Julia Extra Band 0297
elektrisierend. Nichts hatte sie auf diese Gefühle vorbereitet. Nicht einmal Shane. Denn es war Himmel und Hölle zugleich. Glück und Elend. Qual und Ekstase. Das süßeste Vergnügen, der brennendste Schmerz.
Denn der Mann, der ihre Brüste so hingebungsvoll liebkoste, hatte ihr gerade gesagt, dass er sie vermutlich nicht liebte. Sie war nicht mehr als eine flüchtige Laune, genau wie all die anderen Frauen in seinem Leben. Einzig und allein Tiffany besaß den Schlüssel zu seinem Herzen. Tiffany, die Unschuldige. Tiffany, die Zauberhafte. Tiffany, die er heiraten würde.
Aber sie, Marina, begehrte er in diesem Moment.
Und sie begehrte ihn ebenfalls. Sehr sogar. Sie sehnte sich danach, dass er sie weiter entkleidete, sodass sie nackt vor seinen Augen lag. Jeden Wunsch würde sie ihm erfüllen. Alles, was er wollte.
Daher schockierte es sie, als er sich abrupt von ihr löste und ihr mit beinahe wütendem Griff das Oberteil hochzog und wieder verschloss. Verzweifelt suchte sie in seinem Gesicht nach einem Anhaltspunkt für sein Verhalten. Warum hörte er auf, sie zu küssen und zu berühren? Kamen ihm plötzlich Zweifel? Begehrte er sie nicht mehr?
Als er schließlich sprach, war Marina den Tränen nahe.
„Verzeih mir“, murmelte er rau und strich ihr sanft eine Haarsträhne, die sich gelöst hatte, hinters Ohr. „Ich weiß, wie du dich fühlen musst, aber wir sind gleich am Theater.“
Marina starrte ihn fassungslos an.
Woher wusste er das? Hatte er etwa heimlich auf die Uhr geschaut? War er ein derart abgebrühter Verführer?
„Sieh mich nicht so an“, stöhnte er. „Ich habe doch bereits gesagt, dass es mir leidtut.“
Dann küsste er sie auf den Mund. Zum ersten Mal. Es war jedoch nur ein ganz flüchtiger, um Entschuldigung heischender Kuss. Er zeugte keinesfalls von unkontrollierbarer Leidenschaft. Sie war diejenige, die vor Verlangen bebte. James hatte sich wieder völlig in der Gewalt – und auch die Situation.
Oh, Marina, Marina, du Närrin. Dieser Mann ist ein Meister in diesem Spiel. Hat Henry dich nicht gewarnt? Hast du tat sächlich geglaubt, du könntest mit dem Feuer spielen, ohne dir die Finger zu verbrennen?
Nie wieder, entschied sie bitter. Nie wieder.
„Es tut dir überhaupt nicht leid“, schleuderte sie ihm entgegen. „Du hast das ganz genau geplant, das weiß ich.“
„Ich habe gar nichts geplant“, widersprach er knapp. „Darauf gebe ich dir mein Wort als Gentleman.“
„Dann hast du eine merkwürdige Vorstellung davon, was einen Gentleman ausmacht. Oder liegt es daran, dass du mich nicht für eine Lady hältst?“
Seine blauen Augen funkelten wütend. „Was gerade zwischen uns passiert ist, hat nichts damit zu tun, ein Gentleman oder eine Lady zu sein, sondern ein Mann und ein Frau! Mein Gott, glaubst du ehrlich, dass ich dich noch ins Theater führen würde, wenn ich das geplant hätte? Ich würde dem Fahrer die Anweisung geben, endlos im Kreis herumzufahren, damit ich dich immer wieder lieben kann. Was wir füreinander empfinden, ist stärker als irgendwelche gesellschaftlichen Konventionen, Marina. Was sein wird, wird sein.“
„Was sein wird, das entscheide ich!“, widersprach sie heftig. „Und ich habe nicht vor, mich in die Reihe deiner flüchtigen Abenteuer einzugliedern. Am Sonntag fliege ich zurück nach Sydney und zu Shane. Dort werde ich hoffentlich schnell vergessen, dass du überhaupt existierst!“
„Glaubst du wirklich, dass du dich gegen das Schicksal stellen kannst, Marina?“, stieß er grimmig hervor. „Ich glaube nicht …“
Bei der Erinnerung daran, wie sie noch vor einer Minute halbnackt unter ihm gelegen hatte, musste sie ihm recht geben. Doch das machte die Sache nicht einfacher.
„Du wirst mich nicht noch einmal in diesem widerlichen Wagen berühren“, erklärte sie scharf. „Auf dem Heimweg wirst du ein Taxi bestellen. Gib mir dein Wort. Als Gentleman“, fügte sie provozierend hinzu.
Einen langen Moment sah er sie nur an, dann wandte er langsam den Kopf ab und hob stolz das Kinn. „Du hast es“, sagte er schließlich.
Noch während er sprach, hielt die Limousine. Die Tür ging auf, und die Außenwelt drang zu ihnen herein.
Lärm. Lichter. Menschenmengen.
Marina blinzelte und zuckte im ersten Moment zurück. Nein, hätte sie am liebsten geschrien. Lass nicht zu, dass ich da rausmuss, so wie ich mich fühle! Ich kann jetzt nicht den ganzen Abend in einem dunklen Theater neben dir sitzen, ohne dich berühren zu dürfen.
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