Julia Extra Band 0309
genügt.“ Allerdings war jemand wie sie noch nie dabei gewesen, und sie war auch nicht der Typ, auf den sein Bruder flog. Ganz im Gegenteil. Was wollte sie also hier? Er musterte sie prüfend. „Wer sind Sie eigentlich, und woher kennen Sie Fernando? Er hat noch nie von Ihnen erzählt.“ Sein Bruder pflegte einen großzügigen Lebensstil und war nicht gerade geizig. Cesar wusste das, weil er Fernandos Rechnungen bezahlte. Und er wusste auch, dass sein Bruder seinen Begleiterinnen gerne teure Geschenke machte. Für Frauen, die es auf sein Geld abgesehen hatten, war er leichte Beute. Diese hier schien zwar anders zu sein, aber Cesar überfiel trotzdem das dringende Bedürfnis, herauszufinden, in welcher Beziehung sie eigentlich zu seinem Bruder stand. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und bemerkte, dass die Sofas im Eingangsbereich frei waren. Die anwesenden Gäste schienen lieber zu stehen. Jeden Augenblick würde Fernando mit den Getränken zurückkommen, und dann würde eine langweilige und unnötige Vorstellungsrunde beginnen. Cesar blickte zu den Sofas hinüber und sagte: „Ich habe eine verdammt anstrengende Fahrt hinter mir. Kommen Sie, wir machen es uns dort drüben bequem, und dann erzählen Sie mir alles über Ihre … Beziehung mit meinem Bruder.“
Julie fand, dass dieser Vorschlag eher wie eine Drohung klang. Freddy war anscheinend auf dem Weg zur Bar aufgehalten worden. Das war eine seiner schlechten Angewohnheiten. Jederzeit bereit, sich zu unterhalten, vergaß er Raum und Zeit, bis man ihn gewaltsam von seinem Gesprächspartner fortzog.
„Ich habe keine … Beziehung … mit Ihrem Bruder,“ erklärte Julie, während sie sich auf eines der eleganten Sofas setzte. Im gedämpften Licht war Cesars Gesicht nicht genau zu erkennen. Julie lachte nervös und trank den restlichen Schluck aus ihrem Glas. „Ich fühle mich wie in einem Vorstellungsgespräch.“
„Tatsächlich? Weshalb denn? Ich wüsste einfach nur gerne, wie Sie Fernando kennengelernt haben.“
„Ich helfe ihm bei … einem Projekt.“ Julies Auftrag war es, Cesar davon zu überzeugen, dass Freddy sich geändert hatte und sein Vorhaben erfolgversprechend war.
„Welches Projekt?“ Cesar runzelte skeptisch die Stirn. Soweit er wusste, ging sein Bruder allem aus dem Weg, was auch nur im Ansatz nach Arbeit aussah.
„Ich glaube, das würde er Ihnen gern selbst erklären“, antwortete Julie ausweichend. Cesar beugte sich zu ihr hinüber, die Ellbogen auf die Knie gestützt. So aus der Nähe wirkte er fast bedrohlich.
„Jetzt hören Sie mal zu. Ich bin gekommen, um mit Fernando über seine Zukunft zu reden. Stattdessen sitze ich jetzt hier in einem Club, umgeben von Menschen, die mich nicht im Geringsten interessieren. Und um das Ganze zu krönen, soll ich mir jetzt auch noch irgendwelche mysteriösen Andeutungen über ein angebliches Projekt anhören, von dem Fernando bisher nie ein einziges Wort hat verlauten lassen. Worin genau besteht nun Ihre Aufgabe bei diesem sogenannten … Projekt?“
„Ihr Ton gefällt mir überhaupt nicht!“
„Und mir gefällt das Spielchen nicht, das Sie hier spielen. Wie lange kennen Sie Fernando überhaupt?“
„Seit fast einem Jahr.“
„Seit fast einem Jahr. Und wie nahe sind Sie sich in dieser Zeit gekommen?“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Sagen wir es so: Ich sehe meinen Bruder zwar nicht oft, aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass langfristige platonische Beziehungen zum anderen Geschlecht bei ihm nicht gerade hoch im Kurs stehen. Er mag Frauen, die willig und kooperativ sind. Außerdem bevorzugt er einen bestimmten Typ: blond, vollbusig, am besten noch mit langen Beinen und ein bisschen einfältig. Wie passen Sie da hinein?“
Julie fühlte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg. Sie atmete tief durch, um die Fassung zu bewahren. Ungerührt fuhr Cesar fort: „Wenn er tatsächlich mit Ihnen über mich geredet haben sollte, dann bedeutet das, dass Ihre Beziehung weit über eine reine … Geschäftsbeziehung hinausgeht.“ Sein Ton klang mehr als zweifelnd.
Die Rettung, die dem Verhör ein vorläufiges Ende bereitete, nahte in Gestalt von Freddy, der die Getränke brachte. Cesar registrierte Julies erleichterten Gesichtsausdruck. Jede Einzelheit nahm er wahr: wie die beiden einen schnellen Blick tauschten, wie Fernando Julie etwas ins Ohr flüsterte und sie den Kopf schüttelte. Sobald es die Höflichkeit zuließ, stand sie auf und ging. Cesar schaute
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