Julia Extra Band 0300
Türkisblau der karibischen See war atemberaubend.
Lizzy fiel auf, dass man von hier aus den kleinen Pavillon, der ihr am vorherigen Abend aufgefallen war, nicht sehen konnte.
Ein Geräusch hinter ihr ließ sie erschreckt herumfahren. Sie hatte mit Luc gerechnet, doch stattdessen erblickte sie Nina, die mit einem strahlenden Lächeln auf sie zueilte.
„Da sind Sie ja endlich, Signora. Mr. Luc sagte, Sie sollen ruhig Ihren Jetlag verschlafen. Aber ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass Sie nichts mehr von diesem wundervollen Tag mitbekommen.“
Das fröhliche Geplapper der Haushälterin nahm Lizzy etwas von ihrer Anspannung. Schon wenige Minuten später saß sie auf demselben Stuhl wie zum Abendessen und trank frisch gepressten Orangensaft. Dazu gab es Obstsalat, und Nina bemutterte sie wie eine Henne ihr gerade geschlüpftes Küken.
„Bitte nennen Sie mich Lizzy“, bat Lizzy nach einer Weile. Sie konnte das Wort Signora nicht mehr hören, auch wenn sie jetzt eine verheiratete Frau war – sie fühlte sich nicht danach.
Blieb die Frage: Wie sollte sie sich fühlen?
„Mr. Luc ist nach dem Frühstück losgefahren, um nach seinen Farmern zu sehen. Das tut er immer, wenn er hierherkommt“, erklärte Nina munter.
„Seine Farmer?“, fragte Lizzy verwundert.
Eifrig nickend schenkte Nina ihr dampfenden Kaffee ein. „Er hat es Ihnen nicht erzählt? Dieses Haus und das Land gehörten seiner Großmama. Ihr Porträt hängt in einem anderen Salon. Ich zeige es Ihnen später, wenn Sie mögen. Mr. Luc hat beinahe seine gesamte Kindheit hier verbracht. Seine Großmutter war eine ziemlich entschlossene Lady, die das Konzept der kollektiven Landwirtschaft auf dieser Insel eingeführt hat. Mr. Luc hat ihren Erfolgsweg nach ihrem viel zu frühen Tod im letzten Jahr fortgeführt.“
Im letzten Jahr?, wunderte sich Lizzy insgeheim. Sie hatte nicht gewusst, dass Luc vor Kurzem einen solchen Verlust erleiden musste.
Nina nickte. „Wir vermissen sie sehr, Mr. Luc natürlich am meisten von allen. Sie hat ihn zu dem Menschen gemacht, der er ist. Jedenfalls hat er mir das mal anvertraut.“ Die Haushälterin legte eine kleine Pause ein und seufzte schwer. „Dies ist wohl die Kehrseite von dem Privileg, in Reichtum und Verantwortung geboren zu werden, nehme ich an. Man muss seine angeborene weiche Seite ablegen, um zu überleben.“ Dann schenkte sie Lizzy erneut ihr wunderbares Lächeln. „Aber jetzt sind Sie ja hier und schenken ihm Menschlichkeit, was?“ Ihre warmen braunen Augen schienen sich in Lizzys Seele zu brennen. „Seine Großmama hätte Sie gemocht. Sie sehen ihr ähnlich, und Sie sind ebenso willensstark wie sie, und Sie sind …“
„Engländerin“, ertönte eine weitere Stimme hinter ihnen.
Am Türrahmen lehnte Luc, lässig in hellen Cargohosen und blauem T-Shirt, die Haare vom Wind zerzaust. Sein Anblick war überwältigend, und Lizzys Körper schien ohne ihr Zutun stark auf ihn zu reagieren.
„Buon giorno, la mia moglie bella“, murmelte er leise und ließ seinen Blick über ihr enges weißes Top und den kurzen blauen Rock gleiten.
In diesem Moment bedauerte Lizzy, sich heute Morgen nicht für lockerere Kleidung entschieden zu haben. Dann könnte Luc jetzt nicht sehen, wie sehr seine Aufmerksamkeit sie erregte.
„Hast du keine Antwort für mich, cara?“, drängte er sie spöttisch.
Nein, dachte sie, weil ich kein einziges Wort herausbringe. Anstelle einer Entgegnung fuhr sie sich mit der Zungenspitze über ihre trockene, bebende Unterlippe.
Luc sah es, doch an seinem Gesicht war nicht abzulesen, was er dachte. Dennoch ging von ihm eine deutliche Anspannung aus, die Lizzy ganz und gar nicht kaltließ. Nina war inzwischen wieder in die Küche verschwunden.
„Meine süße, jungfräuliche Braut ist also sprachlos?“, provozierte er sie. „Wir sind doch jetzt allein.“ Er warf einen kurzen Blick über die Schulter. „Nina hat schnell das Weite gesucht, als du so charmant errötet bist. Und an deinem Status als Jungfrau gibt es keinerlei Zweifel. Auf dem Laken war Blut.“
Geschockt hielt Lizzy sich eine Hand vor den Mund.
„Hast du es nicht bemerkt?“ Gemächlich schritt er auf sie zu. „Einem der Mädchen wird es beim Bettenmachen sicherlich aufgefallen sein. Ich weiß, das klingt fast wie im Mittelalter, aber …“
Mit einem erstickten Schrei sprang Lizzy auf und rannte aus dem Zimmer und durch die Eingangshalle. Ihr war speiübel, und sie konnte Lucs Sarkasmus keine Sekunde länger
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