Julia Extra Band 0326
Bett und schenkte sich aus der Karaffe auf dem Tisch ein Glas Wasser ein, ging damit zum Fenster und zog den Vorhang zurück.
Gedankenverloren genoss sie die mittlerweile schon vertraute Aussicht, die durch das fahle Mondlicht jedoch ganz neue Akzente erhielt. Mit dem Blick der geübten Künstlerin prägte sie sich jedes Detail ein, die langen Schatten, die scharfen Kontraste, die von einer leichten Brise gekräuselte Wasseroberfläche des Pools … Eines Tages würde aus dieser Erinnerung vielleicht ein Bild entstehen.
Plötzlich erstarrte sie. Ein eng umschlungenes Pärchen schlenderte langsam über die Terrasse. Geistesgegenwärtig zog sie sich einen Schritt ins Zimmer zurück, denn es war Giovanni – Giovanni mit einer Frau, die sich eng an ihn lehnte, den Kopf an seiner Schulter. Trotz der ungünstigen Lichtverhältnisse war Emily sich so gut wie sicher: Es handelte sich um das schöne Mädchen, dessen Foto in Giovannis Wohnung stand!
Ihre Knie schienen nachgeben zu wollen, so schockierte sie der Anblick. Doch weshalb eigentlich? War es nicht lediglich die Bestätigung dessen, was sie von Anfang an vermutet hatte? Giovanni Boselli besaß ein großes Herz, er liebte alle schönen Frauen!
Ihre Bestürzung wandelte sich in Wut. Die beiden setzten sich auf eine Bank, die von einem Busch verdeckt wurde. Doch was die beiden dort trieben, war Emily klar, und ebenso scharf erkannte sie, dass sie rasende Eifersucht verspürte.
Wie konnte Giovanni es wagen, eine andere Frau im Arm zu halten, wenn er gut einen Tag zuvor ihr, Emily Sinclair, seine Liebe erklärt und seine Hand angeboten hatte?
Giovannis Wunsch und Bitte, ihn ebenso zu lieben wie er sie, war nicht mehr als ein schlechter Witz gewesen. Für wie dumm hielt er sie eigentlich?
Lautlos schloss sie den Vorhang, tapfer bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. Was war los mit ihr? Ein Typ wie Giovanni konnte ihr gestohlen bleiben, trotzdem fühlte sie sich verraten und gedemütigt.
12. KAPITEL
Am folgenden Morgen fühlte sich Emily so lustlos und niedergeschlagen, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Sie sehnte sich nach der Geborgenheit ihrer kleinen Wohnung, denn sie brauchte weder ein Treppenhaus aus Marmor noch Swimmingpool oder Olivenhaine – und auf einen Giovanni Boselli konnte sie erst recht verzichten.
Doch Giovanni und sie flogen erst am Abend zurück, sie musste es hier noch fast einen ganzen Tag lang aushalten und obendrein den glücklichen und dankbaren Gast spielen. Aber wie sollte sie glücklich sein, wenn sie ständig von der Erinnerung an das eng umschlungene Paar auf der Gartenbank verfolgt wurde?
Es war bereits neun Uhr, als sie das Frühstückszimmer betrat, wo Giovanni und Maria bereits am Tisch saßen. Giovanni stand sofort auf und kam ihr entgegen. In seinem Blick waren Liebe und Bewunderung zu lesen, und am liebsten wäre sie ihm ins Gesicht gesprungen. Wie konnte ein Mann nur doppeltes Spiel treiben und dabei so überzeugend wirken!
So schenkte sie ihm außer einem angedeuteten Kopfnicken keine Beachtung und wandte sich sofort an Maria. „Guten Morgen, Maria, und alles Gute zum Geburtstag.“ Sie lächelte herzlich.
„Guten Morgen, Emily. Vielen Dank für deine Glückwünsche. Komm, setz dich neben mich und frühstücke mit uns. War das nicht eine wunderbare Party? Und was für eine gelungene Überraschung! Ich hatte wirklich nicht die leiseste Ahnung. Giovanni ist wirklich ein Sohn, wie ihn sich jede Mutter nur wünschen kann.“ Sie legte den Kopf zur Seite.
„Hübsch siehst du heute Morgen aus, Emily. Und was für ein tolles Kleid du gestern Abend anhattest! Es war dir wie auf den Leib geschneidert, du weißt dir deine Boutiquen wirklich auszusuchen.“
„Vielen Dank für das Kompliment“, antwortete Emily artig, obwohl sie sich innerlich amüsierte. Wenn Maria nur wüsste!
„Du besitzt wirklich einen ausgezeichneten Geschmack – dabei fällt mir ein, was ist eigentlich aus dem Kleid geworden, das du bei dem Unfall anhattest? Ich glaube kaum, dass es wieder wie neu ist.“
„Nein.“ Emily schüttelte den Kopf und setzte sich. „Trotz chemischer Reinigung sind die Flecken bei genauem Hinsehen immer noch zu erkennen. Ich kann es nur noch zu Hause oder zur Gartenarbeit tragen.“
„Dafür ist Anna wieder wohlauf“, warf Giovanni ein. „Ich habe mich im Krankenhaus nach ihr erkundigt, und im Gegensatz zu deinem Kleid wird sie glücklicherweise keinerlei bleibenden Schaden davontragen.“
Emily
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