Julia Extra Band 0318
unbeschreiblich hübschen Braut abwenden, und ihr sanftes Wesen verzauberte ihn. Oder sollte er lieber verhexen sagen?
Nach dem Essen hielten Alexander und Lia eine kurze rührende Ansprache für das frisch getraute Paar, und man prostete sich lächelnd zu. Und wenig später hielt Eve das schlafende Baby auf dem Arm und beschäftigte Ruby mit spontan ausgedachten Märchen.
Talos konnte nicht umhin, sich insgeheim vorzustellen, was für eine tolle Mutter sie abgeben würde. Und eine fantastische Ehefrau. Obwohl er es nicht darauf anlegte, fiel sein Blick auf ihren Ausschnitt und haftete an der zart gewölbten, hell schimmernden Haut ihres Dekolletés. Erst recht, als Eve sich vorbeugte und ein Spielzeug vom Fußboden aufhob.
Sein Verlangen schmerzte ihn fast körperlich. Unbewusst umklammerte Talos sein Weinglas fester, um nicht die Hand auszustrecken und seine Frau zu berühren.
„Talos?“ Fragend sah Eve ihn an und legte ihre zierliche Hand auf seine.
Er zuckte heftig zusammen, und ihm wurde schlagartig klar, wie gefährlich Eve ihm werden konnte, wenn er seine Gefühle nicht unter Kontrolle behielt. Es war viel zu reizvoll, an diese Illusion ihrer neuen Persönlichkeit zu glauben. Und an die Zukunft, die Eve ihm stumm versprach. Er sehnte sich so sehr nach dieser Zukunft, die niemals wahr werden konnte …
Abrupt zog er seine Hand zurück und stellte sein Glas so eilig auf dem Tisch ab, dass es zerbrach und der dunkle Rotwein sich wie Blut auf der weißen Tischdecke ausbreitete.
Schockiert kreischte die kleine Ruby auf. Auch Alexander und Lia sahen erschrocken hoch.
„Entschuldigt“, murmelte Talos und erhob sich. „Tut mir leid.“
Mit starrem Blick taumelte er ein paar Schritte rückwärts.
„Was ist denn los?“, fragte Eve. „Was ist mit dir?“ Sie war ganz blass geworden.
„Wir müssen jetzt gehen“, stieß er hervor und sah dabei seine Freunde an, die sich alle Mühe gegeben hatten, ihm und Eve eine märchenhafte Hochzeit zu bescheren. Und das, obwohl sie eigentlich immer noch ihren eigenen Hochzeitstag feiern sollten. „Und euch vielen, vielen Dank für alles.“
„Bist du ganz sicher, dass du uns schon allein lassen willst?“, scherzte Lia, merkte dann aber, wie ernst es Talos war. „Ihr wollt doch nicht etwa abreisen? Ich habe extra ein besonderes Gästezimmer vorbereitet.“
Ja, er hatte diese Honeymoonsuite gesehen. Und er konnte da auf gar keinen Fall mit Eve eine Nacht verbringen, sonst waren alle seine guten Vorsätze dahin. „Ich muss mich nochmals entschuldigen, aber wir können nicht bleiben.“
Ihm war bewusst, wie unhöflich er sich verhielt, und es war ihm unangenehm, in Lias betroffenes Gesicht zu blicken. Sie fühlte sich persönlich beleidigt, das war offensichtlich. Später wollte er mit Alexander reden, in der Hoffnung, dass sein alter Freund ihn verstand und ihn bei Lia entschuldigte.
Talos brach der kalte Schweiß aus. Er musste fort von diesem romantischen Ort, der zahllose süße Träume versprach, die für ihn niemals wahr werden konnten. Stattdessen sollte er sich auf seinen Plan konzentrieren. Der Krieg war halb gewonnen, denn immerhin hatte Eve ihn geheiratet. Jetzt würde er ihr eifrig dabei helfen, die Amnesie zu überwinden und gleichzeitig verhindern, dass sie beenden konnte, was sie drei Monate zuvor begonnen hatte.
Und sie würde ihre gerechte Strafe bekommen, wie jeder andere auch, der sich ihm bewusst in den Weg stellte.
Auf dem Absatz fuhr er herum und verließ die mit eintausend Lichtern illuminierte Terrasse, auf der sich Musik mit Blumenduft und Optimismus mischte.
„Talos? Talos!“, rief ihm seine Frau nach, doch er warf keinen einzigen Blick zurück. Stattdessen verschwand er in dem kleinen Schloss, das man ebenso gut als altmodische Villa bezeichnen konnte, und zückte sein Handy.
Eve hatte diesen Krieg begonnen, er würde ihn beenden.
„Mrs. Xenakis, das Flugzeug wird gleich zur Landung ansetzen.“
Als Eve verwirrt die Augen aufschlug, stand eine hübsche, brünette Stewardess vor ihr und balancierte ein Tablett auf ihren perfekt manikürten Händen.
Eve streckte sich in dem weißen Ledersitz und rieb sich die Augen, aber sie fühlte sich trotzdem noch verschwitzt und orientierungslos. Nachdenklich strich sie sich mit den Händen über ihr zerknittertes Hochzeitskleid.
Sie konnte kaum begreifen, was für ein jähes Ende ihr wunderbarer Hochzeitstag genommen hatte. Zuerst war sie noch die glückliche Braut, die einen
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