Julia Extra Band 0303
in der aufziehenden Dunkelheit verschwand. Kurz darauf, als sie bereits in der anheimelnd warmen Küche waren, hörte Sam, wie der Helikopter startete und sich das Motorengeräusch rasch entfernte.
Langsam drehte sie sich zu Cesare um, und wieder dachte sie, dass er trotz seines Handicaps ungeheuer ausdrucksvolle Augen hatte. Plötzlich fühlte sie sich schrecklich befangen.
„Was absolut lächerlich ist …“, grummelte sie vor sich hin.
Cesare senkte den Blick und zog den Knoten seiner Krawatte auf. „Was ist lächerlich?“
„Mich wie eine Jungfrau vor der Hochzeitsnacht zu fühlen“, gestand Sam zögernd und legte schützend eine Hand auf den Bauch. „Denn das … bin ich offensichtlich nicht mehr.“
„Verspätete Reuegefühle, weil du in jener Nacht mit mir geschlafen hast?“
Sam schüttelte heftig den Kopf. „Nein, überhaupt nicht“, sagte sie spontan und beschloss im gleichen Moment, zukünftig vorsichtiger zu sein, um Cesare nicht zu viel Einblick in ihre geheimsten Gefühle zu geben.
Sekundenlang hielt sie den Atem an. Da aber keine Reaktion erfolgte, schaute sie ihren Mann zweifelnd von der Seite an und begegnete erneut seinem starren Blick, der eigentlich keiner war. Trotzdem erschien er Sam wie die Reflexion ihrer eigenen Gefühle.
„Und du?“, fragte sie leise. „Bereust du irgendetwas?“
Wenn ich ein besserer Mensch wäre, müsste ich förmlich vor Reue über mein egoistisches Verhalten vergehen, schoss es Cesare durch den Kopf.
„Ich bereue …“, begann er vorsichtig und unterbrach sich sofort, als er sah, dass seine frisch angetraute Frau heftig zusammenzuckte, die Hände zu Fäusten ballte und das Kinn vorstreckte.
Was war nur mit ihr los? Warum hatte sie ihn überhaupt gefragt, wenn sie keine ehrliche Antwort hören wollte?
Wie hätte er sein unrühmliches Verhalten in jener Nacht, als er sich ihr gegenüber wie ein wildes Tier aufgeführt hatte, nicht bereuen können? Außerdem hatten die lustvollen Stunden sein Leben so nachhaltig auf den Kopf gestellt, dass er sich gezwungen sah, seine Freiheit aufzugeben und eine Frau zu heiraten, die er so gut wie gar nicht kannte.
„Schon gut, ich habe verstanden.“ Ohne ihn noch einmal anzuschauen, griff Sam nach dem Wasserkessel, füllte ihn und stellte ihn mit unsicherer Hand auf den Herd.
„Hast du nicht!“, behauptete Cesare unerklärlicherweise gereizt. „Was ich bereue, ist, dass dein erstes Mal nicht … rücksichtsvoller und behutsamer erfolgt ist.“
Der Selbstvorwurf in seiner Stimme ließ sie die Stirn runzeln. „Ich hätte es nicht anders haben wollen.“
„Und ich bereue, dass ich dir quasi keine andere Wahl gelassen habe, als meinen Antrag anzunehmen“, gestand Cesare, weil er gerade dabei war.
Diesmal musste Sam ein Lächeln unterdrücken. „Ich glaube, du überschätzt deinen Einfluss ein wenig.“
„Hat dich die Kündigung deines Jobs nicht in deiner Entscheidung beeinflusst, mich zu heiraten? Sei ehrlich, cara .“
Sam verzog das Gesicht, als sie an den schrecklichen Tag zurückdachte. „Ich denke schon.“
„Genau das hatte ich auch beabsichtigt, als ich den Herausgeber des Chronicle anrief und einen noch ausstehenden Gefallen von ihm einforderte.“ Cesare wusste, dass er mit seinem Geständnis ein Risiko einging, aber er konnte nicht anders. Mit dem Ehegelübde noch im Ohr, wäre es ihm wie ein Betrug an seiner Frau vorgekommen, ihr nicht die Wahrheit zu gestehen.
„Das hast du getan?“
Er nickte.
„Warum?“
Der verletzte Ton in ihrer Stimme ließ sein Herz zusammenkrampfen. „Mein Vater war nie für mich da, als ich aufwuchs. Das will ich meinem Kind unter allen Umständen ersparen. Ich hätte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, dich zu einer Heirat zu bewegen, Samantha“, bekannte er mit schonungsloser Offenheit. „Ich hätte dir niemals die Chance gelassen, Nein zu sagen.“
„Egal, wessen Träume du damit vernichtest?“, fragte sie tonlos und lachte hart auf. „Wenigstens weiß ich jetzt, dass die Kündigung nichts mit meinem mangelnden Schreibtalent zu tun hat!“
„Sam …“
„Nein!“, wehrte sie brüsk ab. „Nicht jetzt! Nicht noch mehr …“
„ Samantha !“
Doch das hörte sie schon nicht mehr. Wie von Furien gehetzt, rannte sie los, nur fort. Fort von diesem Mann und seiner irritierenden Nähe. Und während sie durch die zahllosen Räume des Schlosses irrte, rannen heiße Tränen ungehindert über ihre Wangen.
Irgendwann fiel ihr auf, dass jedes
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