Julia Extra Band 0309
ihr nach und ließ seinen Blick noch eine Weile auf ihrer Gestalt ruhen. Sie mochte zwar etwas Jungenhaftes an sich haben, aber ihre anmutigen Bewegungen verliehen ihr einen gewissen sinnlichen Reiz. Er würde später noch einmal mit ihr reden. Irgendetwas war hier im Gange. Er konnte es spüren, und er würde schon noch herausfinden, was es war. Aber das hatte keine Eile.
Abwarten und Tee trinken. Das war schon immer seine Devise gewesen, und daran hielt er sich auch jetzt wieder, als Fernando ihm seine Gäste vorzustellen begann. Allerdings war es diesmal eine unerwartet normale Gruppe von Menschen. Wo waren die Starlets? Die Playboys mit ihren oberflächlichen Gesprächen? An diesem Abend schienen es sich alle in den Kopf gesetzt zu haben, mit ihm über Vermögensanlagen und Finanzgeschäfte zu sprechen.
Gegen Ende des Abends stellte Cesar fest, dass ihm dieses Mysterium fast schon Spaß zu machen begann.
Draußen fiel der Schnee in immer dichteren Flocken. Unter den Leuten, die eilig zu ihren Autos gingen, die anders als Cesars Auto ordnungsgemäß auf einem Parkplatz hinter dem Gebäude standen, entdeckte Cesar Julie. Sie hatte sich einen Schal um den Hals gewickelt und vergrub die Hände in den Jackentaschen. Im Lichtschein, der aus dem Foyer nach draußen fiel, konnte er sie nun genauer betrachten. Ihr kurzes braunes Haar schimmerte leicht rötlich, und ihre Gesichtszüge waren ganz und gar nicht jungenhaft. Im Gegenteil. Die großen braunen Augen waren von langen dunklen Wimpern umrahmt, und der sinnliche Mund stand im Kontrast zu ihrem burschikosen Auftreten.
Julie war wieder in ein Gespräch mit Fernando vertieft. Was hatten die beiden nur immer zu reden?
„Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, die Nacht hier zu verbringen“, unterbrach Cesar die Unterhaltung.
„Ja, dann.“ Fernando sah ihn entschuldigend an. „Es gibt hier ein ausgezeichnetes Hotel …“
Cesar runzelte die Stirn. „Ist dein Haus denn nicht in der Nähe?“
„Also … ich habe nur ein Apartment. Und das ist ziemlich klein.“
Cesar blickte zu Julie hinüber, die seinem Blick geflissentlich auswich.
„Bei diesem Schneetreiben werde ich ganz bestimmt nicht auf gut Glück in der Gegend herumfahren, um eine Unterkunft zu finden. Wie heißt das Hotel?“
„Das Hotel …?“ Fernando schaute hilfesuchend zu Julie, die resigniert aufseufzte.
„Ich habe ein Telefonbuch zu Hause. Wenn Sie mich mitnehmen, kann ich nachsehen und ein Zimmer für Sie reservieren“, schlug sie widerstrebend vor.
„Sie mitnehmen? Wie sind Sie denn hergekommen?“
„Mit Fernando.“
„Ach, so ist das …“ Cesar lächelte. „Na, das ist doch ein Angebot, das ich nicht ausschlagen kann … Und morgen, mein lieber Fernando, werden wir endlich unsere kleine Unterhaltung führen!“
„Aber klar, Bruderherz!“ Fernando schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter und umarmte ihn kurz, was zwischen ihnen beiden nicht gerade üblich war.
Obwohl Cesar sich längst damit abgefunden hatte, dass ihn und sein Bruder kein besonders herzliches Verhältnis miteinander verband, spürte er jetzt doch ein leichtes Bedauern. Sie hatten ihre Eltern verloren, als Cesar gerade zwanzig geworden war. Dieser Schicksalsschlag hätte sie einander eigentlich näher bringen müssen, aber genau das Gegenteil war eingetreten. Cesar fragte sich, ob er nicht unter der Last, sich um das Familienimperium kümmern zu müssen, seine Hauptpflicht versäumt hatte, nämlich seinem Bruder Liebe und Geborgenheit zu schenken. Er selbst hatte von heute auf morgen die Verantwortung übernommen und deshalb kein Verständnis dafür gehabt, dass Fernando so wenig Ehrgeiz zeigte. In seinen Augen war es ein Zeichen von Schwäche. Cesar schob diese unangenehmen Gedanken schnell beiseite – schließlich tat er alles, um seinem Bruder ein sicheres und behütetes Leben zu bieten. Er hatte wirklich immer sein Bestes gegeben.
„Mein Wagen steht vor dem Club.“
„Warum hast du denn nicht auf dem Parkplatz geparkt?“
„Ob du es glaubst oder nicht, aber ich dachte, ich hätte mich in der Adresse geirrt. Ich wäre nie darauf gekommen, dass sich in dieser Bruchbude ein Club befindet, geschweige denn ein Parkplatz dahinter.“
Freddy grinste stolz. „Geschickt, nicht wahr? Aber darüber können wir uns ja dann morgen ausführlicher unterhalten.“ Er hatte sich bereits zum Gehen gewandt, und Julie blickte Cesar verdrossen an. Das Letzte, worauf sie Lust verspürte, war, mit ihm allein zu
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