Julia Extra Band 0309
mit ihm auch eine Freundschaft möglich. Eigentlich war es nämlich durchaus vorteilhaft, mit einem Mann befreundet zu sein. Männer hatten manchmal eine ganz andere Sicht auf die Dinge, und das rückte vieles in eine andere Perspektive.
„Tatsächlich?“, fragte Cesar überrascht.
„Ja. Ich weiß, Sie haben Ihre Schwierigkeiten mit Freddy, aber Sie wären überrascht, wenn Sie wüssten, wie praktisch er sein kann, wenn es darauf ankommt.“„Praktisch …“ Das hörte er nun wirklich zum ersten Mal. Cesar stand auf und begann, den Tisch abzuräumen. Er schlug Julie vor, ins Wohnzimmer zu gehen und es sich vor dem Kamin gemütlich zu machen.
„Nein, ich helfe Ihnen.“
„Sie sind verletzt.“
„Kaum. Ach ja, das hatte ich ganz vergessen. Der Retter in der Not.“ Amüsiert blickte sie auf ihre bandagierte Hand. „Jetzt wird mir klar, dass ich bisher alles falsch gemacht habe. Statt auf meiner Unabhängigkeit zu beharren, hätte ich lieber die Hilflose spielen und mit den Wimpern klimpern sollen. Damit die Männer sich ein Bein ausreißen, um mir zu helfen.“
Cesar lag auf der Zunge, zu sagen, dass das gar nicht zu ihr gepasst hätte. Aber wenn er sie so näher betrachtete … sie hatte tatsächlich lange Wimpern, die dazu wie geschaffen schienen. Sie brauchte nicht einmal Wimperntusche wie andere Frauen.
„Ja, kann sein“, erwiderte er ausweichend. Aber während sie sich ins Wohnzimmer zurückzog und er sich über den Abwasch hermachte – eine völlig neue Erfahrung für ihn –, drängten sich ihm noch viele andere Gedanken auf. Was hatte dieser Blick in ihren Augen zu bedeuten, als sie von seinem Bruder förmlich geschwärmt hatte? Geschlafen hatte sie mit Fernando nicht – da war er sich jetzt sicher. Und auch nicht mit einem anderen, dazu war sie zu sehr verletzt worden.
Cesar lehnte sich gegen die Spüle und blickte nachdenklich hinaus in die wirbelnden Schneeflocken.
Seine neue Strategie, Julie nicht zu brüskieren, sondern ihr einfach zuzuhören, zeigte Erfolg. Er konnte ihr ein paar Einzelheiten entlocken, die das Puzzle allmählich vervollständigten. Julie wagte sich aus ihrem Schneckenhaus hervor. Das hatte er daran gemerkt, wie sie Fernando angesehen hatte. Lag das nun daran, dass er ihr so gut gefiel, oder war ihr aufgegangen, dass sie – wenn sie es nur richtig anfing – für den Rest ihres Lebens keine Geldsorgen mehr haben musste? Sie hatte zwar gesagt, dass sie nicht materialistisch sei, aber solche Aussagen betrachtete Cesar immer mit einer gewissen Skepsis. Es war leicht, zu behaupten, Geld mache nicht glücklich, aber sobald sie es in die Hände bekamen, sangen die meisten Frauen ein ganz anderes Lied.
Er schüttelte den Kopf. Nein, das passte einfach nicht zu ihr.
Aber warum setzte sie sich so dafür ein, dass Fernando seinen Treuhandfonds bekam? Vielleicht wirklich nur aus Freundschaft? Andererseits konnten auch ganz andere Motive dahinterstecken.
Allerdings hatten die beiden im Club auch nicht gerade wie ein Liebespaar gewirkt. Und Julie entsprach einfach nicht dem Typ, der nur auf Geld aus war. Und selbst wenn, ging ihn das eigentlich etwas an? Er konnte auch einfach den Treuhandfonds herausgeben und Fernando seinem Schicksal überlassen. Wenn sein Bruder sich dann ruinierte, war es schließlich seine Angelegenheit. Oder sollte er doch weiter die Kontrolle behalten? Aber wie lange eigentlich noch? Fragen über Fragen …
Cesar runzelte die Stirn. Bisher hatte er immer auf alles eine Antwort gewusst. Aber jetzt fand er einfach keine. Stattdessen musste er sich eingestehen, dass er Julie begehrte. Und zwar mit einer elementaren Macht, die er nie zuvor erlebt hatte.
Cesar drehte sich langsam um und ging ins Wohnzimmer. Julie hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und blätterte in einer Illustrierten. Es war ein harmonisches Bild, das sich ihm da bot. Das gedämpfte Licht, das prasselnde Kaminfeuer – es fehlte nur noch der Jagdhund zu Julies Füßen, und das Idyll wäre perfekt gewesen.
Julie blickte auf, als Cesar hereinkam und sich neben sie auf das Sofa setzte.
„Und – ist es sehr schlimm für Sie, hier von der Welt abgeschnitten zu sein?“, fragte sie, um das Schweigen zu brechen.
„Allmählich gewöhne ich mich daran. Ich sollte das in Zukunft öfter so machen. Den Computer und das Handy zu Hause lassen und mir einfach eine Auszeit gönnen.“
„Aber mit einem Koffer voller Wäsche zum Wechseln.“
„Das wäre nicht schlecht. Ich würde ja gerne
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