Julia Extra Band 0326
was du heute kennst.“
Emily glaubte zu träumen. Antonio war bekannt für die Kombination von exklusiven Stoffen mit raffiniert einfachen Schnitten – und für Preise, die sich kein Normalverdiener je leisten konnte.
Giovanni griff zu seiner Tasse und trank einen Schluck. „Familiär lief es leider längst nicht so gut wie geschäftlich. Von Antonios Kindern überlebte nur mein Großvater, der die Firma mit seiner Frau weiterführte. Sie hatten zwei Söhne, meinen Vater und seinen Bruder Aldo. Da mein Vater sehr jung starb, musste ich schon viel zu früh in seine Fußstapfen treten – ohne die Hilfe meiner Mama hätte ich das nie geschafft.“
„Und was ist mit Aldo?“
Giovanni kniff die Lippen zusammen. „Vor einigen Jahren kam es zu einem Skandal, weil er sich ungeschickt, um nicht zu sagen unehrenhaft, gegenüber einem Mitbewerber verhielt. Seitdem ist er zwar dem Namen nach noch in der Firma vertreten und bezieht auch ein kleines Gehalt, besitzt jedoch keinerlei Einfluss mehr.“ Er zuckte die Schultern. „Gegen mich hat er etwas, weil mein Vater mich als Haupterben eingesetzt und ihn nur mit dem Pflichtteil abgefunden hat. Die Aktienmehrheit gehört mir, und damit habe allein ich das Sagen.“
„Und wo befindet sich der Betrieb?“
„Du wirst es kaum glauben, aber angefangen hat alles hier, in diesem Haus. Doch schon vor vielen Jahren wurde der Firmensitz mit Fabrik und Atelier in ein Gewerbegebiet in der näheren Umgebung Roms verlegt.“
Emily faltete die Hände im Schoß. „Aber warum all die Geheimniskrämerei? Warum hast du mir nicht gesagt, wer du bist? Soll ich jetzt in einem Hofknicks versinken und voller Bewunderung zu dir aufschauen?“, fragte sie sarkastisch.
„Genau das wollte ich verhindern!“ Giovanni klang ehrlich betroffen. „Wenn man zu einer reichen Industriellendynastie gehört, ist es äußerst schwierig, Bekanntschaften zu schließen. Wie soll ich mich vorstellen? Als Boss und Erbe eines der größten Modehäuser der Welt?“ An seiner Schläfe pochte eine Ader. „Wie soll ich Freunde finden, die es ehrlich mit mir meinen, wenn ich von Anfang an hinausposaune …“
„Endlich verstehe ich!“ Auch Emilys Stirn hatte sich jetzt stark gerötet. „Du hältst mich für eine skrupellose Karrierefrau, die ihre Krallen nach dir ausstreckt! Wie blind bist du eigentlich, Giovanni? Ist dir nie aufgefallen, wie egal es mir ist, welchen Platz du in der Welt einnimmst, was du besitzt und woher du kommst?“ Ihre Augen blitzten vor Wut.
Er lehnte sich weit über den Tisch, um ihr direkt ins Gesicht zu sehen. „Ich bin nicht blind, Emily, ich besitze sogar ein großes Maß an Menschenkenntnis. Ich habe dich zu keinem Zeitpunkt verdächtigt. Aber ich habe mich in der Vergangenheit schon einmal getäuscht … bin verletzt worden und habe andere verletzt, ohne dass ich es wollte … es ist alles so schwierig.“
Er lehnte sich wieder zurück und redete in ruhigerem Ton weiter. „Was dich angeht, Emily, war ich mir von Anfang an sicher, es war Liebe auf den ersten Blick. Sieh mich bitte nicht so ungläubig an, ich liebe dich mehr, als ich es in Worten auszudrücken vermag. Aber du solltest mich lieben und heiraten wollen, weil ich Giovanni bin und nicht, weil ich der Erbe der Bosellis bin. Ist das so schwer zu verstehen?“
Emily wusste nicht, wo ihr der Kopf stand, diese Liebeserklärung und sein Antrag hatten sie getroffen wie ein Blitz. Wenn sie jetzt nicht aufpasste, würde sie schwach werden und ihm gestehen, dass er all ihre Träume wahr werden ließ.
Sie hatte sich so bemüht, ihre Gefühle für ihn niederzukämpfen, sich ständig vor Augen zu halten, wie unzuverlässig und damit inakzeptabel er für sie war. Alles umsonst, am liebsten hätte sie ihn sofort in die Arme gezogen.
Mit zitternden Fingern nahm sie ihre Tasse und trank einen Schluck. Sie war Giovanni eine Antwort schuldig, doch wie sollte die ausfallen? Zwar hatte er sich offen und rückhaltlos zu ihr und seiner Liebe bekannt, trotzdem fühlte sie sich verletzt. Er hatte Geheimnisse vor ihr gehabt, sie beobachtet und getestet, ob sie als Ehekandidatin für ihn infrage kam. Er hatte sie behandelt wie ein Objekt.
Mit ihm hierherzukommen war ihr allergrößter Fehler gewesen. Eine innere Stimme hatte sie davor gewarnt, doch Giovanni war es wieder einmal gelungen, seinen Willen durchzusetzen.
Ihr Kopf schmerzte und sie fühlte sich schwindelig – es wurde ihr einfach alles zu viel. Sie brauchte jetzt Ruhe und
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