Julia Extra Band 0309
zynisch.“
„Nein, das ist die Realität. Und zu dieser Realität gehört auch, dass ich alles tun werde, um zu verhindern, dass mein Bruder ausgenommen wird wie eine Weihnachtsgans. Ich gönne ihm seine Affären, solange die Frauen wieder von der Bildfläche verschwinden. Diejenigen, die das nicht tun, bekommen es mit mir zu tun.“ Es ist immer gut, klare Fronten zu schaffen, dachte Cesar. Auch wenn seine Gastgeberin manchmal wie ein Teenager errötete und ihr Gesicht offen und ehrlich wirkte, bewies das noch lange nicht, dass sie keine unlauteren Absichten hegte.
„Na, dann vielen Dank für die Information“, erwiderte Julie ironisch. „Es ist immer wieder aufschlussreich, die Ansichten anderer Leute kennenzulernen, auch wenn man sie nicht teilt. Wobei ich allerdings davon ausgehe, dass Ihnen das völlig egal ist.“
„Womit Sie genau ins Schwarze getroffen haben!“ Damit zog er endgültig sein Hemd aus und warf es zu Boden. „Das muss ich bis morgen noch irgendwie trocken kriegen.“ Gegen ihren Willen starrte Julie ihn an, als hätte sie noch nie im Leben einen Mann mit bloßem Oberkörper gesehen.
„Wollen Sie etwa …“, sie schluckte, „… ich meine, was wollen Sie denn zum Schlafen anziehen?“
„Na, was ich immer trage.“ Er blickte sie erstaunt an. „Gar nichts. Und das ist sehr bequem. Sollten Sie auch mal ausprobieren.“
Julie stellte sich vor, wie dieser Mann – nur durch eine dünne Wand von ihr getrennt – nackt in seinem Bett lag und schlief, und ihre Knie wurden weich. Das Bild dieses muskulösen athletischen Körpers, wie er zwischen zerwühlten Bettlaken ausgestreckt dalag, ließ sich nicht mehr aus ihrem Kopf vertreiben.
„Ich hole Ihnen lieber etwas zum Überziehen.“
„Sie haben Männerkleidung im Haus?“ Julie gab keine Antwort und verschwand. Ein paar Minuten später war sie zurück und warf Cesar ein T-Shirt zu. Es war sehr weit und sehr rosa.
Er konnte das unterdrückte Lachen in ihrer Stimme hören, als sie sagte: „Das passt Ihnen bestimmt. Schlafen Sie gut!“
2. KAPITEL
Früh am nächsten Morgen hatte es aufgehört zu schneien, aber draußen türmten sich die Schneemassen zu einer weißen Winterpracht. Ein wunderbares Postkartenmotiv, dachte Julie bedrückt, aber wie werde ich jetzt meinen Gast los? Die ganze Nacht über hatte sie immer wieder an ihn denken müssen und sich unruhig hin und her gewälzt. Hätte er nur nicht erwähnt, dass er keinen Schlafanzug trug! Ihre Fantasie war sofort mit ihr durchgegangen, und nicht einmal Schäfchenzählen hatte geholfen.
Die Heizung war schon vor einer Stunde angesprungen, und das Haus war angenehm warm. Es herrschte eine wohltuende Stille.
Auf Zehenspitzen verließ Julie ihr Schlafzimmer. Sie überlegte kurz, ob sie ins Bad gehen sollte, entschied sich dann aber dagegen, um ihren Besucher nicht zu wecken. Über Nacht war sie zu dem Entschluss gekommen, dass es am besten wäre, ihm so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Er war einfach ein Störfaktor, und auch wenn sie Freddy und Imogen sehr mochte, sah sie doch nicht ein, warum sie ihr Leben von einem Fremden durcheinanderbringen lassen sollte. Natürlich würde er irgendwann aus dem Gästezimmer auftauchen, aber bis das geschah, würde sie in aller Ruhe eine Tasse Kaffee trinken.
Leise schlich sie die Treppe hinunter und seufzte erleichtert auf, als sie endlich in der Küche war.
Wie alle anderen Räume in ihrem Cottage war auch die Küche zwar klein, aber gut geschnitten, mit einer Decke, die auf Holzbalken ruhte. Den wunderbaren alten Küchenherd und den rustikalen Holztisch hatte Julie bei einem Antiquitätenhändler erstanden. Sie ertappte sich dabei, dass sie versuchte, sich auszumalen, wie Cesars Haus wohl aussah. Doch solche Gedanken verbot sie sich sofort.
Sie stand gerade am Herd und goss sich Kaffee ein, als hinter ihr eine nur allzu vertraute Stimme sagte: „Wunderbar. Ich nehme auch einen.“
Julie zuckte zusammen. Der heiße Kaffee schwappte über und verbrannte ihre Hand.
Cesar stand neben ihr, bevor sie sich auch nur umdrehen konnte, um ihrem Unmut über sein Eindringen in ihre Privatsphäre Luft zu machen.
„Haben Sie sich wehgetan?“
„Was machen Sie denn so früh schon hier?“ Der Mann wirkte so frisch, als sei er schon seit Stunden wach. Er trug die Kleidung vom Vortag, allerdings hatte er eine der weiten alten Trainingsjacken darüber gezogen, die Julie an der Garderobe im Flur aufbewahrte – für die seltenen
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