Julia Extra Band 0297
wir werden uns nicht wiedersehen, was wirklich eine Schande ist. Es hätte mich gefreut, etwas über Sie und Ihr Leben in Australien in Erfahrung zu bringen. Es scheint so ein aufregendes Land zu sein, ganz anders als England. Irgendwann möchte ich unbedingt dorthin.“
„Dann werden Sie auch irgendwann dorthin kommen“, antwortete Marina, die sich von ganzem Herzen wünschte, die Frau nicht so sehr zu mögen. Dann wären ihre Schuldgefühle nicht so groß, weil sie James derart begehrte.
„Auf Wiedersehen, Süße“, sagte Tiffany zu Rebecca. „Und viel Glück für morgen.“
„Auf Wiedersehen, Tiffany“, zwitscherte die Kleine zurück.
„Wann liest du mir die Geschichte zu Ende vor, Marina?“, fragte das Mädchen, sobald Tiffany verschwunden war.
„Jetzt gleich, wenn du möchtest.“ Marina griff nach dem Buch.
„Überanstreng Marina nicht, Sweetie“, warnte James. „Oder dich selbst. Die Ärzte wollen, dass ihr beide morgen früh fit seid.“
Morgen, dachte Marina nervös. Sie machte sich wegen des Eingriffs keine Sorgen und fürchtete sich auch nicht vor möglichen Schmerzen. Sie hoffte nur, dass alles gut ging. Das Letzte, was sie wollte, waren ein gebrochenes Herz und eine gescheiterte Mission.
6. KAPITEL
Die Knochenmarktransplantation verlief gut. Mehr als gut. Sie verlief perfekt.
Bereits einen Tag später wurde Marina aus dem Krankenhaus entlassen. Die Ärzte waren sehr optimistisch, was Rebecca anging. Auch wenn es noch zu früh war, um eine abschließende Prognose zu stellen, so zeigte die Kleine bislang keine Anzeichen einer Abstoßung der Spende. Die Spezialisten sahen einer völligen Heilung zuversichtlich entgegen, denn Marina war die beste Spenderin, die außerhalb der Familie zu finden gewesen war.
An dem Abend, als Marina ins Krankenhaus kam, hatte sie erfahren, wie gering die Chancen standen, überhaupt einen Spender für Rebecca zu finden. Denn zu allem Überfluss besaß sie auch noch eine sehr seltene Blutgruppe. Selbst bei direkten Geschwistern lag die Wahrscheinlichkeit bei maximal eins zu vier, dass eine Spende in Frage kam.
Aufgrund dieser ungewöhnlichen Übereinstimmung hatte auch die Presse Wind von der Geschichte bekommen und Marina gefragt, ob sie eine Story darüber bringen könnte. Auf diese Weise würden vielleicht viele Menschen den gleichen Schritt tun wie sie und sich in die weltweite Knochenmarkspenderdatei aufnehmen lassen.
Bevor sie antwortete, hatte sie James nach seiner Meinung gefragt. Er war zwar nicht begeistert von der Idee und würde auf keinen Fall zulassen, dass Rebecca gefilmt wurde, aber er gab Marina grünes Licht für ein Interview. Neben dem Interview gab es am folgenden Tag auch noch einen Bericht in den Nachrichten.
Als James Marina am Mittwochmorgen in sein Apartment in Mayfair zurückbringen wollte, erwartete sie dort eine ganze Pressemeute – sehr zum Ärger des Earls of Winterborne, den Marina nun zum ersten Mal schäumend vor Wut erlebte.
Henry wäre bei den Flüchen und Beleidigungen, die James in Richtung der Journalisten ausstieß, wahrscheinlich rot geworden, doch Marina stand völlig auf seiner Seite. Sie hatte absolut kein Verständnis dafür, wenn die Medien in die Privatsphäre von Menschen eindrangen und dabei ganz klar die Grenzen von Schicklichkeit und Anstand überschritten.
Sie hatte sich lediglich zu einem einzigen Interview bereit erklärt. Aber wenn die Presse sie jetzt verfolgen würde, musste sie einen noch früheren Rückflug als den am Sonntag nehmen.
Genau das teilte sie auch James mit, nachdem er es geschafft hatte, sie durch die Meute zu schieben und in die Sicherheit seines Hauses zu bringen.
„Du wirst nichts dergleichen tun!“, fauchte er.
Der Zorn stand ihm ausgesprochen gut, fand Marina. Die blauen Augen sprühten regelrecht Funken.
Jedes Mal, wenn sie sich ansahen, konnten sie die Blicke kaum voneinander lösen. Als wäre die Zeit, die sie getrennt voneinander verbracht hatten, für beide die reinste Qual gewesen. Trotz der Ablenkung durch den Krankenhausaufenthalt und das Problem mit den Medien nahmen Marinas Gefühle für James eher zu als ab. Und sie waren stark körperlicher Art.
Ihm schien es ganz ähnlich zu gehen. Während seiner Besuche im Krankenhaus hatte er es bewusst vermieden, ihr zu nahe zu kommen – ganz besonders, wenn sie nur ihr Nachthemd trug. Es hatte überhaupt keine Berührungen gegeben, nur beunruhigend intensive Blicke.
Während der Flucht vor der Presse hatte er
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