Julia Extra Band 0303
dass es nie Kopfgeldjäger auf den Inseln gegeben hat.“
Kirsten drückte lächelnd seine Hand und fühlte sich gleich besser.
Als Prinz Maxim in Begleitung seiner Schwester, Prinzessin Giselle, weiteren Familienmitgliedern und engen Freunden in dem überhitzten Saal erschien, ging ein unterdrücktes Raunen durch die Reihen der bereits anwesenden Eltern.
„Na, da sind wir wohl gerade noch rechtzeitig gekommen“, murmelte Maxim, nachdem er in der reservierten Reihe vor seinem Cousin Platz genommen hatte. „Und, wie fühlt sich die Mutter des Helden?“, fragte er launig über die Schulter nach hinten.
„Hin- und hergerissen zwischen nervösem Nägelkauen und unbändigem Stolz“, gestand Kirsten lächelnd. Ihre anfängliche Scheu vor der königlichen Familie war längst überwunden.
Allgemein hatte sie sich bereits ganz gut an ihre veränderten Lebensumstände gewöhnt. Manchmal fehlte ihr der gewohnte Job, doch da sie alle Hände voll damit zu tun hatte, ihre Rolle an Rowes Seite auszufüllen, blieb ihr kaum Zeit zu trauern. Und wenn sie tatsächlich einmal unverhofft ein paar freie Stunden zur Verfügung hatte, zog sie sich zurück und arbeitete an ihrem ersten Werk als Schriftstellerin.
Die Tour de Merrisand war ein voller Erfolg geworden und hatte so viel Anerkennung, Nachfrage und Unterstützung geerntet, dass Rowe sich entschloss, dauerhaft seinen Cousin dabei zu unterstützen, den Merrisand-Trust auszubauen.
„Da kommen sie!“, rief Kirsten aufgeregt und drückte die Hand ihres Gatten so fest, dass er leise aufstöhnte.
Jeffrey sah in seinem historischen Kostüm ungeheuer imposant und in den Augen seiner liebenden Mutter einfach hinreißend aus. Und als er mit ernster Miene auf eine Gruppe Insulaner zutrat, die sich in einem Pappmaschee-Dschungel versteckten, hielt Kirsten unwillkürlich den Atem an.
„Ich bin Prinz Jacques!“, rief Jeffrey, so laut er konnte. „Und ich bringe Eintracht und Frieden für alle Inseln!“
Wie sich herausstellte, sollte das sein einziger Text bleiben, was Kirsten nicht daran hinderte, vor Stolz fast zu platzen. Und als während der Schlussszene die Nationalhymne, Von der See zu den Sternen , angestimmt wurde, standen nicht nur in ihren Augen Tränen.
Kurz darauf nahm sie bereitwillig die Glückwünsche ihrer königlichen Verwandtschaft entgegen.
„Er war wirklich gut, nicht wahr?“, fragte sie Prinz Maxim, als der ihr jovial auf die Schulter klopfte.
„Einfach umwerfend“, behauptete Rowes Cousin schmunzelnd. „Ich habe nie einen besseren Prinzen Jacques gesehen.“
„Aber ich war in meiner Jugend auch nicht so schlecht“, versuchte sich der stolze Vater in den Vordergrund zu spielen.
„Offensichtlich liegt das Talent in der Familie“, spöttelte Prinzessin Giselle. „Leider war es mir als Mädchen nie vergönnt, meines unter Beweis zu stellen, sonst hätte ich euch allesamt von der Bühne gefegt.“
Maxim schmunzelte. „Das nenne ich typisch weibliche Bescheidenheit.“
Giselle funkelte ihren Bruder herausfordernd an. „Warum wird von Frauen immer Bescheidenheit verlangt, was ihre Leistungen angeht? Hast du nie von der Theorie gehört, dass sich hinter Prinz Jacques in Wahrheit eine Frau in Männerkleidern versteckte? In der Familienhistorie gibt es sogar Aufzeichnungen über eine Jacqueline de Marigny, die aber auf keinem der Familienportraits abgebildet ist.“
Maxim trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und lächelte Kirsten entschuldigend an. „Meine Schwester würde liebend gern Carramers Geschichte noch einmal aus der Perspektive einer Frau verfassen. Und es ist tatsächlich nicht zu leugnen, dass es über die Jahrhunderte hinweg einige sehr starke und einflussreiche Frauen gab, die das Geschick des Königshauses zumindest aus dem Hintergrund lenkten.“
„Als treue Gemahlinnen der eigentlichen Herrscher!“, warf Giselle trocken ein und wandte sich nun direkt an Kirsten. „Wenn du die Wahl hättest, würdest du nicht auch lieber auf dem Thron sitzen, anstatt dahinter zu stehen?“
„Vielleicht … wenn ich für den Job geboren wäre.“
„Das heißt in Carramer, als Junge zur Welt gekommen zu sein!“ Giselles Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus. „Kirsten, du kannst nur froh sein, keinen Mann mit derart antiquierten Ansichten geheiratet zu haben.“
„Meine Einstellung ist kein bisschen antiquiert!“, wehrte sich Maxim beleidigt.
Giselle hakte sich bei ihrem Bruder ein und küsste ihn zärtlich auf die
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