Julia Extra Band 0309
habe meine Mutter zu sehr verwöhnt. Bei mir wollte er den Fehler nicht wiederholen. Alle sechs Monate wurde eine neue Nanny für mich angestellt – damit ich keine Bindungen zum Hauspersonal entwickelte. Er fürchtete, es würde mich verweichlichen. Oder meine unstandesgemäße Herkunft ans Tageslicht fördern.“
Seine tonlosen kalten Worte stachen ihr ins Herz. Ihre Kehle war eng, nur ein bewegtes Wispern kam hervor. „Oh Alexander …“
Gleichgültig zuckte er mit den Achseln. „Es ist nicht mehr wichtig. Ich habe mein eigenes Vermögen gemacht, das Zehnfache dessen, was er nach seinem Tod der Wohltätigkeitsorganisation hinterlassen hat. An meinem achtzehnten Geburtstag habe ich New York den Rücken gekehrt. Er kochte vor Wut, meinte, er habe seine Zeit verschwendet, mich aufzuziehen. Und sei froh, dass ich in die Gosse zurückkehre, aus der ich gekommen war.“
„Das konnte er unmöglich ernst gemeint haben!“
„Nein?“ Alexanders Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln. „Er meinte, es wäre besser gewesen, wenn ich mit dem Rest meiner Familie in dem Brand umgekommen wäre.“
„Deine Eltern sind in einem Feuer ums Leben gekommen?“, flüsterte sie.
Einen Moment lang glaubte sie, er würde nicht antworten. Dann jedoch hob er leise an: „Nicht nur meine Eltern, auch mein Bruder. Die Vorhänge fingen mitten in der Nacht Feuer, durch ein eingeschaltetes Heizgerät. Meine Mutter trug mich nach draußen, mein Vater sollte meinen älteren Bruder wecken. Als die beiden nicht aus dem Haus kamen, ging meine Mutter wieder zurück, um sie zu holen.“
Ohne nachzudenken, fasste Lia tröstend nach seiner Hand. „Oh Alexander …“
Er zog seine Hand nicht zurück, wandte nur den Kopf. „Das ist schon lange her. Es ist nicht mehr wichtig.“
„Aber natürlich ist es das!“, widersprach sie. „Ich weiß, wie sich so etwas anfühlt.“ Sie musste ihre Tränen wegblinzeln. „Es tut mir so leid für dich.“
Er blickte auf ihre verschlungenen Hände. „Ich bin derjenige, dem es leidtut, Lia. Ich hatte nie vor, deiner Familie Schaden zuzufügen. Hätte ich gewusst …“ Er lachte hart auf und zog seine Hand zurück. „Herrgott, wahrscheinlich hätte ich die Firma trotzdem übernommen. Du hast recht, ich bin ein egoistischer Mistkerl.“ Er starrte auf das weiße Feld hinaus, aus dem ein Park werden sollte. „Aber eines musst du wissen. Das, was in Italien zwischen uns passiert ist, hatte absolut nichts mit einem Businessdeal zu tun. Ich wollte dich, so sehr, dass ich sogar den Schutz vergessen habe. Dabei weiß ich genau, dass ich nie Kinder haben möchte.“ Er schüttelte den Kopf. „Monatelang habe ich erwartet, dass du dich mit der Nachricht melden könntest, du seist schwanger.“
Das Bedürfnis, ihm die Wahrheit zu sagen, drängte sich ihr immer stärker auf. Sie musste es ihm sagen, wollte es ihm sagen. „Wäre es denn so schrecklich, wenn ich dein Kind empfangen hätte?“
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Es wäre ein Desaster! Als Vater wäre ich miserabel. Die Verantwortung, der Druck … Aber zum Glück bist du ja nicht schwanger geworden, nicht wahr?“
Sie erstickte die lächerliche Hoffnung, die in ihrem Herzen hatte aufkeimen wollen. „Richtig, zum Glück nicht.“
„Du hast recht, ich weiß selbst, dass das zwischen uns nicht von Dauer sein kann. Wir sind zu verschieden. Du wünschst dir ein sicheres Heim, ich brauche meine Freiheit“, fuhr er fort. „Weißt du eigentlich, dass du die einzige Frau bist, von der ich je einen Korb bekommen habe? Vom ersten Augenblick an habe ich dich bewundert – deine Schönheit, deine Grazie und deinen Stolz. Anders als andere Frauen hast du mich nie um Hilfe gebeten, weil du meine Hilfe nicht brauchst. Das bewundere ich am meisten.“
Lia schluckte den Kloß hinunter, der ihr in der Kehle saß. „Ich bin lange nicht so stark. Seit Giovannis Tod bin ich allein.“
Verwundert schüttelte er den Kopf. „Allein? Siehst du denn nicht, dass die ganze Welt dich anbetet?“ Er hob die Hand und schob ihr eine Strähne hinters Ohr. Allein diese flüchtige Berührung sandte einen prickelnden Schauer über ihre Haut. „Du widmest dein Leben, um anderen Menschen zu helfen. Du bist die faszinierendste Frau, die ich kenne. Sexy wie die Sünde und intelligent. Das ist es, was mich anzieht – deine Stärke, deine Großzügigkeit, deine Ehrlichkeit.“
Ehrlichkeit? Das Gewicht ihres Geheimnisses wollte sie erdrücken. Sie spürte,
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