Julia Extra Band 0303
Klirrend fiel die Schneide zu Boden.
„Gnade, bitte“, flehte Timothy und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. „Bitte, nicht wehtun.“
„Ich habe dir schon zwei Chancen gegeben.“ Ein weiterer Haken schleuderte Timothy zurück. „Du hast meine Familie bedroht. Nie wieder wirst du meine Familie bedrohen!“
„Diogo“, flüsterte Ellie voller Angst. „Bitte, mach dich nicht unglücklich. Lass ihn gehen …“
„Ja, lassen Sie mich gehen.“ Timothy sackte auf die Knie, ein zitterndes, wimmerndes Bündel.
Diogo atmete schwer, er hatte Mühe, wieder die Kontrolle über sich zu erlangen. „Also gut, Wright, ich lasse dich gehen“, knurrte er. „Weil sie mich darum bittet. Doch sollte ich dich je wieder sehen, dann …“
„Nein, das werden Sie nicht, ganz bestimmt.“
Die nächste Wehe überkam Ellie. „Diogo, hilf mir … die Babys …“
Sofort war er bei ihr, fiel vor dem Bett auf die Knie und schloss sie in seine Arme. „Ellie, was ist?“
„Catia?“, lautete ihre Frage, obwohl sie kaum atmen konnte. „Habt ihr sie gefunden?“
„Sie ist in Sicherheit. Wir haben Pedro gefunden. Wenn Wright dir etwas angetan hat …“
„Nein, aber ich habe Wehen. Die Babys kommen.“
Er hob sie auf seine starken Arme. „Jetzt bist du in Sicherheit, querida . Meine Sicherheitsleute sind auch hier. Aber zuerst sehen wir zu, dass wir dich ins Krankenhaus bekommen.“
Ellie streichelte liebevoll seine Wange. „Du wusstest, dass ich dich nie verlassen würde. Du weißt, dass ich dich ewig lieben werde.“
„Ja, das weiß ich.“ Seine Augen schimmerten verdächtig, als er sie ansah. „Es hat nur viel zu lange gedauert, bevor ich es begriff. Vergib mir, dass ich ein solcher Narr und Feigling gewesen bin. Ich liebe dich, Ellie. Deine Stärke, dein reines Herz, deine Lebenslust. Ich will, dass du es nie vergisst. Ich liebe dich bis zu meinem letzten Atemzug.“
Diogo liebte sie! Eine Welle des Glücks schlug über ihr zusammen. Doch dann sah sie aus den Augenwinkeln, wie Timothy sich aufrappelte. Er hielt eine Pistole in der Hand, hob den Arm …
„Diogo!“, schrie sie. „Pass auf!“
Mit Ellie auf den Armen drehte Diogo sich um. Viel zu langsam.
„Wenn ich sie nicht haben kann …“, sagte Timothy heiser.
Und dann drückte er den Abzug.
EPILOG
„Mom, sieh nur! Schnee!“
Es war ein Weihnachtsmorgen wie aus dem Bilderbuch. Über Nacht hatte sich eine weiße Decke über ganz New York gelegt. Ellie saß auf dem Sofa, versunken darin, eines ihrer sechs Wochen alten Babys zu stillen, während das andere im Körbchen neben ihr friedlich schlief. Die Dienstboten hatten ihren freien Tag, im Haus war alles still und ruhig, und die Lichter des Christbaums blinkten lustig zwischen den Ästen.
Catia klatschte begeistert in die Hände. „Lass uns nach draußen gehen, bitte, bitte, bitte“, bettelte sie ungeduldig und drückte sich die Nase an dem großen Fenster platt.
„Es ist doch Weihnachten.“ Ellie lachte leise über ihre Adoptivtochter. „Willst du nicht erst die Geschenke aufmachen?“
Für einen Moment war Catia unentschlossen. Doch nur ganz kurz. „Sicher, schon … Aber ich habe doch noch nie im Schnee gespielt!“
Das Holz der Treppe knarrte. Ellie liebte die Geräusche in dem einhundert Jahre alten Haus. Vor allem, wenn die Schritte ihr so vertraut waren.
Ihr Gesicht leuchtete auf, als Diogo ins Zimmer kam. In T-Shirt und Jogginghose, die Haare wirr vom Schlaf und einen dunklen Bartschatten auf den Wangen, war er der attraktivste Mann der Welt für sie.
Hinter dem Sofa beugte er sich über sie und küsste sie zärtlich auf den Mund. „ Feliz Natal, meu amor .“
„Fröhliche Weihnachten“, wünschte sie und streichelte seine Wange.
„Papa!“, kam es sofort von Catia. „Können wir in den Schnee rausgehen?“
Diogo reckte sich gähnend. „Gib mir noch ein paar Minuten, Kleines, ja?“
Es gelang Ellie nicht, ein Lächeln zu verkneifen. Da lagen eindeutig dunkle Ringe unter Diogos Augen. „Danke, dass du Gabriel letzte Nacht übernommen hast.“
Er lächelte zurück und schaute liebevoll auf das Baby in ihrem Arm. „Keine Ursache. Das würde ich mir nie entgehen lassen.“
Das Leben ist voller Wunder, dachte Ellie glücklich. Seit Diogo ihr seine Liebe gestanden hatte, war jeder Tag ein Wunder.
In mehr als nur einer Hinsicht. Denn als Timothy damals in der Favela die Pistole gehoben hatte, da hatte sie gedacht, ihr Leben sei zu Ende. Diogo war herumgewirbelt, um
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