Julia Extra Band 0302
Leute die Wahrheit wüssten.
„Amüsierst du dich über irgendetwas?“, erkundigte sich Salvatore und rückte ihr den Stuhl zurecht.
Geduldig ließ sie sich von einem Kellner die Leinenserviette richten. „Ich hoffe nur, ich greife heute nicht nach der falschen Gabel“, scherzte sie halbherzig.
Er lachte. „Dann geht es dir wie mir bei meinem ersten Besuch im Ausland. Es ging nach Frankreich, und einer meiner Onkel lud mich in das populärste Restaurant von Paris ein. Jedes Gedeck bestand aus etwa fünfzig Teilen, von denen mir nur die wenigsten bekannt waren, und um mich herum saß die créme de la créme der Pariser Gesellschaft.“
„Hattest du Angst?“, fragte Jessica neugierig und vergaß für einen Moment ihre eigene Nervosität. Den ganzen Tag über hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wie der Abend wohl ausgehen würde.
Es würde ihr nicht helfen, wenn er ihr erklärte, dass er nie vor etwas Angst hatte und Männer im Allgemeinen das starke Geschlecht waren. Andererseits wollte er aber auch keine verweichlichte Persönlichkeit von sich erfinden, nur damit sie sich besser fühlte.
„Nein. Ich habe meinen Onkel beobachtet und exakt kopiert. Der einzige Unterschied zwischen uns bestand darin, dass er im Gegensatz zu mir etwas auf dem Teller zurückließ. Das gehörte damals zum guten Ton, um sich von den gewöhnlichen Bürgern abzuheben. Aber ich war jung und hatte Hunger, also habe ich alles aufgegessen. Jeden einzelnen Krümel.“
Es gefiel Jessica, Einzelheiten aus Salvatores Vergangenheit zu erfahren. Das ließ ihn menschlicher und zugänglicher erscheinen, und außerdem konnte sie die neue sexuelle Atmosphäre zwischen ihnen so für einen Augenblick vergessen. Jessica stellte sich vor, mit Salvatore aus dem einfachen Grund allein zu sein, weil sie sich mochten – mehr nicht.
„Und bestimmt war es das beste Essen, das du jemals gegessen hast?“
„Ganz im Gegenteil“, gab er zu. „Es gab ein so aufwendiges, kompliziertes Menü, dass man die ursprünglichen Zutaten überhaupt nicht mehr identifizieren konnte. Das beste Essen ist schlicht zubereitet und frisch, je frischer, desto besser. Zum Beispiel ein Fisch, den du eigenhändig aus den Fluten gezogen und auf ein offenes Grillfeuer gelegt hast. Auch Obst schmeckt am besten, wenn es selbst gepflückt ist.“
Unbeabsichtigt war ihre Unterhaltung sinnlicher geworden, und Salvatore betrachtete Jessica gedankenverloren. Er begehrte sie, das konnte er nicht leugnen. Seine Lust auf sie war überwältigend stark. Schon das ganze Wochenende über hatte er von ihrem exotischen Duft geträumt und sich vorgestellt, was er mit ihr anstellen würde, wenn sie endlich körperlich zueinanderfanden.
Ungeduldig winkte er einen Kellner heran, um das Essen zu bestellen. Er wollte den offiziellen Teil des Abends schnell hinter sich bringen und mit Jessica allein sein. Ihr fiel sofort auf, was mit Salvatore geschehen war. Plötzlich lag eine knisternde Spannung in der Luft, und Jessica zwang sich zu einem Lächeln. Dabei faltete sie die Hände, damit sie nicht zu stark zitterten, während Salvatore für sie beide bestellte: Meeresfrüchte, Steaks, Salat und eine Flasche Barolo.
„Also, wo gehst du für gewöhnlich essen?“, erkundigte er sich anschließend.
„Meistens in kleine Bistros“, antwortete sie und hatte Mühe, den richtigen Gesprächston zu treffen. Was ihr nicht ganz leichtfiel, weil sie wusste, dass Salvatore sich nicht ernsthaft dafür interessierte, wo sie zum Essen hinging.
Der Beweis dafür folgte prompt, denn er wechselte umgehend das Thema. „Du siehst heute Abend bezaubernd aus“, sagte er sanft.
„Wirklich?“
„Allerdings. Du bist kaum wiederzuerkennen. Diese Farbe steht dir ganz wunderbar.“
„Danke schön.“ Unsicher fuhr sie sich mit der Zunge über die Unterlippe. Sie hatte sich auch dieses Abendkleid von Willow geborgt, obwohl ihre Freundin es dieses Mal nicht ganz so bereitwillig wie beim letzten Mal aus der Hand gab. Blass und ungläubig hatte sie die Neuigkeit aufgenommen, dass Salvatore erneut mit Jessica ausgehen wollte.
Und diese fühlte sich in ihrer jetzigen Lage äußerst unwohl. Beim letzten Dinner hatte sie nur eine Rolle gespielt, aber diese Verabredung war ihre eigene Idee gewesen. Sie wollte sich damit Respekt verschaffen, der unter diesen Umständen aber niemals aufrichtig oder überzeugend sein konnte. Vielmehr bedeutete er nur eine weitere Farce, die irgendwann dazu führen würde, dass
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