Julia Extra Band 0309
hast du eigentlich vor, zu bleiben?“, fragte sie knapp.
„Warum? Möchtest du mir ausweichen?“
„Kannst du mir das übel nehmen?“
„Nein … eigentlich nicht.“ Cesar zuckte die Schultern. Er hatte alles gesagt, was er sagen wollte. Mehr sogar. Im Nachhinein schien es ihm, als hätte er manches besser für sich behalten.
„Eine Bitte nur …“, sie sah ihn mit festem Blick an. „Denk über mich, wie du willst, aber lass deine Einstellung zu Freddys Projekt dadurch bitte nicht beeinflussen. Und auch nicht deine Meinung über Imogen.“
„Du hörst nie auf zu kämpfen, oder?“
„Ich appelliere lediglich an deine Menschlichkeit und hoffe, dass du noch nicht völlig abgestumpft bist“, erwiderte Julie.
Cesar presste die Lippen aufeinander. Sie hatte ein Bild von ihm gezeichnet, das ihm nicht gefiel, aber letztlich konnte er ihr das nicht einmal vorwerfen. Diesen Gedanken sprach er allerdings nicht aus.
Im dichten Verkehr dauerte es fast eine Stunde, bis sie wieder am Krankenhaus ankamen. Als sie Freddy schließlich gefunden hatten, genügte ein Blick in sein Gesicht, und Julie wusste, dass das Schlimmste überstanden war. Allerdings war ihm auch anzusehen, dass er dem Gespräch mit seinem Bruder mit Bangen entgegensah. Sie hatte ihr Bestes gegeben, um den Weg zu ebnen. Nun lag es an den beiden. Eigentlich hätte sie sich jetzt beruhigt zurücklehnen können. Stattdessen fühlte sie sich völlig erschöpft, und die Kopfschmerzen machten sich wieder stärker bemerkbar. Woran lag es, dass allein der Gedanke an Cesar sie so nervös machte? Warum schaffte er es binnen kürzester Zeit, sie völlig aus der Fassung zu bringen? Weil er so unzugänglich und unnahbar war? Weil bei ihm ein Klumpen Eis an der Stelle saß, wo andere ein Herz hatten? Weil sie ihn liebte?
Diese Erkenntnis traf sie nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie war einfach da, wie etwas, was sie die ganze Zeit gewusst und sich nur nicht eingestanden hatte. Mit jeder Faser ihres Seins verlangte sie nach ihm, und das konnte sie nicht länger leugnen. Nicht einmal vor sich selbst.
Aber waren seine Worte tatsächlich ernst gemeint gewesen? Glaubte er wirklich, dass sie und Imogen den Plan geschmiedet hatten, Freddy auszunehmen? Wenn er Imogen erst einmal kennengelernt hätte, würde er seinen Irrtum einsehen. Intuitiv spürte sie auch, dass er nach all dem, was passiert war, einfach überreagiert hatte. Er hatte einfach um sich geschlagen. Getroffen aber hatte er sie, und das tat weh. Er war grausam und kalt gewesen, und Julie versuchte mit aller Kraft, etwas von der früheren Abneigung wieder heraufzubeschwören, aber es gelang ihr nicht. Das Einzige, was sie heraufbeschwören konnte, war die Erinnerung daran, wie es sich angefühlt hatte, als seine Hand ihre Wange berührte.
7. KAPITEL
Zwei Wochen später wurden Imogen und die kleine Maria aus dem Krankenhaus entlassen. Freddy, der stolze Vater, verbrachte viel Zeit in seinem Jazzclub, für den Cesar inzwischen Mittel aus dem Treuhandfonds freigegeben hatte.
„Ich bin sozusagen immer noch auf Bewährung“, hatte Freddy verlegen gestanden, als Julie ihm zuletzt begegnet war, „aber ich kann ihm das auch gar nicht übel nehmen. Bisher habe ich das Geld ja wirklich nur so zum Fenster hinausgeworfen, und Cesar ist nun mal ein vorsichtiger Mensch.“
Julie freute sich für Freddy, denn inzwischen genoss er die uneingeschränkte Unterstützung seines Bruders. Außerdem tat es Freddys Selbstbewusstsein enorm gut, dass er sich auf seinem Gebiet weit besser auskannte als Cesar.
Und heute war der große Tag der Hochzeit. Erst die Trauung auf dem Standesamt, und dann ein Empfang in einem der besten Restaurants der Stadt. Die Hochzeitsreise hätten sie erst einmal verschoben, erzählte Imogen, dabei sah sie aber so strahlend aus, dass ihr dieser Verzicht nicht schwergefallen zu sein schien. Außerdem hatte Imogen inzwischen ihren Schwager kennengelernt und schwärmte geradezu von ihm. Sie könne gar nicht verstehen, dass er als so unnahbar gelte, gestand sie Julie, er sei doch äußerst charmant.
Julie hatte sich zu einem Lächeln gezwungen. Alle waren jetzt eine große glückliche Familie. Nur sie gehörte nicht dazu.
Noch knapp zwei Stunden – dann würde sie im Standesamt sein und Cesar zum ersten Mal wiedersehen. Julie stand vor dem Spiegel und betrachtete sich darin. Sie sah aus, als hätte sie gerade eine Grippe überstanden. Ihr Gesicht wirkte sehr blass und abgespannt, und
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