Julia Extra Band 0301
nie gesagt. Sicher, er hatte mit ihr geschlafen, ja. Hatte sie ganz willenlos vor Lust und ganz heiß vor Verlangen werden lassen. Seine Weigerung, die Scheidungspapiere zu unterschreiben, lag allein darin begründet, dass es praktisch für ihn war, verheiratet zu sein.
Aber er liebte sie nicht.
Oder vielleicht doch?
Zum ersten Mal fielen ihr keine Gründe ein, weshalb sie wollen könnte, dass er sie nicht liebte. Mittlerweile war sie erwachsen genug, sich nicht vor dem zu fürchten, was Liebe bedeutete.
Sie besaß die Stärke und das Selbstbewusstsein, die aus dem Gefühl resultierten, zu wissen, wer sie war. Endlich war sie bei sich selbst angekommen. Der Weg war hart gewesen, aber jedes Steinchen wert.
Ohne Peters Geschenk wäre sie niemals angekommen. Sein Geschenk bestand nicht nur in dem Gefallen, sie zu heiraten, sondern in seiner seit zehn Jahren anhaltenden Liebe.
Peter Antonides liebte sie.
Ja, er war fortgegangen. Aber nicht, weil er sie nicht liebte, sondern eben weil er sie liebte.
Warum hätte er sie sonst nach Hawaii begleiten sollen, wenn sie ihm gleichgültig war?
Er hätte sie ins Flugzeug setzen, ihr ein letztes Mal zuwinken und sein altes Leben weiterführen können.
Warum hätte er sie seinen Eltern vorstellen sollen? Er brauchte sie nicht, um Connie Cristopolous abzuwehren.
Er hatte sie ins Haus seiner Eltern mitgenommen, um ihr zu zeigen, was ihr fehlte.
Warum hätte er irgendetwas davon tun sollen, wenn er sie nicht liebte?
Nein, wurde Ally jetzt klar, es war nicht Peter, der sie nicht liebte oder kein Vertrauen in die Liebe besaß.
Sie war es.
Oder genauer, die alte Ally. Die ängstliche Ally. Die Ally, deren Mutter viel zu früh gestorben war und deren Vater Liebe mit Pflichterfüllung und Befehlen gleichzusetzen schien.
Aber die neue Ally – die Ally von heute – wusste es besser.
Diese Ally begann zu verstehen, worum es in der Liebe wirklich ging. Sie hatte es gesehen. Es gefühlt.
Er glaubte an sie. Setzte sein Vertrauen in sie. Schenkte ihr selbstlos zehn Jahre seines Lebens, ohne dafür auch nur das Geringste zu verlangen.
Ally war sich nicht ganz sicher, wann sie anfing zu weinen.
Ihr Vater bekam jedenfalls nichts davon mit. Mittlerweile ging es ihm ein bisschen besser, und er sah auch nicht mehr so zerbrechlich aus.
Was würde passieren, wenn sie ihm von Peter erzählte?
Ally wusste es nicht.
Sie konnte immer noch den vernünftigen Weg wählen, die Scheidung einreichen, Jon heiraten, ein Kind bekommen und ihren Vater glücklich machen. Alles ohne Peter.
Denn er liebte sie genug, um ihr diese Freiheit zu schenken.
Aber wenn sie das alles tat, dann würde ihr die Hälfte ihrer Seele für immer fehlen.
Edelmut und Opferbereitschaft waren großartige Tugenden. Man konnte viel Gutes über sie sagen.
Aber manchmal, wie jetzt zum Beispiel, dachte Peter, während er eine weitere Lackschicht auf die Verandabohlen seines Hauses auftrug, reichte das nicht. Die Sonne brannte vom Himmel, und er wusste, er sollte entweder ein T-Shirt anziehen oder seinen nackten Oberkörper mit Sonnenschutz eincremen.
Aber vielleicht half der Schmerz eines ordentlichen Sonnenbrandes, seine Gedanken von Ally abzulenken.
Es machte überhaupt keinen Sinn, an Ally zu denken. Der Groschen war endlich gefallen. Kaum dass er wieder in New York gelandet war, hatte er die Scheidungspapiere unterschrieben und abgeschickt.
Ja, er liebte sie. Ja, er wollte sie. Und ja, vielleicht hätte er sie überzeugen können, mit ihm verheiratet zu bleiben.
Aber zu welchem Preis?
Dem Tod ihres Vaters?
Nein. Er mochte egoistisch sein. Er mochte seine Ziele unbarmherzig verfolgen. Allerdings würde er dabei niemals den Tod eines Unschuldigen in Kauf nehmen.
Sein Rücken tat höllisch weh. Es war eine ziemlich große Veranda. Und Peter war nicht mehr an körperliche Arbeit gewöhnt. Höchste Zeit, dass er seinen Platz hinter dem Schreibtisch geräumt hatte.
Elias und Lukas passte es gar nicht, dass er gegangen war.
„Wie lange wirst du fort sein?“, hatte Lukas gefragt.
„Weiß nicht. Ich brauche ein bisschen Zeit.“
„Firmenchefs machen sich nicht einfach aus dem Staub“, fügte Elias missbilligend hinzu.
„Ach, nein?“ Peter hielt ihren eisigen Blicken stand. „Irgendwie meine ich mich zu erinnern, du hättest dasselbe getan.“
Seine Brüder murrten lautstark. „Ihr schafft das schon“, entgegnete er unbeeindruckt. „Ich komme ja wieder zurück.“
„Mmm, zweite Flitterwochen?“,
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