Julia Extra Band 0316
mein Lebensende.
Wieder glaubte sie die Narben auf ihrem Rücken körperlich zu spüren. Heiß und schmerzhaft riefen sie ihr ins Gedächtnis, dass Katies Zukunft in endloser Finsternis vor ihr lag.
Misstrauisch zog Rigo sich zurück. „Du hast einen anderen“, schnaubte er dann. „Das sehe ich doch in deinen Augen! Warum gibst du es nicht einfach zu?“
Für eine Weile hatte sie vergessen, dass Rigo nicht nur der verwöhnte, zivilisierte Milliardär war, sondern sich als junger Mann auf der Straße durchgekämpft hatte. Und er kämpfte noch immer: gegen seine Familie, für seine Stiftung und ganz allgemein in der rauen Geschäftswelt der Hochfinanz. So jemand ließ sich nicht ewig an der Nase herumführen.
„Sag mir endlich die Wahrheit, Katie! Warum hast du so ein Riesenproblem damit, eine Beziehung einzugehen?“
„Es gibt da niemand anderen …“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Ich schwöre es dir“, rief sie verzweifelt. „Für mich gibt es nur dich, Rigo. Du bist meine ganze Welt geworden. Jeden einzelnen Tag schwirrst du in meinen Gedanken herum, und nachts träume ich von dir.“
„Dann verstehe ich es noch weniger. Was steht zwischen uns? Sag es mir, Katie! Ich muss es einfach wissen. Vielleicht kann ich irgendetwas dagegen tun.“
Selbst dieser starke, einflussreiche Mann konnte Katie ihre Stimme nicht zurückgeben oder ihre Narben verschwinden lassen. Und sie wollte Rigo nicht mit ihren Handicaps belasten. Er würde sich nur verpflichtet fühlen, ihr einzureden, es wäre nicht so schlimm. Das würde sie nicht ertragen.
Stumm schüttelte sie den Kopf.
„Bist du mit deinen Brüsten unzufrieden? Stimmt damit etwas nicht?“, riet er hilflos, und Katie schüttelte ihren Kopf noch heftiger. „Ich ziehe jetzt deine Bluse aus“, beschloss er. „So kannst du doch nicht weiterleben!“
Mit diesem Entschluss nahm er Katie mit auf eine Ebene, auf der Probleme angegangen und gelöst wurden, anstatt sie zu verdrängen. Reglos blieb sie sitzen, während er ihr das Kleidungsstück von den Schultern streifte. Der BH folgte, und Rigos Augen weiteten sich vor Bewunderung, als er Katies nackte Brüste sah. Doch dann wurde seine Miene ernst, und er streckte die Arme nach ihr aus.
„Komm her, Liebling!“, flüsterte er zärtlich. „Vertrau mir!“
Und so gab Katie ihren letzten Widerstand auf und sank nach vorn, bis sie auf dem Bauch lag und Rigo ihren Rücken betrachten konnte. Die Augen hielt sie fest geschlossen, und sie atmete so lange nicht mehr ein, bis sie nur noch ihren eigenen dröhnenden Herzschlag hörte. Sie fühlte sich schmutzig, erniedrigt und abstoßend. Genau wie an dem ersten Tag im Krankenhaus, als sie sich vor dem Spiegel umgedreht hatte.
Im Geist stellte sie sich vor, wie entsetzt Rigo nun aussehen musste. Wer wäre bei einem solchen Anblick nicht geschockt? In seiner Welt hatte er es ja für gewöhnlich mit besonders makellosen Menschen zu tun. Wer sich kostspielige Schönheitsbehandlungen und -operationen leisten konnte …
Inzwischen atmete Katie wieder regelmäßig und wartete auf einen Laut aus Rigos Mund. Und dann – sie konnte es kaum glauben – spürte sie seine Lippen auf ihrem Rücken. Er bedeckte die empfindliche Haut ihrer Narben mit unzähligen kleinen Küssen.
„Wie kannst du nur denken, dass dich das zu einem anderen Menschen macht?“, fragte er dabei leise.
„Ist das nicht offensichtlich?“, murmelte sie erstickt in ihr Kissen.
„Für mich nicht. Hast du dich deshalb vor mir versteckt?“
Katie drehte den Kopf, um ihn anzusehen.
„Ich kann das kaum glauben“, brummte er. „Dass du mich für dermaßen oberflächlich hältst …“
„Das tu ich doch gar nicht. Aber du bist so perfekt. Das wünscht man sich doch auch von seinem Partner …“
„Du weist mich ständig ab und lässt mich zappeln, weil du befürchtest, ich könnte mich hiervon abschrecken lassen?“
„Ich habe versucht, das schreckliche Feuer zu vergessen, nachdem ich wegen der Rauchvergiftung auch meine Karriere als Opernsängerin aufgeben musste. Der Unfall steht nicht einmal in meinem Lebenslauf.“
„Aber du wirst doch jeden Tag daran erinnert, wenn du dich ausziehst! Und wem vertraust du dich dann mit deinem Frust über die verpatzte Zukunft an? Niemandem?“, rief er bestürzt, als sie nicht antwortete. „Seit diesem schicksalhaften Tag verbirgst du deine Gefühle vor anderen Menschen?“
„Ich musste die Narben vor dir verstecken …“, begann sie
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