Julia Extra Band 0302
an den Kopf werfen, dass diese Bitte ziemlich sexistisch und unpassend ist und ihn niemand daran hindert, sich den Kaffee selbst zu kochen.
Aber so etwas sagte man natürlich nicht zum Geschäftsführer der Firma, für die man arbeitete. Einmal abgesehen von seiner Machtposition verbot schon seine bloße Ausstrahlung eine derartige Anmaßung. Außerdem war er es schließlich gewohnt, dass Frauen um ihn herum wuselten und auf seinen Fingerzeig hin beinahe alles für ihn taten.
Seufzend ging sie zur Kaffeemaschine, die wie ein Raumschiff von einem anderen Stern aussah, machte einen starken Espresso und brachte ihn Salvatore.
„Ihr Kaffee, Sir“, sagte sie trocken.
Als sie sich zu ihm beugte, atmete er den Geruch von Limonen vermischt mit einem relativ billigen Parfumduft ein und war für einen Moment wie von Sinnen. Plötzlich überkam ihn ein kühner Gedanke, von dem er noch Sekunden zuvor nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
Angenommen, er käme in Begleitung einer Dame zum Essen, die mit Sicherheit einige Aufmerksamkeit auf sich zog … Man würde automatisch annehmen, Salvatore Cardini wäre vergeben. Obendrein war Jessica eine ungewöhnliche Erscheinung, die den anwesenden Frauen reichlich Gesprächsstoff für Spekulationen und Lästereien bot. Und damit brachte er sich selbst aus der Schusslinie …
Noch immer peitschte der Regen gegen die Fensterscheiben. Schweigend sah Salvatore zu, wie Jessica mit einem anderen Tuch Gegenstände auf einer Anrichte abstaubte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war sie für ihn nicht mehr als das zweidimensionale Abziehbild einer Frau gewesen. Wie ein Stück Papier, das eine weibliche Gestalt abbildet. Seit wenigen Minuten aber nahm er sie mit allen Sinnen wahr, und ihre Erscheinung machte mehr und mehr Eindruck auf ihn. In Bezug auf Frauen besaß Salvatore normalerweise ein gutes Auge, und jetzt betrachtete er seine Putzkraft zum ersten Mal mit dieser ihm eigenen maskulinen Aufmerksamkeit.
Ihre Hüften waren feminin gerundet, und die Taille wirkte selbst unter dem weiten Kleidungsstück auffallend schmal. Aber beruflich wie privat legte er Wert darauf, so viele Fakten wie möglich in die Waagschale zu werfen, bevor er eine Entscheidung traf. Er verließ sich niemals ausschließlich auf seinen Instinkt. Und Jessica schien ohnehin für seine Zwecke relativ unpassend.
„Wie alt sind Sie?“, fragte er unvermittelt. Als er sie ansah, bemerkte er, wie ruhig ihre grauen Augen wirkten – wie Felsen in einer stürmischen Brandung.
Sie ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken. Dabei war das eine ziemlich persönliche Frage aus dem Mund eines Mannes, der sie in der Vergangenheit eher wie ein Möbelstück behandelt hatte.
„Ich? Dreiundzwanzig“, antwortete sie irritiert.
Sein Blick fiel auf ihre Hand. Kein Ring, aber das bedeutete heutzutage nicht viel. „Und Sie sind nicht verheiratet?“
„Verheiratet? Ich? Lieber Himmel, nein, Sir!“
„Dann wartet zu Hause auch kein eifersüchtiger Freund auf Sie?“, erkundigte er sich leichthin.
„Nein, Sir.“ Warum will er das wissen?, wunderte sie sich.
Salvatore nickte zufrieden. Das hatte er sich schon gedacht. Mit einer Handbewegung wies er auf den Putzeimer. „Und diese Arbeit hier erfüllt Sie?“
Leicht misstrauisch kniff sie die Augen zusammen. „Warum sollte sie mich erfüllen? Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Sir.“
„Tun Sie nicht? Dabei erscheinen Sie mir einigermaßen intelligent“, erwiderte er gelassen. „Eine junge Frau Ihres Formats hätte bestimmt ganz andere Möglichkeiten im Leben, als ihr Geld mit Gebäudereinigung zu verdienen.“
Diese Bemerkung versetzte Jessica einen schmerzhaften Stich. In seiner Überheblichkeit ließ er sie dastehen wie einen hirnlosen Roboter mit Kittelschürze, was erneut seine Arroganz und einen deutlichen Mangel an Fantasie bewies.
Stumm zählte Jessica bis zehn. Ihr war klar, dass sie verschiedene Möglichkeiten hatte. Sie könnte den vollen Putzeimer über seinem Kopf ausleeren und zusehen, wie ihm das schmutzige Wasser über das spöttische Gesicht rann. Bestimmt war es im höchsten Maße befriedigend, die Verblüffung und den Schreck in seinen Augen zu sehen. Aber natürlich würde sie diesem Impuls im Traum nicht nachgeben, denn das wäre buchstäblich ihr Ende.
Oder sie könnte ihm ruhig und überlegt antworten, wie es ihrem Intellekt entsprach. Vielleicht würde ihm dann sein ätzender Sarkasmus im Hals steckenbleiben.
„Ich bin nicht
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