte ich die Pest. Selbst als wir uns zufällig über den Weg gelaufen sind, als ich mit Henry Rebecca im Krankenhaus besucht habe. Gestern Abend bist du nicht einmal zum Dinner nach Hause gekommen!“
„Aber nur, weil ich es nicht ertrage, dich ständig zu sehen. Genauso wie ich es nicht ertragen konnte, dich heute Abend nicht auszuführen.“
„Warum? Weil du versuchen willst, mich zu verführen?“
Düster starrte er sie an. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Ich könnte dir genauso gut vorwerfen, dass du mich verführen willst – so wie du angezogen bist. Dennoch gestehe ich dir das Recht zu, dich so zu kleiden, wie du willst – solange du mir das Recht einräumst, wie ein heißblütiger Mann darauf zu reagieren.“
Sie lachte. „Was für eine läppische Entschuldigung! Warum sprichst du es nicht einfach offen aus, James? Verrate mir, was du für den heutigen Abend geplant hattest, bevor du mich in dem Kleid gesehen hast.“
„Ich hatte überhaupt nichts geplant“, erwiderte er gepresst. „Sondern beschlossen, der perfekte Gentleman zu sein – bis zum bitteren Ende.“
„Na klar. Deshalb hast du ja auch diesen kleinen Wagen hier bestellt.“ Dabei deutete sie auf das Innere der Limousine. „Selbst ein Blinder würde sehen, dass das nichts anderes ist als ein Bordell auf Rädern. Machst du das immer so, wenn du eine Frau beeindrucken willst? Zahlt die Firma dir schon Prozente?“
„Ich habe den Wagen nicht bestellt“, versetzte er frustriert. „Es war Henry.“
„Oh, sicher, ja.“
„Entweder diese Limousine oder ein Taxi. William hat den Bentley zur Inspektion gebracht. Du täuschst dich, was meine Absichten angeht, Marina. Und jetzt hör bitte auf, ja? Ich kann heute Abend nicht mehr ertragen.“
Für einen kurzen Moment bekam Marina ein schlechtes Gewissen. Die Woche war für James die Hölle gewesen. Sie wusste genau, wie viele Sorgen er sich um Rebecca
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