Julia Extra Band 0302
sich eine gefüllte Olive von der Vorspeisenplatte und schob sie sich in den Mund. Er hatte sich noch nie von seiner Schwester aushorchen oder herumkommandieren lassen und hatte das auch jetzt nicht vor.
„Ich höre, Bruderherz.“ Ungeduldig funkelte sie ihn an.
„Natasha Telford ist eine Freundin von mir. Mehr brauchst du nicht zu wissen.“ Und mehr wirst du von mir auch nicht erfahren, fügte er im Stillen hinzu.
Je mehr Gina wusste, desto mehr würde sie Natasha auf der Party ausfragen und ihr das Leben zur Hölle machen. Das wollte er ihr gern ersparen. Sie hatte so unglaublich viel für ihn getan, und er war ihr außerordentlich dankbar. Natasha hatte es nicht verdient, einem von Ginas berüchtigten Verhören ausgesetzt zu werden. Niemand hatte so etwas verdient!
Natürlich reichte Gina diese Antwort nicht. Unwillig wandte sie sich ab. „Du hast viele Freundinnen auf der Welt. Auf eine mehr oder weniger kommt es wohl kaum an.“
„Natasha ist anders.“
Verflixt, jetzt hatte Gina doch noch eine Information aus ihm herausgeholt.
„Aha. Und wie ist sie so?“ Seine Schwester hakte natürlich sofort nach.
Dante fluchte unterdrückt. „Sie ist eine sehr nette junge Dame, und ich möchte, dass du sie in Ruhe lässt. Hast du mich verstanden?“
„Klar.“
Ginas selbstzufriedenes Lächeln sprach Bände. Vielleicht hätte er Natasha doch nicht bitten sollen, ihn zum Kindergeburtstag zu begleiten. Aber er sehnte sich so sehr danach, möglichst viel Zeit mit ihr zu verbringen. Er wollte sie gern näher kennenlernen, und er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.
Sie sollte ihn im Umgang mit seiner Familie erleben, ganz privat, nicht als den Herrscher von Calida.
In wenigen Tagen kehrte er zurück in sein Fürstentum und musste sich wahrscheinlich mit einer Frau verloben, die er nicht liebte.
Es war ihm wichtig, dass Natasha ihn in gutem Licht sah. Er fand sie sehr sympathisch, sie war wunderschön, und er wollte mehr von ihr. Für eine kurze Affäre war sie ihm allerdings zu schade. Doch mehr konnte er ihr nicht bieten, oder doch?
Wenn er an Natasha dachte, konnte er kaum einen klaren Gedanken fassen. Sie vernebelte ihm die Sinne. Dabei war doch gerade jetzt sein glasklarer Verstand gefragt. Schließlich musste er überlegen, was er tun sollte. Er begehrte Natasha. Noch nie hatte eine Frau ihn so stark angezogen. In ihrer Gesellschaft lebte er richtig auf. Und er liebte das Strahlen ihrer haselnussbraunen Augen, wenn sie ihn anschaute.
„Oh, Dante!“
„Was ist denn?“
Gina drohte ihm spielerisch mit dem Finger. „Du hast plötzlich so einen merkwürdigen Gesichtsausdruck, großer Bruder.“
„Wahrscheinlich sind mir deine grässlichen Gnocchi nicht bekommen.“
„Auf mich wirkte es eher so, als würdest du gern das Eine ohne das Andere zu müssen.“
„Was soll das denn heißen?“ Natürlich hätte er ihre Bemerkung einfach ignorieren sollen. Nun war es zu spät. Gina war nun richtig in ihrem Element.
„Wir wissen ja beide, dass Mutter dich unter die Haube bringen will, sobald dein Flieger in Calida aufgesetzt hat. Sie dankt erst ab, wenn du verlobt bist. Diese Geschichte mit deiner Freundin Natasha ist deine Art, zu haben, was du möchtest, bevor du bekommst, was du nicht willst.“
Gina lächelte ein wenig wehmütig. „Ich beneide dich nicht. Es muss schrecklich sein, wenn andere über dein Leben bestimmen.“
Du hast ja keine Ahnung, dachte Dante. „Das ist nun mal mein Schicksal“, sagte er laut.
„Ja, aber ist es auch das, was du willst?“
Dante musterte seine Schwester erstaunt. So ernst kannte er sie gar nicht. Und seit wann verfügte sie über Einfühlungsvermögen?
„Es spielt keine Rolle, was ich will, Gina“, antwortete er schließlich.
Das war ihm seit frühester Kindheit eingeimpft worden. Wenn die anderen Kinder vergnügt von den Klippen ins Meer sprangen, hielten ihn die Leibwächter zurück.
Als Teenager wäre er gern mit seinen Freunden auf alten Motorrollern über die Insel gedüst, doch er musste sich ja um den Sohn des Königs der Nachbarinsel kümmern. Und so ging es immer weiter. Als er schließlich volljährig war, hätte er ja ausbrechen und tun und lassen können, was er wollte. Doch sein Verantwortungsbewusstsein ließ das nicht zu. Also hatte er sich in der hohen Kunst der Diplomatie unterweisen lassen und acht Fremdsprachen gelernt.
Was er wollte, spielte wirklich keine Rolle.
Gina kam auf ihn zu und nahm ihn kurz in den Arm. „Du
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