Julia Extra Band 0309
mit seinem Labyrinth von Fluren die richtige Abteilung zu finden. Aber sie schaffte es, ohne weinend zusammenzubrechen.
Irgendwann während der Taxifahrt hatte sie sogar noch Imogen angerufen. Sie versuchte, die Panik aus ihrer Stimme herauszuhalten, aber es kostete sie schier unmenschliche Anstrengung.
„Es gibt überhaupt keinen Grund, auch noch Cesar zu beunruhigen. Er ist gerade erst von seiner Geschäftsreise zurückgekommen und hat mehr als genug zu tun.“
Bei all den Szenarien, die sie sich bezüglich der Zukunft ausgemalt hatte, war eine Möglichkeit nie vorgekommen: Die, dass sie das Kind verlieren könnte.
Und jetzt … jetzt würde Cesar keinen Grund mehr haben, überhaupt noch mit ihr Kontakt zu halten. Wenn es kein Kind gab, würde er sich auch nicht mehr um sie kümmern müssen. Dann gäbe es keine Verpflichtung mehr für ihn, nett zu ihr zu sein. Und es gäbe auch keinen Grund mehr für Julie, in diesem Haus zu wohnen.
Wie versprochen hatte der Arzt sie angemeldet, und es war schon ein Zimmer auf der Entbindungsstation für sie vorbereitet. Man wollte gleich eine Ultraschalluntersuchung vornehmen.
Wie bereits der Arzt, versuchte auch das Klinikpersonal, sie zu beruhigen. Julie nickte zu allem, was man ihr sagte, aber wirklich beruhigt war sie nicht.
Sie wünschte, Cesar wäre bei ihr. Aber dann stellte sie sich vor, wie er wohl reagieren würde. Zum ersten Mal kam ihr mit grausamer Klarheit zu Bewusstsein, wie zerbrechlich ihre Beziehung war und wie abhängig sie sich von Cesar gemacht hatte.
Wie gebannt starrte sie auf den Monitor, während die Ultraschalluntersuchung vorgenommen wurde. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Der Arzt versicherte ihr, es sei alles in Ordnung, sie brauche nur etwas Ruhe.
Aber Julie wusste, dass nichts in Ordnung war. Dieses schreckliche Ereignis hatte ihr deutlich vor Augen geführt, dass sie sich allzu sehr in Sicherheit gewogen hatte. Wie konnte es geschehen, dass ich mich auf das alles eingelassen habe, dachte sie. Sie hatte Cesar erlaubt, die Regie in ihrem Leben zu übernehmen. Von seinem Lächeln und seinem Charme hatte sie sich einlullen lassen.
Jetzt musste sie eine Entscheidung treffen. Sie musste ihre rosa Brille absetzen. Für Cesar war das Ganze einfach nur eine Art geschäftliches Arrangement. Etwas, in das er eben etwas Zeit investierte, weil die Situation es erforderte. Ansonsten war er anscheinend überhaupt nicht an ihr interessiert.
Natürlich würde sie den Kontakt zu ihm nicht ganz abbrechen können. Wahrscheinlich würde sie ihn sogar sehen, sobald sie aus dem Krankenhaus entlassen würde. Man wollte sie nur noch über Nacht zur Beobachtung dabehalten. Die Blutungen hatten aufgehört, und Julies Panik ließ allmählich nach. Endlich war sie sich darüber im Klaren, wie es weitergehen sollte.
Erschöpft schlief sie ein, und als sie wieder aufwachte, spürte sie, dass sie nicht allein im Raum war. Sofort wusste sie, dass es Cesar war. Selbst mit geschlossenen Augen konnte sie seine Ausstrahlung spüren.
„Woher wusstest du, dass ich hier bin?“, fragte sie, während sie widerstrebend die Augen öffnete. Cesar hatte sich einen Stuhl herangezogen und saß direkt neben ihrem Bett.
„Imogen hat mich angerufen. Verdammt noch mal, wieso hast du mir nicht Bescheid gesagt?“
„Dazu bestand keine Veranlassung.“
Mühsam beherrschte Cesar sich. Er hatte bereits vom Arzt erfahren, dass Julie in den nächsten Wochen einfach nur Ruhe brauchte. Wenn er jetzt mit ihr zu streiten begann, würde sie sich aufregen, und das wäre gar nicht gut für sie und das Kind.
„Dazu bestand keine Veranlassung?“
„Nein. Imogen hätte dich nicht anrufen sollen. Ich habe sie sogar ausdrücklich darum gebeten, es nicht zu tun. Du bist doch gerade erst zurückgekommen und hast wahrscheinlich mehr als genug zu tun.“ Julie bemühte sich, so ruhig wie möglich zu klingen. „Außerdem war es blinder Alarm. Ich scheine noch einmal mit dem Schrecken davongekommen zu sein.“
„Meinst du nicht, dass ich ein Recht darauf habe, zu erfahren, wenn so etwas passiert? Blinder Alarm hin oder her.“
Noch vor kurzem hätte ich geglaubt, dass er sich Sorgen um mich macht, dachte Julie resigniert. Aber jetzt war ihr klar, dass nur der Wunsch der Vater dieses Gedankens gewesen war. Sie hatte sich einfach etwas vorgemacht. Es ging Cesar nur um das Kind, nicht um sie.
Cesar blickte sie stirnrunzelnd an.
„Was ist denn mit dir los?“
„Wie meinst du das? Was soll denn
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