Julia Extra Band 0302
seine sinnliche Ausstrahlung stark machen, nahm sie sich vor. Früher oder später wird er dieser Scharade überflüssig werden und mich in Ruhe lassen.
„Allerdings, das ist absolut kein Wunder“, bestätigte sie und stellte sich absichtlich dumm. Geschäftig griff sie nach einer Flasche Putzmittel. „Das Essen war schon ziemlich mächtig.“
„Du hast doch kaum etwas zu dir genommen“, wunderte er sich laut.
„Dass dir das überhaupt aufgefallen ist …“
„Allerdings ist mir das aufgefallen“, warf er ein und betrachtete sie provozierend. „Obendrein habe ich bemerkt, dass Jeremy Kingston dich ausgesprochen faszinierend fand.“
„Nur weil ich mit ihm übers Angeln geredet habe. Er sagte, er sei es leid, ständig danach gefragt zu werden, welche Bank er denn als Nächstes übernehmen werde.“
„Ist dir klar, dass er einer der einflussreichsten Finanziers in ganz Europa ist?“
„Nein, warum sollte es?“, konterte sie. „Finanzen interessieren mich nicht. Das sind böhmische Dörfer für mich. Kann ich jetzt endlich anfangen zu putzen?“
„Normalerweise fragst du nicht.“ Er legte seine gespreizten Finger aneinander.
Normalerweise denke ich auch nicht pausenlos darüber nach, wie sich deine Lippen auf meiner Haut anfühlen, dachte sie. „Nein, tue ich nicht“, bestätigte sie laut. „Aber unter diesen Umständen mache ich einmal eine Ausnahme.“
Mit gerunzelter Stirn beobachtete er Jessica dabei, wie sie sich an ihre Arbeit machte. Was hatte er denn auch erwartet? Dass sie sich an diesem Abend für ihn aufstylen würde, um mit ihm zu flirten? Vielleicht ein paar Knöpfe an ihrem entzückenden Overall öffnete? Oder dass sie sich bewusst scheu verhielt, weil sie wusste, dass es Männer um den Verstand brachte? Selbst wenn diese wussten, dass sie absichtlich manipuliert wurden …
Nichts von alledem war eingetreten. Jessica tat einfach so, als wäre überhaupt nichts zwischen ihnen vorgefallen.
Eigentlich war tatsächlich nicht viel passiert. Salvatores Körper erinnerte ihn praktisch pausenlos daran, und die ungestillte Lust auf sie frustrierte ihn allmählich. Geräuschvoll stand er auf und folgte ihr ins Nebenzimmer. „Normalerweise weichst du mir nicht so aus, Jessica“, begann er.
Sie wirbelte herum und wäre beinahe mit ihm zusammengestoßen. In diesem Moment verließ sie ihr bisheriger Mut. „Das ist richtig“, antwortete sie darum ausweichend.
„Und du siehst mich sonst auch nicht so an, als wäre ich ein großer, böser Wolf“, fuhr er fort.
Krampfhaft bemühte Jessica sich um einen möglichst gleichgültigen Gesichtsausdruck, was ihr unerhört schwerfiel. „Ach, nein?“
Sein Lächeln war hölzern. „Du weißt, wovon ich spreche.“
Warum quält er mich so, dachte sie verzweifelt. Merkt er denn gar nicht, dass ich Gefühle für ihn habe, die ich vernünftigerweise versuche zu unterdrücken? Mit einem Mal wurde Jessica unendlich traurig.
Für gewöhnlich konnten sie sich relativ zwanglos unterhalten. Es geschah oft, dass ein reicher Unternehmenschef sich seinem Fahrer oder sogar der Frau anvertraute, die seine Pediküre machte. Soziale Gegensätze konnten sich durchaus anziehen, aber in den meisten Fällen bedeutete dieses Verhältnis nichts Ernsthaftes. Es funktionierte nur auf der Basis, dass beide Parteien sich ihrer jeweiligen Position bewusst waren. Gewisse Grenzen durften nicht überschritten werden.
Bis zum gestrigen Abend hatte die Arbeitsbeziehung zwischen Jessica und Salvatore auch so reibungslos funktioniert. Dann hatten sie die unausgesprochenen Regeln verletzt, und das nicht zu knapp! Die Einladung zum Abendessen hätte eine bedeutungslose Ausnahme darstellen können, was anschließend geschehen war, dagegen nicht.
Es war nicht mehr zurückzunehmen, was Jessica gestern beinahe zugelassen hätte. Und obwohl sie dem leidenschaftlichen Ausrutscher schnell ein Ende gesetzt hatte, sehnte sich ihr Körper nach Salvatore, das konnte sie nicht leugnen.
Wenn sie sich nun gestattete, in Träumereien zu versinken, würde das alles nur noch schlimmer machen. Sie lebten in zwei unterschiedlichen Welten, die nichts miteinander zu tun hatten. Daher musste sie wohl weiterhin ertragen, dass der schöne, wohlhabende Salvatore für sie unerreichbar blieb.
Er meint es nicht ernst, erinnerte sie sich streng. Es hat überhaupt keinen Zweck, auf seine Neckereien einzugehen.
Sie konnte sich unprofessionelles Verhalten weder finanziell noch emotional leisten. Wenn
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