Julia Extra Band 0316
vergnügungssüchtigen Playboy zu tun, den sie vor sechs Jahren kennengelernt hatte.
Sein Lächeln war allerdings genauso spöttisch wie eh und je, als er jetzt bemerkte: „Es ist leicht, Gutes zu tun, wenn man die Zeit und das Geld dazu hat.“ Er verstaute die Unterlagen. „Sie sollten ein wenig schlafen. Der Jetlag kann einem ganz schön zusetzen.“ Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, machte er es sich in seinem Sitz bequem und schloss die Augen.
Obwohl er so früh aufgestanden war, fand Leo keinen Schlaf. Seitdem er mit Phoebe gesprochen hatte, quälte ihn sein schlechtes Gewissen. Er wollte ihr Vertrauen gewinnen, und am besten erreichte er das, indem er ihr zeigte, wie sehr er sich verändert hatte. Und wie sehr er auf ihrer Seite stand. Es wäre fast zu einfach. Doch er wollte Phoebe nicht benutzen. Er wollte … sie beschützen und für sie da sein.
Was für eine lächerliche und unangemessene Idee! Er nahm diese Frau doch nur mit nach Amarnes, weil er in New York zu dem Schluss gekommen war, dass man sie nicht bestechen konnte. Früher oder später würde er einen Weg finden, um sie auszubooten oder zumindest auf Abstand zu ihrem Sohn zu halten.
Genau wie deine eigene Mutter!
Er biss die Zähne zusammen und zwang sein Gewissen zurück in den schattigen Winkel, in den er es während seiner Playboy-Jahre meistens verbannt hatte. Damals war ihm alles egal gewesen. Als Mann auf der Ersatzbank tat er einfach, wonach ihm der Sinn stand.
Doch Anders’ Abdankung hatte alles geändert. Leo spürte, wie die bekannten Schuldgefühle an ihm nagten, und schob sie entschlossen von sich. Die letzten sechs Jahre hatte er gelebt wie ein Mönch. Er war keusch und fleißig gewesen und hatte sich damit den Respekt seines Volks erarbeitet. Dabei hatte er sein Land und die Krone immer an erste Stelle gesetzt, und das würde er auch weiterhin tun. Phoebe hin oder her. Land und Krone waren wichtiger als die Gefühle einer Frau, um die er sich nicht kümmern durfte. Diesen Wunsch sollte er nicht einmal hegen. Phoebe war eine Unannehmlichkeit. Mehr durfte sie nicht für ihn sein.
Leo zwang sich, nicht mehr an die Frau zu denken, die ihm gegenübersaß und der die Besorgnis und Angst auf die Stirn geschrieben standen. Auch wenn sie ihrem Sohn zuliebe versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Schließlich döste Leo ein.
Phoebe konnte nicht schlafen. Christian atmete ruhig und gleichmäßig. Seine Wange lehnte am Rücken des Plastikdinosauriers. Phoebe war viel zu angespannt und besorgt, um zu schlafen. Alles Mögliche ging ihr durch den Kopf, lauter widerstreitende Gefühle, Wünsche und Fragen. Was würde passieren, wenn sie in Amarnes ankamen? Wie würde der Fürst sie empfangen? Wie würde sie sich verhalten?
Zu viele unbeantwortete Fragen. Doch dann schob Phoebe sie weg, und ihr Blick fiel auf den schlafenden Leo. Er hatte seine Jacke ausgezogen und die Ärmel des weißen Hemds hochgekrempelt, sodass sie seine bloßen Unterarme sehen konnte. Wie muskulös sie waren, und was für schöne Finger er hatte! Sie wusste, dass sie lieber wegsehen sollte. Doch dazu war sie viel zu fasziniert von ihm.
Während er schlief, musterte sie ihn beinahe begierig und nahm alles in sich auf: das kurze Haar, das markante Gesicht, die schönen Lippen und die für einen Mann bemerkenswert langen Wimpern. Dann wanderte Phoebes Blick über Leos Körper. Sogar mit dem weißen Oberhemd sah man seine gut trainierte Brust- und Bauchmuskulatur. Die Hüften waren schön schmal, die Beine hatte er von sich gestreckt, und seine Füße steckten in weichen Lederschuhen, nur Zentimeter von ihren Füßen entfernt.
Er war ein schöner Mann, ein gefallener Engel. Zumindest war er ihr früher so vorgekommen. Und jetzt? Sie erinnerte sich wieder daran, was er damals gesagt hatte: „Was wäre wohl passiert, wenn Sie mich zuerst getroffen hätten?“
„Nichts“, hatte sie geantwortet.
Und heute?
Gut, sie fühlte sich also zu ihm hingezogen. Phoebe setzte sich anders hin und zwang sich, aus dem Fenster zu sehen. Sie flogen über den Wolken. Nur hin und wieder durchstießen sie einige Wolkenfetzen am größtenteils blauen Himmel.
Natürlich fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Er verkörperte geradezu Sex und Charme, und wenn sie ehrlich war, hatte sie viel zu lange mit keinem Mann mehr geschlafen. Trotzdem beschämte es sie, dass sie dieser Anziehungskraft nichts entgegensetzen konnte. Wie konnte sie einen Mann wie Leo überhaupt anziehend
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