Julia Extra Band 0302
mehr entdecken. Schlag ihn dir aus dem Kopf, ermahnte sie sich erneut. Er ist nicht gut für dich. Es kann nicht funktionieren.
Sie stand auf und beschloss, sich in die Schlange einzureihen, die auf die herzhaft duftenden Steaks und Würstchen wartete. Völlig unerwartet sah sie ihn dort. Er stand mit dem Rücken zu ihr, doch als habe er ihren Blick gespürt, drehte er sich um, ehe sie in eine andere Richtung schauen konnte. Wieder schien sich die Luft mit Spannung aufzuladen. Es war eine fast körperliche Anziehungskraft, die von ihm ausging. Seine Augen signalisierten ihr: „Ich weiß, wo du jetzt sein möchtest, und du musst nur ein paar Schritte zu mir kommen.“ Sie atmete tief durch und sah, dass seine Lippen sich zu einem kleinen Lächeln verzogen.
„Hier bist du!“ Nicks Stimme riss sie aus der Betrachtung, und Aimi wandte sich hastig um.
„Oh, Nick!“, rief sie, halb erleichtert, halb enttäuscht, dass er diesen verzauberten Moment zerstört hatte. „Du hast mich zu Tode erschreckt.“
„Das tut mir leid. Du warst vollkommen in Gedanken versunken“, entschuldigte sich Nick.
Aimi versuchte, Jonas aus ihrem Kopf zu verbannen, und konzentrierte sich auf Nick. „Was wollte das Krankenhaus?“
„Sie haben einen Notfall. Es kann sein, dass ich noch operieren muss. Deshalb haben sie mich gebeten, mich bereitzuhalten. Es sieht so aus, als müsste ich noch heute zurückfahren.“
Verständnisvoll nickte Aimi. Schließlich war das sein Job. „Natürlich. Wenigstens hast du deine Familie sehen können.“
„Du bist eine tolle Frau. Immer behältst du einen kühlen Kopf“, merkte er bewundernd an, und Aimi musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzulachen. Seinem Bruder gelang es gerade mühelos, ihr den Verstand zu rauben. Doch Nick ahnte nichts von ihren Gedanken, sondern schob sie zum Buffet. „Komm, lass uns etwas essen. Ich bin fast verhungert. Ich muss fit sein, wenn die Operation tatsächlich ansteht.“
Aimi ließ sich von ihm lenken, doch sie sandte einen letzten Blick zurück. Jonas stand noch immer am gleichen Platz und sah zu ihr herüber. Rasch wandte sie ihr Gesicht ab.
Den Rest des Tages war sie behütet von der großen Familie, die zunächst Berge von Fleisch, Salaten und Brot vertilgte und dann mit großem Ernst ein Spiel spielte, dessen Regeln sich Aimi nicht erschlossen, das jedoch so lustig war, dass sie sich nach einiger Zeit die Seiten halten musste vor Lachen. Gegen Abend neigte sich das Treffen seinem Ende, und als die übrigen Familienmitglieder abgefahren waren, lag das Haus wieder ruhig und friedlich da.
Nach dem opulenten Barbecue und aufgrund der anhaltenden Hitze hatte niemand mehr großen Appetit. Maisie, die Haushälterin, hatte Salat und Auflauf für ein kleines Dinner vorbereitet, und unter Gelächter und Neckereien versammelten sie sich noch einmal am Tisch. Aimi versuchte, sich auf die Gespräche zu konzentrieren und nicht an Jonas zu denken, der weit genug entfernt von ihr saß. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, doch sie bot alle Kraft auf, es Jonas nicht spüren zu lassen.
Aimi und Paula hatten angeboten, das Geschirr abzuwaschen, und noch während sie dabei waren, piepte Nicks Notrufsender erneut. Er rief im Krankenhaus an, und schnell war klar, dass er noch heute nach London zurückreisen musste. Als er auflegte, fragte Aimi: „Soll ich irgendwelche Termine für dich verschieben?“
„Ich sage dir Bescheid. Aber das viel größere Problem ist, dass ich von hier direkt ins Krankenhaus fahre und nicht zurückkommen werde. Wie kommst du nach Hause?“
„Mach dir darüber keine Gedanken. Ich nehme sie mit, wenn ich am Montag zurückfahre“, bot Jonas an. Instinktiv wollte Aimi das Angebot höflich ablehnen. Doch Nick kam ihr zuvor.
„Das ist eine gute Idee, Jonas. Dann hast du noch Zeit für weitere Recherchen, Aimi.“ Er sah Aimi mit einem so erleichterten Lächeln an, dass es ihr unmöglich war, nicht zuzustimmen.
Also musste sie noch zwei Tage länger die Gegenwart von Jonas ertragen, machte sie sich resigniert klar. Dann atmete sie einmal tief durch und lächelte ihn freundlich an. „Danke. Das ist sehr freundlich von Ihnen“, bemühte sie sich und registrierte den Glanz, der in seine Augen trat.
„Ich tue es gern“, betonte er.
Nick rieb die Handflächen gegeneinander, in Gedanken war er bereits bei der Operation. „Gut, das ist also geklärt. Jetzt muss ich mich beeilen.“
„Ich helfe dir beim Packen“, bot Aimi an und
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