Julia Extra Band 0299
dich.“
Er führte sie zur Kammer.
„Warum hast du sie hier versteckt?“, fragte Nadia erstaunt. „Oben gibt es doch genug Schlafzimmer.“
„Den Grund wirst du gleich sehen.“ Er klopfte an die Tür. „Abby? Bist du wach?“
Keine Reaktion. Beunruhigt klopfte Mychale erneut.„Abby?“ Er stieß die Tür auf und fand die Kammer verlassen vor. Selbst die Schublade, die Brianna als Bettchen gedient hatte, war wieder in die Kommode geschoben.
Mychale war fassungslos. Wo war Abby hin? Wieso hatte sie ihn verlassen? Ausgerechnet jetzt, da sie einander so nahegekommen waren. Und warum hatte sie sich nicht von ihm verabschiedet?
„Sie ist fort“, murmelte er verstört. „Und sie hat das Baby mitgenommen.“
Nadia zog die Augenbrauen hoch. „Welches Baby?“
„Ihr Baby. Sie hatte einen Säugling bei sich.“
„Moment mal, Mychale. Abby Donair hat kein Kind. Soweit ich weiß, ist sie nie schwanger gewesen.“
Er glaubte ihr kein Wort. „Doch, natürlich. Das Baby heißt Brianna. Ich habe die Kleine selbst auf dem Arm gehalten.“
„Das muss das Baby ihrer Schwester Julienne sein.“ Nadia fiel es wie Schuppen von den Augen.
„Was soll das heißen?“ Jetzt verstand Mychale gar nichts mehr.
Mitfühlend sah Nadia ihn an. „Das liegt doch auf der Hand: Sie hat das Kind ihrer Schwester entführt. Hast du denn nichts von dem Skandal mitbekommen?“
Wortlos schüttelte er den Kopf. Nadia war ihm offensichtlich einen Schritt voraus. „Erzähl es mir!“
„O Mychale! Bitte nicht.“
„Doch, Nadia. Ich will jetzt die ganze Geschichte hören.“
„Also gut.“ Sie atmete tief durch. „Du hast doch von dem Gerücht gehört, dass Dane kurz vor Kriegsende ein Kind gezeugt haben soll, als er sein Gedächtnis verloren hatte.“
„Ja.“
„Vor einigen Tagen hat Dr. Zaire sich an die Öffentlichkeit gewandt und behauptet, seine Nichte Julienne habe Danes Kind zur Welt gebracht und sei bei der Geburt gestorben. Angeblich ist der Vaterschaftstest positiv. Er hat ihn Dane selbst überreicht.“
„Das hat Dr. Zaire behauptet?“ Mychale überlegte, wie das zu Abbys Version der Geschichte passte. Eigentlich gar nicht, musste er feststellen.
„Ja. Er hat die Presse informiert, dass das Baby weg ist und dass er vermutet, dass Abby es entführt hat. Die Polizei hat das ganze Land auf den Kopf gestellt, um die Kleine zu finden.“ Nadia seufzte. „Und ich habe Abby auch noch darauf angesprochen. Sie schien keine Ahnung zu haben. Sie war so nett, und du bist offensichtlich schrecklich verliebt in sie, und da habe ich die ganze Sache als Zeitungsente abgetan.“ Verzweifelt umklammerte sie Mychales Arm. „Wie schrecklich! Sie ist mit Danes Baby auf der Flucht!“
„Da bist du ja endlich.“ Dane sah auf, als Mychale das Büro betrat, und bot ihm einen Platz an.
Mychale musterte seinen Bruder verhalten. „Ja, ich bin zurück.“
„Wo warst du denn die ganze Zeit?“
„In unserem Chalet im Bergseengebiet. Ich musste einfach mal in Ruhe über mein Leben und meinen Platz in der Gesellschaft nachdenken.“
Dane machte eine abfällige Geste. „Aha. Statt so viel nachzudenken, solltest du lieber mal einer geregelten Arbeit nachgehen.“
Mychale rang sich ein Lächeln ab. Der gute Dane hatte sich überhaupt nicht verändert.
„Und was höre ich da für einen Unsinn? Du hast dich entlobt?“
„Ja. Theoretisch mochte die Verbindung ja eine gute Idee sein, aber die Realität hat mich eingeholt. Diese Frau hat Haare auf den Zähnen. Es kommt nicht infrage, dass sie meine Kinder zur Welt bringt.“
„Schade. Ich dachte, ihr passt gut zusammen. Schließlich gehört Stephanie doch auch zu diesen Jetset-Nichtsnutzen, mit denen du dich abgibst.“
Mychale zuckte zusammen. Der Hieb hatte gesessen.
Dane musterte ihn wütend. „Ihr Vater will uns verklagen, weißt du das?“
„Soll er doch.“
„Und wenn das Gericht gegen dich entscheidet? Wie willst du das Geld aufbringen, das Mr. Hollenbeck fordern wird?“
„Ich werde schon eine Möglichkeit finden, Dane. Eine Heirat ist jedenfalls völlig ausgeschlossen.“
Dane betrachtete ihn kühl. „Hast du eine andere Frau kennengelernt?“
Mychale atmete tief durch. „Das spielt keine Rolle.“
„Dann stimmt es also.“
Natürlich stimmt es, dachte Mychale wütend. Allerdings wusste er selbst nicht, wieso er so sehr an Abby hing, nach allem, was sie sich geleistet hatte.
„Das ist völlig unerheblich“, behauptete er und sah seinem Bruder fest
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