Julia Extra Band 0302
eine wachsame Stimmung. Denn genau in diesem Augenblick mussten die Regeln und Grenzen für eine eventuelle Affäre festgelegt werden, bevor es zu Missverständnissen kam. Andererseits war Jessica doch bestimmt vernünftig genug, um zu wissen, dass es keine richtige Zukunft für sie beide geben konnte, oder?
„Ja.“ Er gähnte genüsslich. „Ich habe jetzt einen Bärenhunger. Du auch?“
Gern hätte sie ihm geantwortet, dass ihr Hunger nicht nach Nahrung verlangte, sondern nach ihm. Aber etwas war plötzlich anders, das spürte sie deutlich. Salvatore hatte sich von ihr zurückgezogen, auf mehr als nur eine Art. In dieser bizarren Situation reagierte sie mit Sicherheit übersensibel, aber auch ohne ihre Empfindsamkeit war sein Stimmungswechsel offensichtlich. Er gab sich betont kühl.
Und was passiert jetzt?, fragte sie sich. Soll ich mich anziehen und so schnell wie möglich nach Hause fahren?
„Ich gehe eben und hole uns etwas zu essen“, schlug er vor.
Unwillkürlich verabscheute Jessica sich für die Erleichterung, die sie bei seinen Worten empfand. Immerhin entließ er sie nicht wie eine Dienerin, derer er überdrüssig geworden war. Es war erbärmlich, aber sie wollte es trotzdem Salvatore überlassen, ihr weiteres Schicksal zu bestimmen.
In seinen Armen fühlte sie sich lebendig, mutig, schön und stark. Mit diesem neuen Identitätsgefühl musste Jessica sich erst noch arrangieren. Es war aufregend, ungewohnt und so schwer zu fassen, dass sie es vorerst gern Salvatore überließ, die Zügel für das weitere Vorgehen in die Hand zu nehmen.
„Ja, gern“, stimmte sie zu. Seit Tagen hatte sie nicht mehr richtig gegessen. Am Wochenende hatte sie nicht einmal den berühmten Zitronenkuchen ihrer Großmutter angerührt, obwohl er zu ihren absoluten Lieblingsspeisen gehörte. Aber was hätte sie der geliebten Frau, die sie nach dem Tod der Eltern großgezogen hatte, sagen sollen? Ich habe meinen Appetit verloren, Grandma, weil ich am Dienstag mit meinem Chef ins Bett gehen will? Wohl kaum!
Splitternackt sprang Salvatore aus dem Bett und lachte Jessica an. „Na, dem Himmel sei Dank“, seufzte er. „Dass du im Restaurant keinen Bissen hinunterbekommen hast, war ja verständlich. Aber ich kann Frauen nicht ausstehen, die sich ständig nur runterhungern.“
„Ähm, nein, ich auch nicht.“ Unwillkürlich dachte sie an Willow, die ihr vermutlich niemals glauben würde, dass es einen Mann mit dieser Einstellung gab. „Soll ich mit aufstehen?“
Zufrieden betrachtete er ihre zerzausten Haare, die geröteten Wangen und die glänzenden, grauen Augen, während er einen Morgenmantel überzog. „Nein, bleib genau dort, wo du bist! Du siehst hinreißend aus. Wir werden im Bett picknicken.“
Nachdem er gegangen war, eilte Jessica ins Bad und versuchte, ihre zerwühlten Haare zu richten. Anschließend schlüpfte sie wieder ins Bett und wartete dort auf Salvatore, der wenig später mit einem riesigen, schwer beladenen Tablett in den Händen erschien.
Champagner, Weintrauben, aufgebackenes Brot, eine große Holzschachtel mit verschiedenen Käsesorten und eine Packung Pralinen.
„Das sieht ja wunderbar aus“, rief sie erfreut.
Ihm entging Jessicas Unsicherheit nicht. Er stellte das Tablett ab und nahm sie in die Arme. „Du hast dir die Haare gebürstet“, bemerkte er.
„Ja, ich habe sie mit deinem Kamm bearbeitet. Den habe ich mir kurz ausgeliehen“, fügte sie etwas kleinlaut hinzu. „Ich hoffe, das ist okay?“
Hinter dieser Frage standen noch tausend andere, das merkte Salvatore sofort. Aus Erfahrung wusste er, dass kurz nach dem Liebesakt der beste Zeitpunkt war, die Spielregeln festzulegen. Denn dann waren die Frauen am offensten und verletzlichsten.
„Du kannst dir alles ausleihen, solange du hier bist“, erwiderte er leichthin.
Diese Worte sollten sie beruhigen, aber das Gegenteil war der Fall. Jessica erkannte, dass sie unbedingt wissen musste, wo sie stand. Bei der Arbeit war sie bloß seine Angestellte, aber gerade hatte sie mit ihm das Bett geteilt. Darum besaß sie wohl das Recht zu erfahren, was er von ihr wollte.
„Du hast mir vorhin eine Frage gestellt“, begann sie.
Er hob die Augenbrauen. „Und die wäre?“
„Du wolltest wissen, ob ich noch Jungfrau bin. Wieso?“
Am liebsten hätte er dort weitergemacht, wo sie vor kurzem aufgehört hatten. Doch wegen ihrer Frage hielt er sich zurück und konzentrierte sich auf die Klärung ihres Verhältnisses.
„Weil das Einfluss
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