Julia Extra Band 0297
hinfliegen können. Denk darüber nach. Sparen und Kredite gehören der Vergangenheit an. Du kannst bekommen, was auch immer du dir wünschst, Alice.“
Außer … seiner Liebe. Allerdings war sie sich im Moment nicht mehr sicher, ob sie die überhaupt noch wollte.
Sie starrte ihn an und wartete auf das glückliche Gefühl, das sie immer überfiel, wenn sie ihn ansah. Doch sie empfand nichts. Ihn nun anzuschauen glich einer völlig neuen Erfahrung. Immer noch war er Kyros mit den attraktiven Zügen und den schwarzen Augen. Und seine Stimme klang auch immer noch tief und samtig. Der sexy Akzent machte sie immer noch ganz kribbelig. Auch körperlich begehrte sie ihn noch immer, so wie keinen anderen Mann je zuvor.
Dennoch war etwas anders. Und erst allmählich wurde ihr klar, dass nicht er sich verändert hatte, sondern sie. Inzwischen kam er ihr wirklich wie ein Fremder vor … mit seinem geheimen Leben, seinem geheimen Vermögen und seinem beleidigenden Angebot, das sich im Großen und Ganzen darauf reduzierte, dass sie ihm Sex und er ihr Geld gab!
Oh, Alice, dachte sie. Was hast du nur getan?
Noch einmal schaute sie zu ihm hin. Das leere Gefühl in ihrem Inneren verschwand nicht. „Und das ist alles? Du hast mir alles erzählt, besitzt keine weiteren Geheimnisse mehr? Oder gibt es da noch etwas, was du mir sagen willst?“
„Nein. Nichts mehr.“ Sie sieht so zerbrechlich aus, schoss es Kyros durch den Kopf, als könne der leiseste Windhauch sie mit sich fortnehmen. Er ließ seinen Blick über ihr weißes, fast transparent wirkendes Gesicht wandern.
Plötzlich konnte er es nicht mehr ertragen. Abrupt stand er auf und ging ins Haus. Kurze Zeit später kehrte er mit einem Tablett in den Händen zurück, auf dem eine Flasche kaltes Wasser und ein Glas Brandy standen. „Trink das.“
„Ich will nicht.“
„Trink. Du stehst unter Schock.“
„Was du nicht sagst!“ Trotzdem griff sie gehorsam nach dem Glas und trank einen einzigen Schluck. Es war griechischer Brandy, feurig und stark, und obwohl er in ihrem Magen brannte, breitete sich eine fast unwirkliche Ruhe in ihr aus.
Mit einer heftigen Geste stellte sie das Glas ab und betrachtete ihre Zehen. Die Nägel hatte sie vor der Hochzeit in einem Kosmetiksalon in glitzerndem Pink lackieren lassen. Schon damals hatten sich immer wieder leise Zweifel in ihr Bewusstsein geschlichen, die sie immer wieder beiseitegeschoben hatte. Aber nicht in ihren wildesten Träumen hätte sie sich das Ausmaß des Schreckens vorstellen können, den sie gerade durchlebte.
Kyros schlenderte zum Geländer hinüber und blickte auf die verschwommen wirkende Szenerie aus Limonenbäumen, dem blauen Wasser des Pools und dem sich dahinter erstreckenden azur und türkis glitzernden Ozean hinaus. Als er sich wieder umwandte, sah er, dass Alice sich nicht gerührt hatte. Still und schweigend wie eine Statue saß sie da und starrte auf ihre Füße, als seien sie das Faszinierendste der Welt. „Alice? Um Himmels willen, sag doch etwas!“
Alice schaute auf. Das kalte eisige Gefühl, das sich in ihr Herz geschlichen hatte, machte ihr Angst. Hier konnte sie auf keinen Fall bleiben. Sie musste fort von seinem hübschen dunklen Gesicht, um endlich einen klaren Gedanken fassen zu können. Fort von den schwarzen Augen, in denen selbst jetzt noch ein Funkeln lag, dem eine Frau nur schwer widerstehen konnte.
Aber sie musste widerstehen. Sie stand auf. „Es gibt nichts zu sagen. Meinst du nicht, wir haben genug gesagt?“
Kyros machte einen Schritt auf sie zu. „Alice.“
Doch sie verschloss ihr Herz und ihre Seele. „Fass mich nicht an. Lass mich einfach in Ruhe.“
Kyros spürte, dass es ihr voller Ernst war. Schweigend beobachtete er, wie sie nach ihrem Sonnenhut griff und ihn aufsetzte, sodass ihr Gesicht im Schatten verborgen lag. „Wohin gehst du?“
„Das ist ein Geheimnis“, erwiderte sie mit beißendem Sarkasmus. Innerlich bereitete es ihr ein flüchtiges Vergnügen, ihn zusammenzucken zu sehen. Sie wandte sich ab und stürmte in den im hellen Sonnenschein liegenden Garten.
9. KAPITEL
Erst als Alice außer Sichtweite der Villa war, verlangsamte sie ihre Schritte. Schließlich erreichte sie die staubige Straße, die um die Insel führte, und blieb stehen. Die Hauptstadt war mehrere Meilen entfernt, und sie besaß keinen Wagen. Tatsächlich besaß sie überhaupt sehr wenig. Eigentlich nur ihren Koffer voller Sommerkleider und ihren Pass.
An den Strand hinunterzugehen,
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