Julia Extra Band 0297
Quäl mich nicht mit diesem unzumutbaren, unerträglichen, unerfüllten Verlangen.
Doch James führte sie hinaus und saß die ganze Zeit im Theater neben ihr, ohne auch nur ihre Hand zu halten. Anschließend beendete er den Abend, indem er sie in einem Taxi nach Hause brachte und kein einziges Wort sprach, geschweige denn sie küsste.
Als James leise die Tür aufschloss, war Marina in einem furchtbaren Zustand. Am liebsten hätte sie sich ihm an den Hals geworfen und ihn angefleht, sie gleich hier, auf dem schwarzweißen Marmorfußboden, zu lieben … als Henry zur Treppe herunterkam.
„Guten Abend, Mylord, Miss Marina.“ Er nickte ihr zu. „Hat Ihnen das Theaterstück gefallen?“
Das Theaterstück? Marina hatte kein einziges Wort davon mitbekommen. Sie wusste nicht einmal, ob sie ein Drama oder eine Komödie gesehen hatten.
„Es war hervorragend“, antwortete sie und fragte sich dabei, wie sie so normal klingen konnte.
Der Kammerdiener nickte weise. „Ja, eine Nacht im Londoner Theater ist unvergesslich. Ich muss mich noch einmal wegen der Limousine entschuldigen, Mylord, aber das war alles, was die Autovermietung mir so kurzfristig anbieten konnte. William lässt ausrichten, dass der Bentley morgen wieder zur Verfügung steht.“
„Morgen?“, wiederholte James mit einem Stirnrunzeln. „Steht morgen irgendetwas Besonderes an?“
Da lächelte der Diener ungewöhnlich breit. „Das Krankenhaus hat angerufen, kurz nachdem Sie weg waren. Rebecca kann das Wochenende zu Hause verbringen.“
„Das ist ja wundervoll“, rief James glücklich.
„In der Tat, Mylord. Ich habe selbst mit ihr gesprochen. Sie war ganz aufgeregt. Aber sie möchte nicht hierher kommen, sondern nach Winterborne Hall fahren.“
„Natürlich! Alles, was sie will.“
„Sie … ähm … hat ausdrücklich nachgefragt, ob Miss Marina auch mitkommen kann.“
Marinas Magen verkrampfte sich.
„Ich fürchte, das ist unmöglich“, erwiderte James scharf. „Sie muss ihren Flug am Sonntag bekommen.“
Auf einmal wirkte Henry ein wenig verlegen. „Ich … ich habe mir die Freiheit erlaubt, die Fluggesellschaft anzurufen, und sie buchen Miss Marinas Ticket gern auf Montag um. Offensichtlich ist der Flug am Sonntag ohnehin sehr stark ausgelastet.“
Auf James’ Gesicht spiegelten sich Erbitterung und Verzweiflung. „Das ist alles schön und gut, Henry, aber ich glaube, dass Marina es kaum erwarten kann, nach Hause und zu ihrem Verlobten zurückzukommen. Ist es nicht so, Marina?“
Gegen ihren Willen musste sie seine anhaltende Standhaftigkeit bewundern. Offensichtlich hatte er sich entschlossen, tatsächlich bis zum bitteren Ende zu kämpfen und der Versuchung nicht nachzugeben.
Leider vergrößerte sein nobles Opfer ihre Liebe zu ihm nur noch. Und sie begehrte ihn noch mehr.
„Ich würde gern mit Rebecca nach Winterborne Hall fahren“, hörte sie sich selbst sagen – ohne das kleinste Beben in der Stimme. „Sie haben richtig gehandelt, indem Sie den Flug umgebucht haben, Henry. Mach nicht so viel Aufhebens darum, James“, wandte sie sich dann an den Mann, der ihr unaufhaltsam das Herz zerriss. „Es ist schließlich nur eine weitere Nacht. Shane kann solange warten.“
Ihre Blicke begegneten sich.
Und dann verstand er. Verstand, was sie sagte. Sie würde ihm eine Nacht schenken. Eine einzige Nacht.
Marina beobachtete, wie er gegen die Versuchung ankämpfte.
„Es ist deine Entscheidung“, sagte er langsam, und wieder einmal waren seine Hände zu Fäusten geballt.
„Ich habe mich bereits entschieden“, entgegnete sie.
„Dann soll es so sein“, erwiderte er und sah ihr dabei tief in die Augen – mit kaltem Blick, in dem jedoch ein dunkler Triumph lag.
Offensichtlich verstand er sie nicht – er begriff nicht, wie sehr sie ihn liebte. Wie sollte er auch? Wie sollte er ahnen, dass sie nie einen anderen Mann als ihn heiraten und eher ein Leben als alte Jungfer verbringen würde, anstatt sich mit weniger zufriedenzugeben als dem, was die morgige Nacht ihr bringen würde.
Und so war der Pakt geschlossen und das Schicksal besiegelt.
Doch war es wirklich Schicksal, fragte sich Marina, als sie später im Bett lag und keinen Schlaf fand.
Sie wusste es nicht. Aber sie wusste, dass sie es tun musste. Dass ihr keine andere Wahl blieb – ob Schicksal oder nicht.
Die morgige Nacht würde sie in James’ Bett verbringen.
Die morgige Nacht …
8. KAPITEL
„Ich fahre nach Hause! Ich fahre nach Hause!“
Aufgeregt
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