Julia Extra Band 0301
mich empfinden, Mr. Watts. Da ich aber fünfunddreißig bin, darf ich nicht wählerisch sein. Also, abgemacht!“
„Ich meine es ernst!“, sagte er finster. Wie konnte sie es wagen, ihn auszulachen?
„Oh! Ich dachte wirklich, Sie erlauben sich einen Scherz mit mir, Mr. Watts.“
„Sehe ich aus wie jemand, der Witze macht?“
„Na ja, wenn Sie es schon selbst erwähnen … Ehrlich gesagt, nein.“ Unsicher lachte sie nochmals. „Aber jetzt machen Sie einen, stimmt’s? Sie können mich doch nicht wirklich heiraten wollen.“
„Du liebe Güte, nein!“ Das Missverständnis entsetzte ihn. „Natürlich will ich nicht Sie heiraten!“
Charmant formuliert, dachte Mary ironisch. Zugegeben, sie war keine Schönheit und momentan ein bisschen mollig, aber Tyler sah auch nicht gerade wie George Clooney aus!
„In Romanzen wird das auch immer behauptet, und Sie wissen ja, was am Ende mit Held und Heldin passiert!“, konterte sie aufmüpfig.
Seine Miene blieb finster. „Wollen Sie nun einen Job oder nicht?“
„Ich habe keine Ahnung, was für ein Job Ihnen vorschwebt“, gestand Mary.
Ein Ober näherte sich mit einem Tablett voller Champagnergläser. Tyler machte eine abweisende Handbewegung, aber Mary nahm sich rasch ein Glas. Ihr war mittlerweile egal, welchen Eindruck er von ihr bekam. Sie war müde und wollte nach Hause. Was immer Tyler Watts von ihr wollte, es schien nichts mit ihrer Arbeit als Personalvermittlerin zu tun zu haben, also verschwendete er nur ihre Zeit.
„Erklären Sie es doch noch mal ganz von vorn“, forderte sie ihn auf und trank einen Schluck.
Tyler atmete tief durch und zählte im Stillen bis zehn. Wenn er ein Mann gewesen wäre, der Fehler eingestand, hätte er jetzt zugegeben, dass es absolut falsch gewesen war, sich mit Mary Thomas einzulassen.
Obwohl sie auf den ersten Blick ideal geschienen hatte! Sie kannte sich mit Persönlichkeitstraining aus, sie stand direkt vor ihm, war verfügbar und begierig auf einen Job.
Und es gefiel ihm, dass sie so normal und alltäglich wirkte. Mit einer mondänen und cleveren Frau hätte er nicht so gern über seine ganz privaten Affären geredet. Er behielt gern die Kontrolle, und Mary hatte auf den ersten Blick anspruchslos sowie nachgiebig gewirkt. Sie brauchte ihm ja nur einige Tipps zu geben und dann aus seinem Leben zu verschwinden.
Je näher er sie in Augenschein nahm, desto weniger alltäglich wirkte Mary allerdings. Wenn man sich das zu enge Kostüm und die albernen Pumps wegdachte, blieben eine wohl gerundete Figur und ein Eindruck von Warmherzigkeit, der in reizvollem Kontrast zu dem kühlen Blick der grauen Augen und ihrer leicht sarkastischen Art zu reden stand. Anspruchs- und vor allem widerspruchslos würde Mary Thomas keineswegs sein.
Das war ärgerlich, denn er hatte sich eigentlich schon für sie entschieden. Und wenn er ein Ziel anvisiert hatte, ging er gern geradewegs darauf los. In seiner Unbeirrbarkeit lag das Geheimnis seines Erfolgs. Er würde seine Strategie jetzt nicht ändern, vor allem, da er keine Zeit für Zaudern und Überlegen hatte: Er wollte – mit Marys Hilfe – das Beziehungsproblem so schnell wie möglich erledigen.
„Also noch mal von vorn“, sagte Tyler schließlich. „Ich brauche eine Ehefrau.“
Mary fragte sich, was das sollte. War es ein ausgeklügelter Scherz auf ihre Kosten? Ein normaler Mann sagte doch nicht einfach so, dass er eine Frau brauche. Allerdings war Tyler Watts kein gewöhnlicher Mann.
„Sie haben vielleicht missverstanden, was ich genau tue“, erwiderte sie schließlich. „Ich habe keine Partnerschaftsagentur. Eine Sekretärin oder einen Computerfachmann kann ich Ihnen beschaffen, eine Ehefrau nicht.“
Für den Fall, dass es sich doch noch als Scherz herausstellen sollte, lächelte sie.
Frustriert stellte Tyler sein Glas ab. Sie schien ihn und sein Anliegen noch immer nicht ernst zu nehmen!
„Ich will nicht, dass Sie mir eine Frau beschaffen“, erklärte er angespannt. „Lassen Sie es mich so erklären: Mein Ziel ist es, zu heiraten. Um es zu erreichen, brauche ich ein bisschen Training. Von Ihnen. Sie haben doch gesagt, dass Sie Kurse in Beziehungstraining geben.“
Das Wort kam ihm, wie Mary feststellte, nur widerwillig über die Lippen. Ob es am Begriff „Training“ oder „Beziehung“ lag, war ihr nicht klar. Nun war ihr Interesse geweckt. Männer wie Tyler Watts diskutierten nur über Börsenkurse, nicht über Gefühle. Zuzugeben, dass er im emotionalen
Weitere Kostenlose Bücher