Julia Extra Band 0301
Schließlich gab er immer noch ihm die Schuld daran, seine Tochter verloren zu haben. Und jetzt tauchte Peter schon wieder in einem kritischen Moment auf. Erst verschaffte er Ally die Gelegenheit, nach Kalifornien zu gehen, und nun hatte er sich zwischen sie und seinem zukünftigen Schwiegersohn gedrängt …
„Wir reden später darüber. Ich werde nicht lange fort sein“, sagte sie. „Die Schwestern lassen einen nie lange bleiben. Anschließend rede ich noch kurz mit Jon. Wir treffen uns in einer halben Stunde, okay?“
Peters Griff um das Lenkrad wurde immer fester. Die Fingerknöchel traten bereits weiß hervor. In seinem Kiefer zuckte ein Muskel.
Ally legte eine Hand auf seinen Arm. „Ich will nicht, dass er stirbt, Peter. Ich will nicht Schuld an seinem Tod sein.“
„Ich weiß.“ Peter stieß den angehaltenen Atem aus und lenkte den Wagen zum Haupteingang des Krankenhauses. „Dann geh.“
Ally stieg aus und wandte sich noch einmal zu ihm um. „Du brauchst nicht im Wagen sitzen zu bleiben. Wenn du willst, kannst du in der Lobby warten. Oder im Warteraum der Intensivstation.“
„Ich parke den Wagen.“
Sie beugte sich vor und küsste ihn hart auf den Mund. „Danke, Peter. Du bist der Beste.“ Damit wandte sie sich um und hastete durch die Eingangstür.
Das hatte sie an ihrem Hochzeitstag auch gesagt.
Nachdem sie die Urkunde unterzeichnet hatten und nach draußen ins helle Sonnenlicht getreten waren, hatte sie ihm lächelnd in die Augen geschaut und bemerkt: „Ich danke dir, Peter. Du bist der Beste.“
Unwillkürlich fragte er sich, ob Ally sich auch daran erinnerte.
Peter stellte den Mietwagen auf dem Parkplatz ab und steckte die Schlüssel in die Tasche. Einen Moment überdachte er seine Optionen. Allerdings nicht lange.
Um nun vor der Tür stehen zu bleiben, dafür hatte er den weiten Weg nun wirklich nicht zurückgelegt.
Ally war seine Frau, verdammt noch mal, und er liebte sie. Er würde sich nicht einmischen, würde keine zusätzlichen Probleme verursachen oder ihr und ihrem Vater Sorgen bereiten. Aber wenn Ally ihn brauchte, würde er für sie da sein … nur einen Herzschlag entfernt.
Zielstrebig machte er sich auf den Weg zum Eingang des Krankenhauses.
Während seiner Jahre in Honolulu war er schon einige Male in der Notaufnahme gewesen. In einem Sommer hatte er sich den Kopf an einem Stein blutig gestoßen, in einem Herbstmonat einen Nagel durch den Daumen geschlagen. Mit der Intensivstation hatte er jedoch noch keine Erfahrungen gemacht.
Die Station wirkte viel moderner als die Notaufnahme. Und es herrschte wesentlich mehr Ruhe. Die Krankenschwestern eilten geschäftig an ihm vorbei und schenkten ihm kaum Aufmerksamkeit. An der Rezeption erkundigte er sich nach dem Zimmer von Mr. Maruyama.
„Nummer vier“, antwortete die Schwester. „Aber Sie können nicht hineingehen. Nur Familienmitglieder haben Zutritt.“
Er hätte widersprechen können. Schließlich gehörte er zur Familie. Doch das hätte alles nur schlimmer gemacht.
Außerdem konnte er die Familie von hier aus sehen. Die Wand von Zimmer vier bestand zur Hälfte aus Glas. Die Vorhänge waren nicht zugezogen.
Ally stand neben dem Bett. Sie hielt die Hand ihres Vaters.
Sie war noch rechtzeitig eingetroffen.
Ein Mann in einem weißen Kittel ging an ihm vorbei und streifte dabei seinen Ellenbogen. „Entschuldigung.“ Ohne sich umzusehen, betrat der Unbekannte das Zimmer von Allys Vater.
Peter beobachtete, wie der Mann Ally fest in die Arme schloss. Ein freudiger Ausdruck flackerte über das Gesicht ihres geschwächten Vaters.
Jon.
Peter rührte sich nicht, starrte nur aus sicherer Entfernung in das Zimmer.
Was sie miteinander sprachen, konnte er zwar nicht hören. Aber das war auch nicht nötig. Er sah, wie Jon das Kommando übernahm. Seine Miene wirkte besorgt, während er sich mit Mr. Maruyama unterhielt, wurde jedoch sanfter, wann immer er zu Ally schaute. Peter verspürte ein flaues Gefühl im Magen.
Er sah, wie der alte Mann Allys und Jons Hände ineinander legte. Ally zögerte einen winzigen Moment, ließ dann aber zu, dass Jon seine Finger um ihre schloss.
Am liebsten wäre Peter in den Raum gestiefelt und hätte die Hände auseinandergerissen. Er wollte das Lächeln aus Jons glücklichem Gesicht vertreiben und die Zufriedenheit aus dem von Allys Vater. Er wollte sagen: „Sie gehört zu mir, verdammt noch mal! Sie ist meine Frau. Ich liebe sie!“
Und genau diese Liebe hielt ihn jetzt davor
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