Julia Extra Band 0301
sich den Kopf. „Tollpatschig wie immer“, tadelte sie sich.
Tyler hatte instinktiv den Arm ausgestreckt, um sie aufzufangen, aber es war nicht nötig, da sie sich am Kinderwagen festhielt. Rasch schob er die Hand wieder in die Jackentasche, um nichts Dummes zu tun. Zum Beispiel, Marys Hand zu nehmen und festzuhalten.
„Wie bist du mit Alan ausgekommen?“, fragte er unvermittelt. Er musste es einfach wissen!
„Ganz gut. Ich hatte gedacht, es würde vielleicht ziemlich aufwühlend, aber ich war erstaunlich ruhig. Wir hatten ein gutes Gespräch. Er hat mir gestanden, dass er wütend auf mich gewesen sei und mir deshalb mein Geld vorenthalten habe.“
Kurz warf Mary einen Seitenblick auf Tyler, der mit grimmiger Miene neben ihr herging und geradeaus sah.
„Warum hast du mir nie gesagt, dass du Druck auf ihn ausgeübt hast, mir meinen Anteil zurückzugeben?“, erkundigte sie sich.
„Ich habe nichts weiter getan, als meine Anwälte zu bitten, ihm ein bisschen Angst einzujagen. Ich fand es nicht fair, dass du seinetwegen in einer Situation warst, in der ich dich erpressen konnte, den Job bei mir anzunehmen.“
Mary lächelte. „Die Logik ist mir nicht ganz klar, trotzdem vielen Dank. Alan wurde sich wegen deines Eingreifens bewusst, dass er etwas unternehmen musste, wenn er mich zurückgewinnen wollte.“
Na toll, dachte Tyler, und das ihm mittlerweile so vertraute schwere Gefühl legte sich ihm auf die Brust. Wieso hatte er sich eingemischt?
„Er will dich also zurück haben?“, fragte er unverblümt.
„Er behauptet es. Er behauptet, er habe mich vermisst. Außerdem sagt er, ich solle doch nach Hause kommen.“
„Du gehst also wieder nach London?“ Unverwandt blickte Tyler vor sich hin, um sie nicht lächelnd nicken zu sehen.
„Nein. London ist nicht mehr mein Zuhause“, erwiderte Mary, als Tyler stehen blieb und sie verwundert ansah. „Hier bin ich zu Hause.“
„Aber … was ist mit Bea?“
„Ihretwegen bleibe ich hier. Alan würde sich mit ihr abfinden, nur um mich zurückzubekommen, aber sie verdient Besseres, als bloß geduldet zu werden – von ihrem eigenen Vater!“ Mary klang empört. „Vielleicht will sie ihn kennenlernen, wenn sie älter ist, und sie darf ihn, wie er gnädig erlaubt hat, später besuchen, aber er will sich nicht Tag für Tag um sie kümmern.“
„Da entgeht ihm aber viel“, meinte Tyler, ohne nachzudenken. Es war doch schön, wenn ein Baby einen strahlend anlächelte und die Ärmchen nach einem ausstreckte.
„Das klang vor kurzem aber noch ganz anders bei dir“, rief sie ihm ins Gedächtnis und lächelte nachsichtig.
„Stimmt.“ Nach kurzem Schweigen fragte er: „Und was ist mit dir? Du hast mir mal erzählt, wie sehr du Alan geliebt hast.“
„Ja, ich war schrecklich verliebt in ihn“, gab sie zu. „Aber damit ist es vorbei. Er war nicht für mich da, als ich ihn am meisten gebraucht hätte, und das kann ich ihm nicht verzeihen. Außerdem …“
Erschrocken verstummte sie. Außerdem liebe ich dich, hätte sie beinah gesagt. Das wäre äußerst peinlich gewesen, da er ja nur mit ihr hier spazieren ging, um weiter Tipps für seine Eroberung Fionas zu bekommen!
„Außerdem?“, hakte Tyler nach.
„Na ja … habe ich mich … gefragt, ob ich ihn jemals wirklich geliebt habe“, improvisierte Mary schnell. „Wahrscheinlich war ich nur geblendet von seiner überlegenen Persönlichkeit und Lebensart. Eine gleichberechtigte Partnerschaft hatten wir nicht. Aber jetzt sehe ich wieder klar.“
Tiefe Erleichterung durchflutete Tyler. Vielleicht würde er Mary nicht dazu bringen können, ihn zu lieben – aber wenigstens hatte sie sich nicht für Alan entschieden. Insofern war noch nicht aller Tage Abend.
„Was willst du jetzt tun?“, fragte er sachlich.
„Das, was ich seit längerem vorhatte: in die neue Wohnung ziehen, Bea eine gute Mutter sein und mir ein neues Leben einrichten.“
Und versuchen, dich zu vergessen, fügte sie im Stillen hinzu.
Sie waren an eine Bank gelangt, und Mary stellte den Kinderwagen ab, damit Bea die vorbeilaufenden Hunde beobachten konnte.
„Sollen wir uns einen Moment lang hinsetzen?“, schlug sie vor. „Oder ist dir zu kalt?“
Tyler stellte fest, dass ihm kein bisschen kalt war, denn ihre Nähe wärmte ihn von innen her. „Nein. Ich bin okay.“
„Okay … das ist dein Lieblingswort“, neckte sie ihn und setzte sich.
Der Zug an die Küste ratterte über die Eisenbahnbrücke, und in der Ferne schimmerten
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