Julia Extra Band 0309
„helfen“ blieb ihr in der Kehle stecken, als sie sah, wer da eben hereingekommen war. Theo Diakos!
Mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck starrte er sie an.
Mein Gott, dachte Kerry. Sie glaubte, ohnmächtig zu werden.
Verzweifelt kämpfte sie gegen die Schwäche an. Das muss eine Sinnestäuschung sein .
Aber nein, es war der Mann, den sie so geliebt hatte. Seine hochaufgerichtete, athletische Gestalt füllte den Türrahmen fast aus. Er trug einen dunklen Anzug, der vom Regen völlig durchnässt war. Von den schwarzen Haaren tropfte das Wasser. Unverwandt sah er sie unter zusammengezogenen Brauen an.
Was will er hier, dachte Kerry. Hat er von Lucas erfahren? Weiß er, dass er einen Sohn hat?
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“ Carol war aufgestanden und um den Schreibtisch herumgekommen. Sie ging zu einem Regal, auf dem Reiseprospekte lagen. „Darf ich Ihnen etwas Bestimmtes zeigen?“
Trotz ihres Schocks hätte Kerry beinahe laut aufgelacht. Die Vorstellung war wirklich zu komisch. Der Multimilliardär Theo Diakos buchte – einfach so – in einem zweitrangigen Reisebüro in irgendeiner Nebenstraße Londons seinen nächsten ‚All-inclusive-Urlaub‘!
Es muss einen Grund geben, dass er hier ist. Theo macht nie etwas … einfach so, dachte sie.
„Ich möchte mit Kerry sprechen“, antwortete er, ohne sie aus den Augen zu lassen.
„Ach? Sie kennen sich?“ Carol sah ihre Kollegin überrascht an.
Kerry, die zur Salzsäule erstarrt schien, konnte ihren Blick nicht von dem Mann lösen, den sie einmal geliebt hatte. Aber er … er hatte ihre Gefühle nicht erwidert. Sie hatte ihm nichts bedeutet. Ein einziger Abend hatte genügt, um ihr zu zeigen, dass Theo Diakos kein Herz besaß – und nicht einen Funken Mitgefühl im Leib.
Er hatte schließlich diese Verschwörung angezettelt. Einer Mutter ihr Kind wegzunehmen! Was für ein Mensch muss er sein, dachte Kerry. Und dann hatte er ihr nicht einmal Gelegenheit gegeben, alles zu erklären. Was sich ihm in den Weg stellte, wurde vernichtet. Auch wenn es seine Geliebte war.
„Carol, das ist Theo. Er lebt in Athen.“ Kerry brachte es kaum über die Lippen, Theo vorzustellen. Sie zitterte bei dem Gedanken, was sein Besuch nach sich ziehen konnte. Bis heute hatte sie niemandem erzählt, was in Athen eigentlich passiert war. Niemand sollte wissen, wer Lucas’Vater war.
„Warum geht ihr nicht zusammen einen Kaffee trinken? Du hast doch sowieso Pause, Kerry“, schlug Carol vor. „Wahrscheinlich habt ihr euch viel zu erzählen.“
Das war nun allerdings das Letzte, wonach Kerry der Sinn stand. Andererseits wollte sie an ihrem Arbeitsplatz auch keinen Eklat heraufbeschwören. Sie brauchte diesen Job.
„Warum nicht? Ich hole nur schnell meine Tasche.“ Mühsam beherrscht ging sie in den kleinen Aufenthaltsraum, der im rückwärtigen Teil des Reisebüros lag.
Dabei konnte sie Theos Blicke förmlich spüren. Warum ist er hier, überlegte sie wieder. Hat er von Lucas erfahren? Will er ihn mir wegnehmen?
Sie schloss die Tür hinter sich und sank erschöpft auf einen Stuhl. Am liebsten wäre sie nicht mehr zurückgegangen. Plötzlich schoss ihr ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf. Wenn Carol nun Lucas erwähnte!
Mit einem Griff schnappte sie ihre Handtasche und stürzte zurück.
„Lass dir Zeit“, rief Carol ihr nach.
„Danke, das ist lieb, aber es wird nicht lange dauern. Ich bin bald wieder zurück.“
„Trotzdem, viel Spaß!“
„Danke“, damit ging Kerry schnell an Theo vorbei auf die Straße hinaus, sodass diesem nichts anderes übrig blieb, als ihr zu folgen.
Spaß! Das ist tatsächlich das Letzte, was ich mir im Moment vorstellen kann.
Plötzlich stieg eine unbändige Angst in ihr auf. Ich muss jetzt sofort wissen, was er vorhat, dachte sie.
Abrupt drehte sie sich um, sodass sie fast zusammenstießen.
„Was willst du!“ Feindselig starrte sie ihn an.
„Ich will dich zurück nach Griechenland holen.“
3. KAPITEL
Scheinbar unbeteiligt beobachtete Theo, wie Kerry auf seine Worte reagierte. Irgendwie kam sie ihm völlig verändert vor. Er konnte nur nicht genau benennen, was es war.
Einerseits lag es natürlich an der Kleidung. Sie trug eine Art Uniform in Marineblau. Außerdem hatte sie jetzt einen Pony. Die Haare fielen ihr auch nicht mehr offen auf die Schultern, sondern waren zu einem Knoten zusammengesteckt. Aber das war es nicht. Die Veränderung ging tiefer. Kerry wirkte älter, reifer … ein Eindruck, den der
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