Julia Extra Band 0326
bückte sich, holte ihr Geschenk aus der Handtasche und überreichte es Maria mit einem zaghaften Lächeln. „Für dich, Maria. Es ist lediglich eine kleine Aufmerksamkeit, nichts Besonderes, dafür kommen meine guten Wünsche für dein weiteres Leben von ganzem Herzen.“
„Man sollte sich nie für ein Geschenk entschuldigen, allein die Geste zählt“, philosophierte Maria, während sie die Schleife löste. „Eigentlich hättest du mir überhaupt nichts mitbringen sollen. Daher herzlichen Dank, und es wird mir garantiert gefallen.“ Vorsichtig entfernte sie das Seidenpapier. Es bedurfte keiner Worte, allein Marias Gesichtsausdruck konnte Emily entnehmen, wie sehr sie sich über das Bild freute. Sie hielt es ins Licht, um es genauer zu betrachten. „Das … das ist einfach … eine kleine Kostbarkeit!“ Maria war nicht nur voller Bewunderung, sondern schien auch tief gerührt zu sein.
„Ist das von dir, Emily?“ Giovanni beugte sich vor, damit er besser sehen konnte.
„Ja, es ist ein Motiv, das mir auf einem Spaziergang mit Coral begegnete. Ein Bild ist natürlich nie so schön wie die Natur selbst, aber ich bin, glaube ich, ziemlich nah herangekommen.“
„Es ist einfach perfekt, Mama, da musst du mir zustimmen. Habe ich dir nicht gesagt, was Emily für eine begnadete Künstlerin ist?“
Maria antwortete nicht gleich, so fasziniert war sie von dem kleinen Aquarell. Als sie nach längerem Schweigen den Kopf hob, waren ihre Augen feucht vor Tränen.
„Dies Geschenk übertrifft alles, was ich sonst erhalten habe, es erfreut die Seele bei jedem Betrachten von Neuem. Ich bewundere dich, Emily! Wie viel Mühe und Geduld muss es gekostet haben, eine solche Meisterschaft zu erlangen. Vielen Dank, carissima , ich werde dein Kunstwerk stets in Ehren halten.“
Diese aufrichtige Freude half, Emilys Optimismus wieder zu wecken. Das Leben hatte mehr zu bieten, als lediglich den richtigen Mann zu finden. Glück hatte viele Facetten, und sie beschloss, in Zukunft noch intensiver zu malen als bisher.
Während des Frühstücks beachtete Emily Giovanni kaum und unterhielt sich fast ausschließlich mit Maria. Giovanni störte das nicht allzu sehr. Frauen besaßen eben ihre Launen – war das nicht ein Teil ihres unwiderstehlichen Zaubers?
Maria stand als Erste auf. „Komm, Emily, ich zeige dir den Garten, du hattest ja bisher kaum Zeit, dich bei uns umzusehen, und die Bewegung wird uns beiden guttun.“
Giovanni nickte zustimmend. „Macht das, ich werde inzwischen meine Büroarbeit erledigen. Margherita weiß bereits Bescheid, dass wir heute früh zu Mittag essen wollen. Emily und ich müssen um drei hier los, wenn wir rechtzeitig auf dem Flughafen sein wollen.“
Maria nickte, Emily legte sich ihr geliebtes Tuch um die Schultern, und beide Frauen gingen durch die offene Terrassentür in den Garten. Maria streichelte liebevoll das edle Material des Umhangs.
„Du bist bewundernswert stilsicher, Emily, dieses Stück gefällt mir besonders gut. Es stammt übrigens aus unserer Kollektion, wusstest du das? Und du trägst es genau so, wie es getragen werden sollte, liebevoll und lässig.“
„Ich liebe es, und es passt einfach zu jedem Outfit“, antwortete Emily. „Allerdings habe ich es mir nicht selbst ausgesucht, es ist ein Geschenk meines Vaters.“
„Hast du eigentlich irgendwelche Zukunftspläne?“, fragte Maria so unvermittelt, dass es Emily den Atem verschlug. Sie musste sich gut überlegen, was sie Giovannis Mutter auf diese Frage antwortete.
„Ich möchte gern noch mehr Dienstreisen machen, weil ich merke, wie sehr ich dadurch an Selbstvertrauen gewinne. Außerdem will ich mir unbedingt mehr Zeit für meine Hobbys nehmen, und dazu gehört nicht nur Malen, sondern auch Nähen. Bisher durfte ich meinen Vater mit Gardinen, Kissen und Tischdecken beglücken, aber damit wird es jetzt auch vorbei sein.“
„Wieso?“ Erstaunt blickte Maria auf.
„Kürzlich hat er meinem Bruder und mir völlig überraschend eröffnet, dass er wieder heiraten will – also wird seine neue Frau von nun an dafür zuständig sein.“ Sie zögerte. „Paul und ich hätten uns das nicht träumen lassen. Mein Vater führte mit meiner Mutter eine ungewöhnlich glückliche Ehe, und als sie vor vier Jahren starb, wäre er fast am Leben verzweifelt. Er war der Meinung, das Thema Frauen sei für ihn ein für alle Mal erledigt.“ Emily biss sich auf die Lippe.
„Aber wie das Leben so spielt, die Menschen ändern sich,
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