Julia Extra Band 0300
unerklärlicherweise zwischen ihnen herrschte, würde sie das wohl nie erleben.
„Und weil Sie so ein cleveres Mädchen sind, wissen Sie bestimmt auch schon, warum ich dieses Treffen vereinbart habe.“ Langsam ließ er sich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder. „Wir wollen unsere Karten ganz offen auf den Tisch legen.“
Doch statt der Karten lagen seine Hände auf der Mahagoniplatte des Schreibtisches. Dabei übten seine langen, bronzefarbenen Finger eine Faszination auf Beatrice aus, die schon ans Krankhafte grenzte.
„Mein Bruder plant, Sie zu heiraten.“
Beatrice hob so ruckartig den Kopf, dass ihr ganzer Oberkörper erbebte. Der Blick des Mannes aus pechschwarzen Augen, die nur von merkwürdigen silbrigen Lichtreflexen erhellt wurden, bohrte sich nun förmlich in ihren. Mit dieser Behauptung war jedenfalls klar, dass er sie nur mit jemandem verwechseln konnte.
„Ich heirate Ihren Bruder bestimmt nicht“, sagte Beatrice deshalb, woraufhin sich noch mehr Verärgerung auf seinen markanten Zügen zeigte.
„Dann sind Sie das also nicht?“, fragte er gedehnt und deutete auf ein Foto, das er einem Ordner entnommen hatte und nun vor sie hinlegte.
Zweifelnd warf Beatrice einen Blick darauf und bekam große Augen, als sie den Schnappschuss wiedererkannte. Er war im Sommer vor zwei Jahren aufgenommen worden, als sie als Au-pair-Mädchen in Südfrankreich gejobbt hatte. Die beiden anderen Personen auf dem Foto waren Freunde von ihr, die sie damals kennengelernt hatte: Emma und Khalid. Emmas Vater gehörte die Villa neben dem Haus von Beatrices Gasteltern, und Emma hatte ihr den charmanten jungen Mann vorgestellt. Mit beiden war sie bis heute befreundet. Derzeit lag ihr Schlafsack sogar auf dem Sofa von Emmas Londoner Apartment.
Stirnrunzelnd blickte Beatrice jetzt von dem Foto zu dem Mann auf der anderen Seite des Schreibtisches. „Woher haben Sie das?“
Er tat die Frage mit einem Zucken seiner breiten Schultern ab und fügte hinzu: „Das ist nicht von Belang.“
Das sah Beatrice allerdings ganz anders: Merkwürdige Typen, die ein Foto von ihr im Bikini besaßen, waren durchaus von Belang. Wie kann es nur in seine Hände gelangt sein?, überlegte Beatrice fieberhaft.
„Üblicherweise kümmere ich mich nicht um die Urlaubsbekanntschaften meines Bruders“, riss er sie da aus ihren sich überschlagenden Gedanken.
„Ihres Bruders? Sie meinen, Khalid ist Ihr Bruder? Dann sind Sie ja …“ Beatrice versagte die Stimme. Wenn er Khalids Bruder war …, sie schluckte, … handelte es sich bei ihrem Gegenüber um Tariq Al Kamal, den Thronerben eines der reichsten Länder auf der Erde. Diese unglaubliche Information erklärte natürlich auch sein selbstherrliches Auftreten und die ungeheure Arroganz, die er an den Tag legte.
Nicht, dass Beatrice von seiner Abstammung beeindruckt gewesen wäre. Ihrer Meinung nach sollten sich Menschen, die in Reichtum und Macht hineingeboren waren, erst einmal beweisen, und nicht andersherum. Diesem Tariq war alles auf einem Silbertablett gereicht worden, und er verhielt sich, als müsste man ihm die Füße küssen.
Khalid dagegen war der uneingebildetste, zuvorkommendste Mensch, den man sich vorstellen konnte. Nur zufällig hatten sie damals von seiner königlichen Herkunft erfahren, und selbst dann hatte Khalid es noch heruntergespielt. Doch für diesen Tariq war es selbstverständlich, dass man ihm Ehrerbietung entgegenbrachte. Der Kerl vereinte wirklich alles in seiner Person, was Beatrice verabscheute.
„Entschuldigung, hätte ich gewusst, wer Sie sind, hätte ich einen Knicks gemacht“, sagte sie jetzt spöttisch.
„Die Etikette können Sie sich schenken, Miss Devlin!“, antwortete er und zog sich die Anzugjacke aus. Unwillkürlich fiel Beatrices Blick auf seinen Oberkörper. Unter dem feinen weißen Hemdstoff ließen sich wunderbar trainierte Oberarmmuskeln und ein Sixpack erahnen. Der Mann war ein richtiges Kraftpaket! Bei den Gedanken, die ihr jetzt in den Kopf schossen, färbten sich ihre Wangen rot.
Vergiss seinen herrlichen Körper, Beatrice!
„Ich weiß um Ihre Beziehung zu meinem Bruder“, hörte sie ihn jetzt drohen und hatte nicht die leiseste Ahnung, wie der Mann auf die Idee kommen konnte, dass sie und Khalid ein Paar wären. Emma würde darüber sicher lauthals lachen. Doch jetzt war es endgültig an der Zeit, dieser Farce ein Ende zu machen. „Natürlich kenne ich Khalid“, sagte sie deshalb, hob beschwichtigend die Hände und sah
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