Julia Extra Band 0316
ließ sie dahinschmelzen, und sie mahnte sich im Stillen, sich wieder auf ihre Arbeit und die Schüler zu konzentrieren.
Gott im Himmel, er ist doch nur eine Nacht fort. Also reiß dich zusammen!
Ruf Kassi an und verabrede dich mit ihr zum Abendessen und zum Kino.
Romy rief sie während der Mittagspause an und verabredete sich mit ihr, dann ging sie ins Lehrerzimmer. Es kam nicht oft vor, dass sie eine Freistunde hatte, und sie wollte sie nutzen, um die Hefte ihrer Englischklasse zu korrigieren.
Zehn Minuten später fiel ihr ein, dass sie zur Verwaltung hatte gehen wollen. Auch wenn sie das Problem, um das es ging, telefonisch hätte besprechen können, entschied sie, den wundervollen Frühsommertag für einen kleinen Spaziergang zu nutzen und selbst zum Verwaltungsgebäude zu gehen.
Als sie wenig später vor der Rezeption stand und ihr Anliegen vortrug, erntete sie nach einem Blick auf die Telefonanlage ein entschuldigendes Lächeln. „Suzy telefoniert gerade“, meinte die Mitarbeiterin. „Es dauert sicher nicht lange. Wollen Sie warten oder soll sie Sie später anrufen?“
Romy entschied sich zu warten und sah sich die Aushänge am Schwarzen Brett an. Bald würden die Schüler der letzten Klasse mit den Abschlussprüfungen beginnen. In den Sommerferien würden diejenigen, deren Eltern es sich leisten konnten, ein Jahr im Ausland verbringen, ehe sie mit dem Studium beginnen würden.
Noch lebhaft konnte Romy sich an das Jahr in Frankreich bei ihrer Gastfamilie erinnern, wo sie ihr Französisch aufpoliert und die französische Küche kennengelernt hatte. Ein verhaltenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Paris im Frühling hatte unter dem Bann einer romantischen Liebelei gestanden, mit einem französischen Studenten, der sie mit Wein, Rosen, einem romantischen Picknick oder einer Fahrt auf seinem Motorrad verwöhnt hatte.
Sie waren Freunde gewesen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Eine sorglose Zeit, an die sie sich gern erinnerte.
Als wenig später jemand das Büro betrat, wurde sie in die Wirklichkeit zurückgeholt. Sie drehte sich um und sah eine männliche Gestalt in Jeans und Jacke, deren Kapuze das Gesicht zum Teil verdeckte.
Irgendetwas an ihm ließ sie stutzen. Während ihrer Jahre als Lehrerin hatte sie gelernt, auch auf die Körpersprache zu achten. Eine Fähigkeit, die sie, verbunden mit dem richtigen Instinkt, oft davor bewahrt hatte, dass eine Situation außer Kontrolle geriet.
Während sie weiter vorgab, den Aushang am Schwarzen Brett zu studieren, spürte sie, dass sie seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
Romys Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt. Trotzdem versuchte sie, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Instinkt ihr riet, sofort zu verschwinden.
Plötzlich nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Eine Hand umklammerte ihren Ellbogen, während sich etwas Hartes in ihre Rippen drückte. Gott im Himmel, was war das? Eine Waffe?
„Setz dich in Bewegung.“ Die kehlige Stimme klang entschieden.
12. KAPITEL
Auch wenn es vermutlich sinnlos war, mit dem Angreifer vernünftig zu reden, wollte Romy es zumindest versuchen.
„Willst du es dir nicht noch mal überlegen?“ Romy zwang sich, ruhig zu sprechen. Doch er drückte den harten Gegenstand so fest in ihre Rippen, dass sie kaum Luft bekam.
„Beweg dich.“
Widerstand war zwecklos. Deshalb folgte sie schweigend seiner Anweisung und sah, dass die Sekretärin in ihre Richtung schaute. Ein Blick genügte, um ihr klarzumachen, was vor sich ging.
Bleib ruhig, bat Romy im Stillen und hoffte, dass die andere Frau die unausgesprochene Bitte verstanden hatte, als der Mann mit ihr vor dem Schreibtisch der Sekretärin stehen blieb.
„Geld her.“
Sein rauer Ton ließ die junge Frau schockiert zusammenfahren. Um seine Worte zu untermauern, zog er eine brandneue Waffe aus seiner Tasche.
„Geld her. Und zwar plötzlich.“
Verdammt. Der stumme Fluch blieb ihr in der Kehle stecken.
Da die Sekretärin sich immer noch nicht bewegte, stieß Romy eine stumme Bitte an sie aus, zu tun, was er gesagt hatte.
Im nächsten Moment schlug hartes Metall auf Romys Hand, und sie stöhnte vor Schmerz auf.
„Du kommst als Nächste dran“, drohte er der Sekretärin. „Geld her.“
Endlich erwachte die junge Frau aus ihrer Starre und deutete auf einen niedrigen Büroschrank an der Wand. „Der Safe ist da drin Hier ist der Schlüssel.“
„Mach ihn auf und steck das ganze Geld in eine Tüte.“
Bitte, Gott, mach, dass jemand kommt und die Polizei
Weitere Kostenlose Bücher