Julia Extra Band 0300
… Hintergedanken hatte. Und ich wusste, dass du diese Leute nicht wiedersehen würdest. Was für eine Rolle spielte es also, was sie von dir dachten?“
Mit vernichtender Ruhe erwiderte Carrie: „Was du von mir dachtest, spielte auch keine Rolle, richtig? Oder was ich wirklich bin. Weil ich genau das bin, was du wolltest. Eine, die hübsch ist, leicht zu beeindrucken und willig im Bett.“
„Dass du kulturell nicht interessiert bist, bedeutet nicht …“, Alexeis unterbrach sich, „hör zu, setz dich nicht selbst herab …“ Wieder gab er auf. Aber eins musste er ihr sagen, wenn es ihm auch noch so unangenehm war. „Du solltest niemals erfahren, warum ich dich zu der Dinnerparty mitgenommen habe. Alles sollte … über deinen Kopf hinweg passieren.“
„Weil ich ein blondes Dummchen bin und sowieso damit zu rechnen war, dass ich nichts merke?“
„Carrie, ich …“
„Ja, du hast recht. Genau das bin ich.“
„Nein!“Alexeis’ ballte wütend die Hände. „Ich werde nicht zulassen, dass du so von dir sprichst. Es hat mir Freude gemacht, dir eine Welt zu zeigen, die du noch nie gesehen hattest. Es hat mir Freude gemacht mitzuerleben, wie viel Vergnügen du daran gefunden hast, Champagner zu trinken und erster Klasse zu fliegen. Ich habe dich gern verwöhnt und dir schöne Kleider gekauft.“
„Und du hast es getan, weil du so gutherzig bist? Wenn ich unscheinbar wäre, hättest du mich dann trotzdem verwöhnt?“ Carrie schüttelte den Kopf. „Nein, du hast es getan, weil du Sex mit mir wolltest. Das war deine Belohnung. Während ich meinen Champagner und meine Designergarderobe bekommen habe. Und das macht mich zu einem Flittchen. Dummheit ist kein Verbrechen. Aber was ich mir erlaubt habe, ist ein Verbrechen. Ich habe mich dem verschlossen, weil ich es nicht sehen wollte. Ich wollte nur die Romantik sehen, nicht die Realität.“
Ein verbitterter Ausdruck huschte über Carries Gesicht. „Ich habe mir vorgemacht, ich sei nicht wie die dumme Madame Butterfly. Aber ich war die ganze Zeit über nur eine Geisha. Zumindest ist mir das Schicksal erspart worden, das Kind eines Mannes zur Welt zu bringen, dem ich nichts bedeute.“
Das strahlende Sonnenlicht schien sie gnadenlos zu verhöhnen. Carrie fühlte sich innerlich völlig leer.
Lange herrschte Schweigen zwischen ihnen.
Schließlich sagte Alexeis: „Ich werde dafür sorgen, dass du morgen nach London zurückfliegen kannst.“
Vor ihrer Abreise sah er Carrie nicht mehr. Ihr zuliebe, redete Alexeis sich ein, wusste jedoch, dass es nicht stimmte.
Um sich abzulenken, arbeitete er ununterbrochen und lebte von schwarzem Kaffee und Essen auf Tabletts. Irgendwann brannten seine Augen von der Arbeit am Bildschirm, und auf der ganzen Welt waren keine Geschäftspartner übrig, mit denen er noch nicht per Konferenzschaltung verhandelt hatte. Also musste er notgedrungen sein Büro verlassen.
Jetzt, da Carrie fort war, schien es in der Villa sehr still zu sein.
Alexeis ging nach draußen auf die Terrasse, die zu einem breiten, gepflasterten Bereich mit einem sechs Meter langen Esstisch führte. Wenn seine Mutter hier war, aß sie jedoch lieber im Haus. Wie auch an dem Abend, als er Carrie hierher mitgebracht hatte. Unvermittelt blieb Alexeis stehen.
Im Geiste sah er die Gäste um den Tisch sitzen. Und seine Mutter am Kopf der Tafel. Zu ihrer Rechten saß Anastasia Savarkos, streng und elegant in ihrem hochgeschlossenen olivgrünen Abendkleid, das schwarze Haar zu einem straffen Nackenknoten frisiert. Perlenohrringe und ein sehr dezentes Make-up. Der absolute Gegensatz zu Carrie.
Er sah sie wieder in dem tief ausgeschnittenen Kleid, sah ihre nackten Schultern, das zerzauste lange blonde Haar, die stark geschminkten Augen und den sinnlichen Mund. Während des ganzen Essens hatte sie neben ihm gesessen, ohne ein Wort zu sagen.
Weil alle griechisch gesprochen hatten und sich niemand mit ihr hatte unterhalten wollen. Weil alle sie geflissentlich ignoriert hatten.
Mit zusammengepressten Lippen wandte sich Alexeis ab und stieg die Treppe zur Terrasse eine Ebene tiefer hinunter. Carrie hatte nicht erfahren sollen, dass er sie mit Absicht hatte aussehen lassen wie eine Frau, die einen Mann vom Heiraten abhielt. Eine, die sein Bett wärmen und ihn befriedigen sollte.
Ihr Vorwurf, er habe sie vorgeführt wie ein Flittchen, brannte ihm im Gedächtnis.
Zuerst konnte Alexeis das Gefühl nicht benennen, das ihn quälte. Dann wurde ihm klar, was es
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